* Nathan *
Schon lange bevor sich meine Zimmertür öffnete, hörte ich Stimmen im Haus. Es war noch sehr früh, denn die Sonne leuchtete gerade erst die obersten Spitzen der hohen Berge an. Doch die Erophan schienen schon seit Stunden wach zu sein. Ich schüttelte die letzten Reste meiner Träume von mir. Ich hatte wild geträumt von Rennen, Zügen, Daumenschrauben und schließlich von seltsamen Gesängen in Urwäldern. Gerade dieser letzte friedliche Teil hatte mich schließlich aufwachen lassen.
Nun stand Lu in der Zimmertüre: „Guten Morgen, Nathan. Hast du deine Sachen beisammen?" Sie hatte nasse Haare, die auf ihrer Jacke große Flecken machten – wodurch der Stoff sehr eng an ihrem wunderschönen Körper anlag. Ich schluckte und versuchte meinen Mund geschlossen zu halten.
„Äh, ja", stammelte ich und erhob mich. Wie gut, dass ich in meinen Klamotten geschlafen hatte. Ich wäre vor Scham im Boden versunken, hätte Lu mich in Boxershorts gesehen. So trat Lu hinter mich und band mir die Hände zusammen.
„Mu..muss das sein? Wo soll ich denn hin?", fragte ich mutig – und gleichzeitig niedergeschlagen.
„Nirgendwohin. Es ist diesmal auch nur, bis das Haus außer Sichtweite ist." Sie erklärte nicht weiter, warum es nötig war, doch ich konnte es mir denken. Unter dem verachtenden Blick unseres Gastgebers wurde ich nach draußen geführt. Lu reichte mir unten einen großen Rucksack und band mir die Hände frei, damit ich ihn aufsetzen konnte. Er war schwer, aber mit dem Hüftgurt gut zu tragen. Die Schnalle war aus Blech und der Rucksack aus dickem Leinenstoff – wieder nach dieser seltsamen Mode der Erophan. Lu band meine Hände locker vor mir zusammen und meinte derweil zu mir: „Wir haben deinen Rucksack in diesen eingepackt. Und dazu Wasser, Essen und Ausrüstung für uns alle. Jeder von uns trägt einen."
Die beiden Erophan erschienen in der Tür und verabschiedeten sich herzlich von unseren unfreundlichen Gastgebern. Sie tauschten kleine Dinge aus, doch ich konnte nicht erkennen was es war. Vermutlich Geld für die Übernachtung. Lu schubste mich nach vorn und ich trottete neben ihr die Straße hinauf. Liri und Loro schlossen auf und winkten noch einmal zurück.
Nach einem kurzen Stück entlang schmaler Pfade auf sonnigen Feldern mit Gras das im Tau glitzerte kamen wir auf eine Forststraße im kalten Waldschatten. Manchmal schien die Morgensonne durch Lücken zwischen den Bäumen, doch ansonsten herrschte ein frostiger Schatten. Schnecken krochen durch den Tau und steiniger Matsch klebte an den Sohlen. Lu blieb nach einer Weile stehen, drehte sich um und löste wortlos meine Fesseln. Dann drückte sie mir eine Semmel mit Käse in die Hand: „Du solltest frühstücken."
Die beiden Erophan gaben ein flottes Tempo vor, sodass ich schon nach Kurzem begann zu schwitzen – trotz der kühlen Temperaturen. Wenigstens war der Weg noch flach, doch die Berge rundum machten mir klar, dass es wohl bald an den Anstieg gehen würde.
Die Luft war wunderbar frisch und klar und der Himmel strahlte in einem satten Blau. Ich sah kleine lila Blumen im Gras an den sonnigen Abschnitten des Weges. Sie wirkten unendlich zart und so verloren zwischen all dem Geäst und Gras.
Doch schon bald konnte ich mich nur noch darauf konzentrieren, den Anschluss nicht zu verlieren. Nach einer Kurve ging auf einen schmalen Pfad der steil bergauf führte. Ich war außer Atem und der Weg vor uns wurde immer steiler.
An einer Biegung des Weges, die den Blick auf das Tal unter uns gewährte, blieb ich stehen. Ich tat so, als ob ich die Landschaft bewunderte, nutzte die kurze Pause aber nur, um Atem zu schöpfen. Ich verschob die Gurte des Rucksacks etwas, damit er bequemer aufsaß, und ging dann schweren Schrittes weiter.
Liri und Loro waren ein ganzes Stück weiter und unterhielten sich in ihrer komischen Sprache. Sie lachten immer wieder laut auf – wahrscheinlich über mich und, dass ich so unfit war, dachte ich grimmig. Ich biss die Zähne zusammen und setzte einen Fuß vor den anderen.
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Nature's Claim
AdventureDie Menschheit zerstört die Natur - immer und immer weiter. Wie lange lässt die Natur das noch mit sich machen? Nach Fukushima, der Verpestung der Weltmeere mit Plastik und Öl, steigenden Mengen an Müll und resultierend der Klimaerwärmung reicht es...