Kapitel 1

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POV Lia

Manchmal, wenn es draußen anfingt zu regnen, nahm ich mir meinen Lieblingspulli und zog ihn an. Er ist grau meliert und grob gestrickt, sodass er sich perfekt an meiner Haut anzupassen schien.

Ich setzte mich am liebsten vor das Fenster und sah den Regentropfen nach, wie sie ihr kleines Wettrennen am Fenster entlang veranstalteten, sich gegenseitig überholten und schließlich aus der Bildfläche verschwanden, bis die nächsten Tropfen meine Aufmerksamkeit erregten.

Eigentlich sollte ich dies gar nicht erst anfangen denn es erinnerte mich zu sehr an die Nacht von vor fast 2 Jahren. Die Nacht,  in der ich mit meiner Familie einen schweren Autounfall hatte, den nur ich überlebte.

Meine Mutter und mein Vater starben noch an Ort und Stelle, während mein kleinerer Bruder, Finn, und ich in ein Krankenhaus gebracht wurden. Dort starb auch er an seinen starken Verletzungen und ließ mich nach meinen Eltern nun auch alleine.

Ich sprach nicht oft darüber. Maximal mit meiner Therapeutin Frau Meyer,  die es aber auch nur weiß,  weil sie mich mit selbst gebacken, herrlich duftenden Kuchen überredet hatte.

Alles an was ich mich erinnern konnte waren die Lichtkegel der Scheinwerfer,  welche vom anderen Unfallwagen verursacht wurden und die Angst erfüllten Schreie meiner Mutter.  Dann wurde alles ganz schwarz und ehe ich mich versah, lag ich auch schon in einem Krankenzimmer mit weißen Wänden und vielen surrenden und piependen Geräten, die an meinem hilflosen regungslosen Körper angeschlossen waren.

Für einen kurzen Moment spürte ich nichts doch dann erwachte ich langsam komplett aus meiner Narkose und die Schmerzen holten mich ein. Alles war so ungewohnt. Ich fühlte mich leer und hilflos. Allein gelassen wenn man dieses Gefühl überhaupt so genau beschreiben konnte. Und jetzt saß ich hier. Ich hätte auch sterben sollen. Es hätte mir wahrscheinlich sogar gefallen denn alles war besser als mit diesen beiden Mädchen in einem Zimmer zu leben.

Eine heiße Träne rann über mein Gesicht und bahnte sich einen Weg über meine Wange, an meinem Mundwinkel vorbei zu meinem Kinn und tropfte auf meine Arme, die ich um meinen Bauch und meine Brust geschlungen hielt.

Die Gedanken an diesen Tag, an diesen Abend brachten meinen Magen dazu sich umzudrehen und versetzen meinem Herzen einen so starken Schlag, das es sich anfühlte als wäre es zertrümmert. So wie mein ganzes Leben.

Wie sehr wünschte ich mir jemanden, der mich in den Arm nahm und einfach nur fest hielt. Ich hatte hier niemanden. Meine Ärzte waren der Meinung ich sollte versuchen ein neues Leben anzufangen, damit ich den Tod meiner Familie leichter verkraften könnte aber das war leichter gesagt als getan.  Zu meiner ehemaligen besten Freundin hatte ich keinen Kontakt mehr, obwohl sie die einzige war die mich jetzt vielleicht aufheitern könnte.

Ich brauchte sie!

Plötzlich hörte ich Stimmen, dann ein kichern als plötzlich die Tür unsanft geöffnet wurde. Es waren Emilia und Melissa." Hast du Cindy gesehen? Ihre Klamotten waren ja mal oberpeinlich! " Gelächter. "Und hast du Jakob gesehen? Wie er mich angesehen hat?! Ahh ich könnte dahin schmelzen." So hypnotisiert wie sie von ihrem Gespräch waren hatten sie gar nicht gemerkt,  wie ich langsam auf mein Bett glitt und meinen Kopf in das Kissen drückte.

Dann wurden sie leise und ich spürte,  wie mich ihre unsanften Blicke regelrecht durchbohrten. Es war unangenehm und ich begann zu frösteln. "Ach Lialein hast du mal wieder rumgeheult? " fragte Melissa mit gespielter Trauer doch ich hatte ihren sauren Unterton längst erfasst. Ich wurde wütend.  "Sie sind Tot! "Sagte sie energischer "Sie werden niemals wieder kommen!" Ich setzte mich auf und starrte die beiden mit einem grimmigen Blick an. "Oh sieh mal unser kleines Mädchen wird wütend." Lachte Emilia in meine Richtung.

Das war´s ich hatte die Beherrschung verloren. Ich sprang auf rannte an den beiden vorbei zur Tür und dann bekam ich endlich einen Satz aus meinem zugeschnürten Hals "Nur weil dich niemand liebt!" Ich schrie es schon fast und dann wurde mit schlagartig bewusst, was ich gerade gesagt hatte. Ich drehte mich um und ließ die beiden verdutzt stehen. Die Kinnladen herunter geklappt und mit einem staunenden Blick. Das fühlte sich eben noch richtig an aber jetzt. Nun ja ich meine sie hatte ja wirklich niemanden.  Ihren Vater kannte sie nicht.  Genauso wenig wie ihre Mutter.  Die hatte sie mit gerade mal 1 1/2 Tagen in der Babyklappe angelegt und von ihren Pflegefamilien will ich gar nicht erst anfangen.  Ja Pflegefamilien es waren 3 und aus jeder wurde sie wieder zurück ins Heim geschickt mit der Begründung: "Sie ist zu dickköpfig." Oder "Ich habe mir das anders vorgestellt." Die letzten meinten sogar sie wäre ihnen peinlich. Aber sie durfte mir nicht leid tun. Nicht bei alledem, was sie mir in den 2 Jahren, die ich bereits hier verbracht habe angetan hatte.

Mittlerweile hatte ich mich in meiner tobenden Wut bis zur hauseigenen Bibliothek vorgearbeitet. Dort gab es zwar nicht viele aber dafür sehr schöne Bücher.  Es gab sogar eine Art Angestellte, Sahra, eine junge Frau mit blonden, wirren Haaren und einer dicken Pink farbenen Brille.  Ihr Körper war wunderbar.  Eine schmale Taille und wohl geformte Hüften,  was ich von meinen nicht gerade behaupten konnte aber ist ja auch egal es geht gerade um Sahra. Wenn sie ihren Brillengeschmack ändern können würde sie sogar sehr attraktiv wirken. Ich stürmte keuchend an ihr vorbei und wisperte ein knappes "Hey!" In ihre Richtung doch bevor sie es erwidern konnte war ich schon zwischen den Regalen verschwunden.

Ich suchte nach meinen Lieblingsbüchern Geschichten um Sagen und Märchen in denen Wunder geschahen. Einige Zeit später erwachte ich aus einem gefühlten hundert jährigen Schlaf dies musste an der Geschichte liegen, die ich gerade las. 'Dornröschen '. Plötzlich schreckte ich auf denn ich bemerkte weshalb ich beim lesen gestört wurde.

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So das war der erste  Part von everybodydancenow007

Wir hoffen er hat euch gefallen <3

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