Tee mit dem Tod

Teil 7 - "Vielleicht werden sie lernen"

Es ist erschreckend, wie schnell die Welt vergisst. Wenige Wochen nach dem Anschlag blitze ich nur vereinzelt zwischendurch auf, um die Menschen daran zu erinnern, wie grausam manche von ihnen sein können, aber eigentlich gehört dieser furchtbare Tag nun Vergangenheit - und damit auch irgendwo Gleichgültigkeit. Alle warten nur auf das nächste Desaster, ohne aus den Fehlern des Geschehenen zu lernen. Das ist es wohl, was Zeit macht. sie lässte Dinge unwirklich wirken, baut Distanz auf.

Heute sind wir nicht bei mir zuhause, wir gehen am Denkmal spazieren, das für die Opfer errichtet wurde. Ich lasse mich vor dem Stein nieder und eine Welle von Wut brodelt in mir auf. Auf die Menschen, auf das Vergessen, auf Zeit, aber vor allem auf mich. Was muss ich tun, damit sie endlich lernen.

Die Wut schwappt über, Tränen rollen siegend heiß über meine Wangen, fallen zu Boden. Ich kralle mich so sehr in meine Jeans, dass meine Handknöchel weiß werden.

"Es ist nicht deine Schuld," bricht Tod das betretene Schweigen. "Du hast alles getan was du kannst."

Eine meiner Hände lässt meine Jeans los, streicht über meinen Namen auf der metallenen Plakette, die an jene erinnern soll, die an diesem schicksalhaften tag ihr Leben verloren. In Memorial of ...

"Erinnerung," spricht er nun, legt einen Arm um mich. Ich blicke unweigerlich auf. Nur selten nennt er mich bei meinem Namen. "Alles ist gut. Sie werden irgendwann lernen. Es ist nicht deine Schuld."

Ich seufze. "Trotzdem, ich hab das Gefühl, ich hätte versagt."

"Hast du nicht. Erinnerung, du bist mir als Einzige wirklich ebenbürtig. Du musst es einfach mehr versuchen. Eines Tages ..."

Darauf kann ich nur nicken. Er hat recht. So sehr es auch wehtut, Hoffnung gab es schon immer, wir dürfen sie nicht aus den Augen verlieren. Irgendwann wird auch Leben endlich sehen können. Tod und Erinnerung, wir sind ein Team.

Noch ist nicht alles verloren.