*Nathan*
Mein erster Gedanke galt dem Schmerz. Absolut alles tat weh. Ich war noch ganz fusselig im Kopf – noch nicht ganz wach. Es schaukelte.
Ich stöhnte laut auf als mich eine Welle der Übelkeit erfasste. Wie konnte mein Körper nur so wehtun? Ich probierte zurückzufallen in die schmerzfreie Dunkelheit oder den Schlaf, oder wo auch immer ich vor dem Aufwachen gewesen war. Doch es gelang mir nicht – stattdessen ließ ein Ruckeln meine Schulter vor Schmerzen brennen.
„Er wacht auf. Sollen wir ihn wieder betäuben?", fragte eine männliche Stimme neben mir.
Eine Frau antwortete von weiter weg: „Nein. Wir machen gleich Mittagsrast. Da können wir ihn befragen und eventuell neu verbinden."
Wer waren diese Leute? Ich war immer noch nicht ganz klar im Kopf.
Vielleicht war ich in der Kaserne zurück und im Krankenzimmer? Aber warum schaukelte dann alles? Und warum wollten sie mich betäuben und befragen? Wo, zur Hölle, war ich?
Ich ließ die Augen geschlossen und versuchte meine Umgebung wahrzunehmen. Zunächst aber bemerkte ich nur die pochenden Schmerzen in meinem Kopf und meiner Schulter. Mein Arm schien an meinem Körper fixiert zu sein. Na gut, relativierte ich meine vorherige Einschätzung, es tat mir nicht mein ganzer Körper weh... aber es tat wirklich ziemlich weh!
Ich erinnerte mich wage an den letzten Abend und je mehr ich mich anstrengte, desto mehr Details fielen mir wieder ein. Ich erinnerte mich an den Kampf, die Flucht und der nächtliche Sport durch den Wald – vor allem aber die Angst, die ich verspürt hatte. Auch an den Pfeil, der mich in die Schulter getroffen hatte, erinnerte ich mich und wie ich trotzdem weitergerannt war. Doch an danach... an alles danach hatte ich keine Erinnerung. Da war einfach nichts.
Ich erschauderte, als mir die Nachricht von Phil wieder einfiel und das Gurgeln des sterbenden Alex. Die Erophan hatten alle umgebracht. Aber warum lebte ich dann noch? Dass ich lebte zeigten mir die Schmerzen deutlich genug.
Ich war doch nicht etwa ein Gefangener? Mich fröstelte. Nein, beantwortete ich selbst meine Frage. Die Erophan waren nicht für ihr Erbarmen bekannt. Sie machten nie Gefangene. Man fand immer nur Leichen. Ich zitterte plötzlich und kalter Schweiß brach aus. Ich brauchte Gewissheit, wo ich war und in welcher Situation ich mich befand. Und auch Schmerztabletten wären nicht schlecht, flüsterte eine leise Stimme in meinem Hinterkopf.
Vorsichtig öffnete ich die Augen ohne meinen Kopf zu bewegen. Ich war weder in einem Lazarett, noch in einem Krankenwagen. Da waren weder Monitore, noch Bettwäsche..., sondern Gras und Bäume und dichtes, graubraunes Fell. Fell? Ein Tier? Eventuell sogar ein Pferd? Ich hatte eine Heidenangst vor Pferden! Sie waren groß, unberechenbar und überhaupt riesig. Erschrocken und schon fast panisch wollte ich mich aufrichten. Doch Seile verhinderten meine Bewegung und ich schwankte lediglich. Eine weitere Schmerzwelle durchfuhr meinen Körper und ließ mich zurück sinken.
Das Tier unter mir schnaubte, trottete aber weiter. Ich war erst ein paarmal auf einem Pferd gesessen – gezwungener Maßen. Sie waren so groß und stark und eigensinnig. Ich hatte immer einen großen Bogen um sie gemacht. Dieses hier schien relativ klein, soweit ich das von der Form des Rückens schließen konnte. Dafür hatte es ein sehr dickes und weiches Fell. Auf einmal bemerkte ich, dass ich auf keinem Sattel saß. Wer auch immer mich auf dieses Tier gebunden hatte, musste verrückt sein!
„Du bist wach. Wie geht es dir?", fragte die männliche Stimme von vorher direkt neben mir. Ich hob meinen Kopf in seine Richtung und starrte in unglaubliche blaugrüne Augen. Die Augen umgab ein makelloses Gesicht mit sehr kantigen Zügen. Seine tiefbraune Haare waren lässig verstrubbelt und er trug befremdliche Kleidung: ein ledernes Wams und ein schlichtes Stoffhemd. Er schien nicht sehr groß zu sein, aber war dafür sehr drahtig. Mit langen Schritten ging er neben mir her und blickte mich fragend aus diesen unglaublich tiefgrünen Augen an.
DU LIEST GERADE
Nature's Claim
AdventureDie Menschheit zerstört die Natur - immer und immer weiter. Wie lange lässt die Natur das noch mit sich machen? Nach Fukushima, der Verpestung der Weltmeere mit Plastik und Öl, steigenden Mengen an Müll und resultierend der Klimaerwärmung reicht es...