Schweißgebadet schrecke ich hoch. Ich hatte einen Alptraum, wie so oft. Ich schaue auf die Uhr: "Ach, es wären sowieso nur noch 3 Minuten gewesen.." murmel ich mir selbst zu. Ich steige also aus dem Bett um ins Badezimmer zu gehen und mich fertig zu machen. Ich stelle das Wasser in der Dusche auf kalt und lasse es meinen mageren Körper hinunter fließen. Nachdem ich fertig bin, gehe ich zurück in mein Zimmer, um mich anzuziehen. Wie immer ist es ein zu großer Pulli und eine lange Hose. Als ich mir den Pulli überstreifen will, zische ich erneut auf. Die Verletzung an meinem Bauch schmerzt immernoch. Das ist aber auch kein Wunder, die Schläge von Will haben eine wahnsinns Wucht und es dauert jedes Mal ewig, bis es verheilt. Allein bei dem Gedanken an ihn und was ich dank ihm jeden Tag durchmachen darf, zieht sich alles in mir zusammen. Ich will ihn nicht sehen. Aber verstecken kann ich mich nicht vor ihm. Leider. Als ich fertig bin, fällt mir auf, dass ich meine Brille heute noch nirgends gesehen habe. Ich muss sie wohl verlegt haben. Ich beschließe, sie später zu suchen und stattdessen runter zu meiner Mutter zu gehen. Sie sitzt bereits am Tisch und liest Zeitung. Als sie mich hört, blickt sie auf und lächelt mich an. 'Wie ich höre, hast du deinen Smoothie gestern behalten. Ich bin stolz auf dich.' Ich muss leicht schmunzeln, da sie sich jedes Mal über solche kleinen Dinge freut. Ich setze mich zu ihr und nehme einen kleinen Schluck Wasser. Essen kann ich nichts. Nicht vor der Schule. Meine Mutter akzeptiert es, solange ich versuche, danach ein bisschen etwas zu essen. Nach einer kleinen Weile fällt mir das mit Felix wieder ein. 'Mama, Felix kommt nach der Schule mit zu mir zum Lernen, ist das in Ordnung?' 'Ja, natürlich, ich bin sowieso nicht da, du weißt ja, die Arbeit. Wer ist er? Ein Freund?' 'Ich weiß es nicht, aber er ist nett.' 'Na dann- OH Mist mist mist ich muss los, bis heute Abend, Schatz.' Sie drückt mir noch einen Kuss auf die Stirn, bevor sie auch schon zur Tür eilt und man das Zuschlagen dieser vernehmen kann. Ich sehe, dass auch ich bald losmuss und außerdem meine Brille noch finden muss. Ich gehe also nach oben und suche sämtliche Plätze in meinem Zimmer ab, bis ich meine Brille schließlich finde. Schnell schnappe ich mir meine Mütze und eile die Treppen hinunter. Ich hole noch kurz etwas zu trinken aus dem Kühlschrank und bin dann auch schon auf dem Weg zur Schule.
An der Schule angekommen, begebe ich mich direkt in mein Klassenzimmer und auf meinen Platz. Ich kann Felix sehen und lächle ihm kurz zu. Er winkt und vertieft sich dann wieder in sein Buch. Ich schaue gelangweilt aus dem Fenster, bis der Lehrer hineinkommt und wir uns sofort erheben, um ihn zu begrüßen. Ich habe keine Probleme, dem Unterricht zu folgen und löse fleißig meine Aufgaben. Als es klingelt, fällt mir siedend heiß wieder ein, dass ich heute Dienst in der Bibliothek habe. Ich stopfte schnell alles in meine Tasche und renne ins Sekretariat um mir den Schlüssel zu holen. Gerade noch rechtzeitig komme ich an der Bibliothek an und positioniere mich schnell hinter dem Pult und schaue, ob unser Lehrer dort irgendwelche Notizen hinterlassen hat. Zu meiner Enttäuschung finde ich jedoch nichts. Das heißt, ich muss die ganze Pause nur die anderen beaufsichtigen. Zum Glück sind hier nicht so viele Menschen, sonst würde ich wohl eine Panikattacke bekommen. Das passiert schon mal, vorallem, wenn die Schulgänge so überfüllt sind. Ich schaue in dem großen Raum umher und muss plötzlich an Will denken. Für diese Pause bin ich ihm gerade noch mal entwischt, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er mich in der nächsten Pause abfangen wird. Als nächstes haben wir Biologie. Eins meiner Lieblingsfächer. Ich wäre später gerne einmal Arzt, deswegen versuche ich auch, egal wie es mir geht, stets auf meine Noten zu achten. Ohne zu merken, wie schnell die Zeit verging, höre ich auch schon wieder die Klingel. Ich warte also, bis alle Schüler aus der Bibliothek draußen sind und schließe dann die Tür ab, bevor ich diesen zurück ins Sekretariat bringe. Danach gehe ich schnellen Schrittes in den Biologiesaal. Die meisten Schüler sind schon da und sitzen auf ihren Plätzen oder beziehungsweise auf ihren Tischen. Ich habe einen Platz ganz vorne neben einem Mädchen, welches mich ständig von oben bis unten mustert, aber kein Wort sagt. Darüber bin ich allerdings sehr froh, da ich nicht gut mit fremden Menschen interagieren kann, undzwar schon gar nicht mit Mädchen, denn mit Mädchen. Nicht, dass ich Angst vor ihnen hätte, ich meine, ich habe Angst vor fast jedem, aber etwas an Mädchen hat mich schon immer abgestoßen. Was genau es ist,weiß ich nicht. Ich kann jedoch auch nicht weiter darüber nachdenken, da unsere Lehrerin den Raum betritt und wir uns erheben müssen. Ein Mädchen mit zitternden Händen steht auf, als unsere Lehrerin ihr ein Zeichen gibt. Sie stellt sich vor uns und verkündet mit piepsiger Stimme, dass sie uns ein Referat über den Herzinfarkt halten wird. Ein Thema, über welches ich schon zahlreiche Dinge gelesen habe. Während ihrem Vortrag wird es für mich immer unerträglicher, ihr zuzuhören. Ihre Stimme ist so hoch und piepsig und zittrig und die Weise, wie sie mit ihren Augen klimpert, macht mich wahnsinnig. Aber nicht im verliebten Sinne. Nein, ich würde ihr die Karten gerne aus der Hand reißen und den Vortrag selbst halten. Nachdem das Mädchen endlich fertig ist, bittet meine Lehrerin mich nach vorne. Ich erstarre und meine Augen weiten sich. Sie bittet mich darum, ein Herz an die Tafel zu zeichnen und es zu beschriften. Mit wackeligen Beinen und gesenktem Kopf stakse ich nach vorne und beginne, das Herz zu zeichnen. Die Lehrerin bittet derweil die anderen, es abzuzeichnen. Um mich herum ist es still, bis auf das leise Gemurmel vereinzelte Schüler. Alle Blicke liegen auf mir und ich weiß das. Meine Handflächen beginnen zu schwitzen und ich muss mich stark konzentrieren, damit mir die Kreide nicht aus der Hand fällt. "Sie wollen nur das Bild, sie wollen dich nicht auslachen. Nur. Das. Bild.", sind meine stetigen Gedanken. Als ich endlich fertig bin, beeile ich mich, zurück zu meinem Platz zu kommen. Meine Nachbarin mustert mich schon wieder von oben bis unten. Ich jedoch ignoriere ihre Blicke und schaue vor zur Tafel. Meine Zeichnung ist gar nicht mal so schlecht geworden. Da klingelt es plötzlich wieder zur Pause. Um mich herum wird es laut und Angst kriecht in mir hoch. Ich komme nicht um Will herum, also versuche ich einfach, es so schnell wie möglich hinter mich zu bringen. Bei den Spinden angekommen, werde ich auch schon an die Wand gepresst. 'Naa, kleiner? Wo warst du denn vorhin, hm?' 'I-ich hat-te Dienst in der Bib-bibliothek.',presse ich mühsam hervor. Statt einer Antwort bekomme ich einen festen Schlag ins Gesicht. Ich schmecke sofort Blut. 'Denkst du kleiner Schwuchtel etwa, du kannst dich vor deinen Schlägen drücken?!' Noch ein Schlag. Diesmal direkt in meinen Bauch. Dieselbe Stelle wie gestern. Vor Schmerz schreie ich auf, woraufhin er mich zu Boden wirft und beginnt, auf mich einzutreten. Schützend halte ich mir die Hände über den Kopf,damit er diesen verschont. Leise laufen mir Tränen in Strömen über mein Gesicht. Während er seine Wut an mir auslässt wirft er mir die schlimmsten Beleidungen an den Kopf. Als er endlich aufhört und wegläuft, schaffe ich es nicht, aufzustehen. Flehend blicke ich einen vorbeilaufenden Schüler an, welcher mich besorgt mustert, auf mich zukommt und mir hochhilft. Ich hasse Berührungen zwar, aber ich brauche dringend einen Verband, das weiß selbst ich. 'Will?', fragt der andere nur und ich nicke stumm. 'Ich durfte das auch alles einmal durchstehen, nur weil ich schwul bin. Unfassbar oder? Dieses homophobe Stück Dreck denkt allen Ernstes, er hat Leute wie mich deswegen zu verprügeln?! Glaub mir, irgendwann zahl ich ihm das zurück! Willst du mir vielleicht helfen?' Ich nicke nur wieder, zu schüchtern, ihn anzusehen.' Ich heiße übrigens Henry. Darf ich fragen, wie du heißt?' 'C-cole.' stottere ich nur. 'Ach okay Cole, dann weiß ich ja, nach wem ich fragen muss, wenn ich meinen Racheplan durchführen will. Schau mal wir sind da, es wird gleich besser, ich versprechs dir.' Er geleitet mich ins Krankenzimmer und bittet mich, mir mein Oberteil auszuziehen. Als er meinen ängstlichen Blick sieht,legt er besorgt seinen Kopf schief. 'Ich tu dir nicht weh, ich versprechs. Ich will mir das nur einmal ansehen. Ich bin Sanitäter hier, weißt du.' Etwas beruhigt und doch zögerlich ziehe ich mir meinen Pulli über den Kopf. 'I-ich ehm also ich mag es n-nicht so, berührt zu werden..' murmele ich, meinen Kopf gesenkt. 'Keine Sorge, ich mach ganz schnell, du spürst mich fast nicht, ok?' Wieder einmal nicke ich und lasse ihn mich verarzten. Als er fertig ist, blicke ich ihn dankend an. 'Dankeschön, Henry.' 'Bitte, kein Problem und komm wieder zu mir, wenn du jemanden zum Verarzten brauchst, ich steh dir zu Diensten.' Wegen seinen Worten muss ich schmunzeln und danke ihm ein letztes Mal, bevor ich zurück in meine Klasse gehe, mit der Entschuldigung, mir wäre nicht gut gewesen und ich hätte kurz frische Luft schnappen müssen. Mein Lehrer nickt verständnisvoll und fährt mit dem Unterricht fort.
'Hallo Cole!' begrüßt mich Felix, nachdem wir uns nach dem Unterricht am Schultor wieder treffen, da er noch auf die Toilette musste. 'Hallo Felix.' grüße ich zurück und wir beginnen zu mir nach Hause zu laufen. Auf dem Weg reden wir ein wenig über die Schule und den Dienst in der Bibliothek. Zu Hause angekommen, teile ich ihm mit, dass wir etwas kochen müssten, wenn er Hunger hätte, was er bestätigt. Wir entscheiden uns, Pizza zu machen, da es ziemlich schnell geht und es so ziemlich jedem schmeckt. Während wir warten, bis die Pizza fertig ist, zeige ich ihm auf seine Nachfrage unser Haus. Er findet es sehr schön und man merkt, wie besonders mein Zimmer es ihm gewaltig angetan hat. Nach einer Weile der Stille räuspert er sich. 'Du, Cole, wer sind eigentlich deine anderen Freunde? Ich sehe dich immer nur allein.' 'Ich habe keine Freunde,Felix. Niemand will mit mir befreundet sein.' 'Doch, ich möchte das gerne, wenn du das denn erlaubst?' 'Was? N-Na klar doch. Ich hätte gern einen Freund.' In diesem Moment piept der Ofen und gibt uns zu verstehen, dass die Pizza fertig ist. Felix springt vor Freude drei Stufen auf einmal hinunter, was ziemlich lustig aussieht. Schmunzelnd gehe ich ihm hinterher. Er ist sehr nett, ich glaube wir wären gute Freunde. Ich decke den Tisch, während Felix die Pizza aus dem Ofen nimmt. Mein Magen macht einen doppelten Salto, als mir der Geruch des Essens in die Nase steigt. "Das bleibt heute nicht bei mir", denke ich im Stillen. Ich schaffe es irgendwie, zwei Stücke hinunter zu würgen und sage Felix dann, er solle doch schonmal hoch gehen, da ich noch etwas zu erledigen hätte. Als dieser nach oben verschwunden ist, renne ich aufs Gästeklo. Ich halte es einfach nicht länger aus. Meine Hände und Beine zittern, als ich den Wasserhahn aufdrehe, mich auf die Knie hinunter lasse und mir ohne zu zögern zwei Finger in den Hals stecke. In dem Moment, in dem der Würgereiz kommt, drücke ich noch ein bisschen tiefer und ziehe meine Finger schnell wieder aus meinem Mund, als die beiden Pizzastücke ihren Weg in den Abflusskanal Finden. Durch das Würgen steigen mir Tränen in die Augen. Nachdem ich fertig bin, spüle ich hab, wasche meine Hände und mein Gesicht und setze mich für einen Moment auf den Klodeckel. Seufzend stütze ich meinen Kopf in meine Hände und sammle mich, ehe ich mich zu Felix begebe. Dies jedoch auch nicht, ohne mir noch einen Kaugummi in den Mund zu schieben. Wir lernen noch die ganze Zeit, bis Felix nach Hause muss. Zum Abschied winkt er und ruft :' Tschüssi Cole, wir sehen uns!'Ich winke zurück und schließe die Tür. Ich hatte eine schöne Zeit mit Felix. Er ist nett. Doch dann fällt mir mein Bauch wieder ein und die Tatsache, dass ich heute noch keinerlei Nahrung zu mir genommen habe, die ich auch behalten konnte. Schnell packe ich ein Kühlpack auf meinen Bauch und püriere mir ein paar Erdbeeren mit etwas Milch. Dann gehe ich zurück in mein Zimmer. Als meine Mutter später ihren Kopf durch die Tür streckt, erzähle ich ihr in Kurzfassung von dem heutigen Tag. Ihr Blick fällt auf den Smoothie und sie lächelt zufrieden. Nachdem ich diesen ausgetrunken habe, mache ich mich fertig und lege mich mühsam ins Bett. Es war anstrengend heute und ich kann den Schlaf besser gebrauchen als sonst.
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Also gut, ich fasse mich kurz, weil das Kapitel schon so lang ist. Ich hoffe, es ist was geworden, da es gerade 00:10 Uhr ist und ich ziemlich müde bin. Naja, wie auch immer, ich hoffe es hat euch gefallen.
Thanks for reading. :)
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You're not fine
De TodoCole ist schwul, leidet unter sämtlichen Angststörungen, Mobbing und er hat außerdem keine Freunde. Keiner versteht ihn. Er hat quasi schon mit seinem Leben abgeschlossen, als er plötzlich in die Psychiatrie eingewiesen wird und dort jemanden trifft...