Teil 5 - "Es ist nicht gerecht"

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In meiner Welt gibt es viele Rivalen. Gegensätze. Dinge, die sich gleichen und doch so unterschiedlich sind.

Leben und Tod. Licht und Dunkelheit. Weisheit und Leichtsinn.

Zeit und ich.

Aber dennoch können wir nicht ohne einander. Zeit schwächt mich, aber gleichzeitig geben sie und ihre Schwester Veränderung mir das Gefühl, irgendwie wichtig zu sein. Wirklich was zu bedeuten. Denn wenn sie den Menschen den Boden unter den Füßen wegreißen, bin ich oft das Einzige, an das diese sich wirklich klammern können. Also erzähle ich ihnen Geschichten, von denen sie ein Teil waren. Besonders, wenn ein geliebter Mensch stirbt, versuche ich zu helfen. Zuerst mache ich es oft nur schlimmer, aber am Ende schaffe ich es doch meist, etwas Trost zu spenden.

Am Tag nachdem ich Zeit traf, sieht Tod beinahe traurig aus. Schon seit mehreren Minuten rührt er in seinem Tee herum, wagt es nicht, einen Schluck zu nehmen. "Ich musste heute wieder kleine Kinder holen," murmelt er. Auch, wenn seine Augen hinter einer Sonnenbrille versteckt sind, bin ich mir sehr sicher, dass er den Tränen nahe ist.

"Es ist nicht gerecht" ist alles, was ich antworten kann. Auch mir ist es in dem Fall nicht wirklich möglich, viel zu machen. Wenn ein Mensch nur kurz auf der Erde ist, hat Leben nicht die Chance, mir besonders viele Geschichten zu erzählen.

Tod seufzt. "Ich kann manchmal wirklich verstehen, warum die Menschen mich hassen. Sagen, dass Leben und ich nicht verheiratet sein sollten."

"Das sollten sie nicht. Du und Leben, ihr gehört zusammen," setze ich an, nehme ihn in den Arm. "Ihr braucht einander. So, wie ich Zeit brauche."

Tee mit dem TodWhere stories live. Discover now