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Der kalte Nachtwind blies mir durch meine frisch gefärbten und geschnittenen Haare, welche mir als schwarzer Bob gerade mal so auf die Schulter fielen. Mein Blick fest auf das Wasser des kleinen Feuerwehrsees am Rande des Parks gerichtet, welches die Lichter der wenigen Laternen reflektierte. Eine einzelne stumme Träne verließ meine müden und gereizten Augen, als der Schmerz in meinem Herzen überhand gewann und mich fast taub machte. Es war wieder schlimmer geworden, in der Schule meine ich. Irgendwann hatte ich wohl ein Gedicht aus meinem Notizblock verloren, welches von einem meiner Mitschüler gefunden wurde. Sofort verbreitete sich dieser Text in meiner Stufe und die Leute die mich so oder so hassten, benutzten dies um mich erneut bis auf tiefste fertig zu machen. Grund? Das Gedicht welches ich verfasst hatte handelte von Liebe und dem sanften, intensiven Gefühl, wenn die Lippen zweier Menschen auf einander treffen. Allerdings waren diese Ideen aus meiner freien Vorstellung heraus geschrieben, da ich in meinem Leben noch nie jemanden geküsst hatte, oder überhaupt das Verlangen dazu hatte.
Kommt mir jetzt bitte nicht wieder mit der ewigen Jungfrau-Nummer, sowas wollte ich eben als etwas Besonderes sehen und erleben, ergeben hatte sich so eine Situation eben noch nicht.
Derjenige, der den Text an Andere weiter gegeben hatte, verbreite auch die dazu passende Theorie, dass ich so etwas nur schreiben könne, wenn ich damit reichlich Erfahrungen haben müsste.

Schlampenstempel attached.

Selbst das sonst so angenehme Rauschen der mit Laub bedeckten Bäume, die vom Wind sanft hin und her geschaukelt wurden, konnte mich diesmal nicht im geringsten beruhigen. Der Druck in meinem Kopf war fast unerträglich, Weinen konnte ich so gut wie nie, ich hatte es mir so sehr abgewöhnt, dass ich nicht mal Weinen konnte wenn ich es unbedingt wollte. Zu viele Tränen hatte ich schon für solche Menschen verschwendet, der unbezähmbare Schmerz in meinem Herzen würde aber jedes Mal bleiben, fühlte mich schon erstickt von ihm.
Kaltes, scharfes Eisen erfühlte ich, als meine zitternden Finger die Rasierklinge entlang fuhren, welche ich als Kette immer an meinem Hals trug, wenn auch unter meiner Kleidung versteckt, um mich selbst vor den urteilenden Blicken meiner Mitmenschen zu schützen.
Nicht all zu lange war es her, das dieses kleine, unscheinbare Objekt von mir für etwas Grauenvolles verwendet wurde. Mit aller Kraft versuchte ich mir das abzugewöhnen, trotzdem war ich manchmal viel zu schwach, um gegen den starken Drang anzukommen.

,, Keine sichere Zeit für ein Mädchen um alleine draußen herum zu laufen, findest du nicht? "
Eine tiefe Stimme zerschnitt die dicke Luft und drang in meine Ohren, wie auf Knopfdruck ringten alle Alarmglocken in meinem Kopf und wie vom Blitz getroffen sprang ich von der Bank hoch, mein Kopf schoss in die Richtung, aus der ich die Stimme vernahm. Trotz des leichten Laternenlichtes, welches nur fade die Dunkelheit durchbrach, war es mir nicht sofort möglich, den Fremden zu identifizieren. Die fremde, männliche Gestalt bewegte sich weiter in Richtung der Bank, auf welcher er sich dann niederließ, die Arme lässig auf der Banklehne ausgestreckt.
Ungläubig weiteten sich meine Augen, Adrenalin floss nun durch jede einzelne Zelle meines Körpers, meine Körperhaare standen zu Berge.
,, Ethan? " erleichtert atmete ich auf, mein Körper immer noch erschaudert durch den Schrecken, welchen er mir verpasst hatte, als ich mich erleichtert wieder auf die Bank setzte, diesmal neben ihn.
Es dauerte einige Minuten, bis sich mein Puls wieder einiger maßen beruhigt hatte, nur das Rauschen des Windes war zu hören, weil er nichts weiter sagte, genauso wenig wie ich. Nach einer längeren Zeit der Stille schaute ich ihn im Mondlicht von der Seite an.
,, Wieso bist du hier? " meine Stimme war am Zittern, klang unsicherer als ich es wollte und ich hätte mich am liebsten geschlagen dafür.
,, Stimmen die Gerüchte über dich, die ich mir den ganzen Tag heute anhören musste?" verwundert blinzelte ich ihm entgegen, widmete dem See dann wieder meine Aufmerksamkeit. Leichte Wut fing sich an in mir aufzubrodeln, angefangen in meinem Herzen entflammte dieser Funken bis in meine Arme, Beine, jede Zelle ihrer Körpers loderte schon förmlich.
,, Glaub ruhig was du willst, ich hab keine Lust mich mehr vor Menschen zu recht fertigen, die mich nicht kennen und mir eh nichts Gutes wollen."
Nach kurzem Zögern entschloss ich mich dazu, mich von der Bank zu erheben und so schnell wie möglich zu verschwinden. Das Stechen in meinem Herzen war wieder ziemlich akut, ich verstand nicht, was er mit dieser Frage bezwecken wollte. Zitternd vor Kälte machte ich mich alleine auf dem Weg durchs Dunkle bis zum Ausgang des Parks, als ich ruckartig am Handgelenk von einer kalten aber sanften Hand fest gehalten wurde.
,, Ich glaube nicht, dass nur ein einziges dieser Gerüchte stimmt, okay? Außerdem will ich dir nichts böses.. "
Ein warmes Gefühl machte sich in meinem Körper breit bei seinen Worten, als sein ernster Blick hart auf meinen traf, genau in meine Seele stach, als würde er meinen gesamten Schmerz sehen können. Vorsichtig entzog ich meiner Hand seinem Griff, meine Haut prickelte leicht durch seine Berührungen. Die Wirkung die er auf mich hatte gefiel mir irgendwie garnicht, das konnte nicht gut enden. Mein Mund öffnete sich etwas, bevor ich etwas sagte verstummte ich aber wieder, als ich seinen Blick auf mir spürte.
,, Ich bringe dich nach Hause, also komm." Ohne noch etwas zu sagen lief er los, völlig verwirrt und verwundert holte ich ihn dann schnell ein, nur um in Stille mit Ethan zusammen zu mir zu laufen, wo er dann auch endlich mal stehen blieb.
,, Gute Nacht Aira.. Und tu die Klinge weg, das würde dir sicherlich gut tun.." mit diesen Worten drehte er sich auf der Stelle um und verschwand in der Dunkelheit, ohne, dass ich ihm noch etwas hätte antworten können.
Mit gemischten Gefühlen und einem schweren Herzen wurde ich alleine im Dunkeln der Nacht gelassen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 20, 2019 ⏰

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