Ich konnte ihr nicht erzählen, was passiert war. Ich wusste es ja noch nicht einmal selbst. Ich wusste nicht welcher Teil real war und welcher nicht.
Und was das alles zu bedeuten hatte.
Was, wenn ich mir auch nur eingebildet hatte, dass meine Grams mir das Päckchen hat zukommen lassen?
Ich drank einen großen Schluck und schloss kurz die Augen. Versuchte alles Revue passieren zu lassen was ich erlebt hatte. Oder glaubte, erlebt zu haben.Wieder schnippte Lily mit ihren Finger.
Ich öffnete meine Augen und fing an zu lachen. Eigentlich war es gar nicht lustig, aber manchmal fing ich einfach an zu lachen. Ohne einen bestimmten Grund.
Meine beste Freundin schaute mich verdutzt an, stimmte aber dann mit ein.Nach dem wir uns wieder beruhigt hatten, schaute sie mich erwartungsvoll an.
Sie erwartete also noch immer eine Erklärung.
Ich seufzte und überlegte, welchen Teil ich ihr erzählen konnte und was ich lieber wegließ.
Ich beschloss, alles was mit den Träumen zu tun hatte, wegzulassen und erzählte ihr nur, dass mir schwindelig geworden und ich in die Küche gegangen war, um mir etwas zu trinken zu holen. In der Küche war ich dann umgekippt und sie hatte mich ja dann glücklicherweise später dort gefunden.Ihr besorgter Gesichtsausdruck war zurückgekehrt.
„Und wie lange genau lagst du bewusstlos in der Küche?", wollte sie wissen.
Ich zuckte mit den Schultern. Woher sollte ich das denn wissen? Ich war kein Typ, der permanent auf die Uhr schaute.
„Und du bist dir sicher, dass du nicht zum Arzt möchtest?", hackte sie nach.
Ich schüttelte den Kopf.
„Du kennst mich doch", grinste ich sie an.
„Außerdem geht es mir jetzt schon viel besser. Vermutlich hatte ich einfach zu wenig getrunken, dass passiert ja manchmal."
Ja, ich vergaß des öfteren zu trinken. Um so Missgeschicke zu vermeiden, hatte ich überall Erinnerungen. Sowohl im Handy, als auch diverse Zettel, die in meiner Wohnung verteilt waren.
Und doch kam es hin und wieder vor, dass ich es trotz alledem vergaß. Besonders dann, wenn ich im Stress war.
Ich bin in meine erste eigene Wohnung gezogen, wohne jetzt in einem neuen, für mich unbekannten Stadtteil und in den nächsten Wochen fing mein erstes Semester an der Uni an.
Die letzten zwei Jahre hatte ich nur gejobbt und versucht, herauszufinden, was ich studieren möchte.
Und das hatte ich jetzt endlich. Hoffte ich zumindest.Ich schraubte die Flasche zu und stand auf. Diesmal drehte sich nichts. Gemeinsam mit Lily lief ich langsam ins Wohnzimmer.
Dort setzte ich mich auf die Couch, während sie zurück ging um eine Packung Kekse zu holen.
Sie hatte ja schließlich jede Menge zu erzählen, wie ihr Sommer so war. Und natürlich sollte ich auch von meinen unspektakulären Ferien erzählen.Wir redeten und lachten bis weit nach Mitternacht, sodass Lily kurzerhand beschloss, bei mir zu übernachten.
Müde gingen wir ins Bett und verschliefen den halben Vormittag des nächsten Tages.~•~
Ich wusste nicht, ob ich wieder träumte oder ob das alles real war. Das einzige was ich wusste, war, dass ich Angst hatte und mir dieser Ort bekannt vorkam.
Ich konnte ihn aber nicht einordnen woher.
Ängstlich schaute ich mich um.
Irgendetwas berührte mich an der Schulter. Schnell fuhr ich herum, doch hinter mir war nichts.
Ich drehte mich wieder um und vernahm ein leises Flüstern, das immer lauter wurde. Es schien näher zu kommen. Doch verstehen konnte ich nichts.
Ein Schauer lief mir über den Rücken. Ich fühlte mich beobachtet. Wieder schaute ich über die Schulter. Doch auch diesmal konnte ich dort nichts erkennen.
Woher kamen auf einmal die Seile um meinen Handgelenken? Waren sie schon die ganze Zeit da gewesen?
Mein Mund war trocken. Ich leckte mit meiner Zunge über meine Lippen und bemerkte, dass sie aufgerissen waren.
‚Als ob ich verprügelt worden wäre', dachte ich.
Ich schaute gerade aus und versuchte irgendetwas, einfach nur eine Kleinigkeit zu erkennen, doch alles war stockdüster.
Ein Ast knackte. Scheinbar war ich irgendwo in einem Wald.
Ich versuchte zu schreien, doch es kam kein Ton raus.
Wieder hörte ich das Flüstern.
Ich versuchte aufzustehen, wurde gleich zum Boden zurückgezogen.
Ich war also am Boden festgebunden.
Wie funktioniert das überhaupt in einem Wald?
Ah Wurzeln.
Ich tastete am Boden entlang und versuchte das Ende meines Seils zu finden. Vergeblich.
Erneut spürte ich eine Berührung an meiner Schulter. Langsam drehte ich mich um.
Schmerz explodierte in meinem Kopf und alles wurde schwarz.~•~
Ich bekam eine Ohrfeige und schlug die Augen auf.
Ich befand mich auf dem Fußboden in meinem Wohnzimmer. Draußen war es noch stockdunkel.
Wortlos drückte Lily mir ein Glas Wasser in die Hand.
Ich trank es mit einem großen Schluck leer.
Scheinbar war das eben einer meiner wunderbaren Albträume. Das einzige Problem war, dass er sich so real angefühlt hat. Ich konnte sogar das nass Laub, auf dem ich gesessen hatte, riechen und spüren.
So etwas war mir noch nie passiert.„Alles in Ordnung? Magst du darüber reden?", wollte Lily wissen, doch ich schüttelte nur stumm den Kopf. Ich wollte einfach nur eine Nacht ohne Albträume in aller Ruhe durchschlafen. Doch scheinbar war mir dies momentan nicht erlaubt.
Müde stand ich auf und schlurfte rüber zur Couch, denn ich hatte Lily mein Bett für die Nacht überlassen. Normalerweise schlief ich dort sowieso besser...Nach dem Lily sich vergewissert hatte, dass es mir auch tatsächlich gut ging, tapste sie zurück ins Schlafzimmer und schlief bald ein.
Bald schon hörte ich ihre gleichmäßige Atemzüge. Vermutlich hatte sie die Tür offen gelassen, um, wenn nötig, so schnell wie möglich wieder bei mir sein zu können.
Auf einmal brannten meine Handgelenke. Ich tastete nach meinem Handy und schaltete die Taschenlampe an.
An beiden Handgelenken waren Striemen und es sah so aus, als ob ich gefesselt worden wäre und mit aller Kraft versucht hatte, diese wieder zu lösen.
Ich schüttelte bei dem Gedanken nur den Kopf, schaltete die Taschenlampe wieder aus und legte mein Handy beiseite. Darüber konnte ich mir auch ein andermal den Kopf zerbrechen.
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Shadows
FantasySie verfolgten mich. Erst nur in den Träumen. Dann auch in der wirklichen Welt. Ich dachte, meine Welt wäre perfekt. Ich wurde an meiner Traumuniversität genommen, hatte mein eigenes Apartment. Studierte, in der Hoffnung, ich hatte das richtige g...