Kapitel 1

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Ich wundere mich immer wieder anwie viel ich mich trotz des ständigen Versuchs des Vergessenserinnere. Rückblickend betrachtet sehe ich viele Dinge anders undverstehe wieso so gehandelt wurde, aber vergebt mir meineEinfältigkeit. Denn auch wenn versucht wurde es ihnen mit Leib undSeele auszumerzen, sie waren damals einfach nur Kinder.


Damals war Ziva David 16 Jahrealt, mitten in der Pubertät und müde. Vor knapp 15 Stunden war Zivanoch in Israel gewesen, mehr oder weniger glücklich, jetzt saß sieum fünf Uhr morgens in einem Bett des Internats

St. Antonius, das für dasnächste Jahr ihr zuhause seien würde. In der USA, einem fremdenLand, am Arsch der Welt. Und warum das ganze?

Natürlich wegen ihres Vaters,beziehungsweise wegen der Arbeit. Ziva schnaubte. Klar dein Auftrag ist es dich auf der anderen Seite der Welt in eine Highschooleinzuschleusen und auf weitere Befehle zu warten, wieso auch nicht?

Damals war das für sie nichts weiter als eine billige Ausrede gewesen. Sie kannte das Große Ganze was dahinter steckte ja nicht.

Ihr war bewusst, dass es anihrem letzten Auftrag lag. Bei dem Gedanken daran kroch ihr ein Schauer über den Rücken. Was hätte sie denn mit einer Tochtergemacht von der sie wusste, dass sie zu so etwas fähig war. Vermutlich das Selbe. Denn ein solcher Mensch, nein Mensch war nicht das richtige Wort, wer so etwas tut ist kein Mensch mehr eher...

Ziva schüttelte sich, versuchtverzweifelt den Gedanken zu verdrängen bevor die Bilder kamen, doch zu spät, die Erinnerung schwappte wie eine Welle über sie her die sie zu ersticken drohte:


Stickig, schwüle Luft, dunkle Schatten, die panisch hin und her rennen. Schreie von Eltern, die ihre Kinder suchen. Das Aufschluchzen eines Sohnes, der die verstümmelten Leichen von Vater und Mutter entdeckt. Der Himmel glüht wie brodelnde Lava, die sich langsam als schwere, tödliche Decke über das ganze legt. Es regnet Asche. Asche die das dickflüssige Blut, was den Boden tränkt, und die Leichen wie Mörtel zusammenklebt, und in grauen Schlamm verwandelt.

Und mitten drin steht sie. Zwei Dinge umklammernd. In der rechten Hand eine Pistole, die immer noch auf ihren Toten Teamführer gerichtetist. Die linke hängt schlaff an ihrer Seite, doch die Finger krampfen sich schmerzhaft um den Auslöser, der die Bombe aktivierte, die die vor wenigen Minuten noch belebt Einkaufstraße mit sich riss. Bald wird die Sonne ganz aufgehen. Ein schwarzer Lieferwagen wird eintreffen, Ziva und die Leiche mitnehmen und so tun als hätte er nie etwas gesehen. Die Nachrichten werden am nächsten Tag voll von dem Geschehen sein. Ein weiterer schrecklicher Selbstmordattentat, werden sie sagen. Eine Woche lang wird man um die 46 Opfer trauern, doch schon zwei Wochen später wird man sie vergessen haben...

Bisder nächste Anschlag kommt.


Nur einige wenige erinnerten sich an die Opfer, natürlich die Hinterbliebenen. Und ein Mädchen, es saß tausende von Kilometern entfernt, zitternd und schweißgebadet auf seinem Bett und starrte in die aufgehende Sonne. (Sie hatte dieselbe Farbe wie an jenem Morgen an dem Ziva David 47 Menschen das Leben nahm.) Und wenn sie auch nicht die Erkenntnis brachte, dass derTod die Luft erfüllte, so brachte sie doch etwas beinahe eben so schlimmes: Den Beginn eines neuen Schuljahres.


Als Ziva auf den Schulhof trat war er schon voller schnatternden, lachenden und sich prügelndenTeenagern.

Erst jetzt bekam sie eineungefähre Ahnung wie groß das Internatsgelände eigentlich seienmusste. Das Gebäude der Gesamtschule, die Turnhallen, der Wohnblock und die Frontmauer bildeten ein perfektes Quadrat. Hinter denSporthallen gab es eine weitere riesige Trainingsanlage und einen Park der an Sonn- und Feiertagen auch für Dorfbewohner offen war.

Die Masse an Schülern bewegtesich nun langsam in Richtung Eingang, wo es zu weiteren heftigen Rangeleien kam. Die jüngeren wurden quasi überrannt und zwischenSchülermasse und Türrahmen zerquetscht. Ziva bahnte sich möglichst unauffällig einen Weg durch das Getümmel in die Aula und zumSekretariat. In dem geräumigen Büroraum war keine Menschen Seele, nur ein Telephon bimmelte einsam vor sich hin. Unschlüssig was sie tun sollte, lehnte Ziva sich gegen die Wand und wartete. Als nach zehn Minuten immer noch niemand gekommen war und sie gerade beschlossen hatte es seien zu lassen und draußen nach einem Lehrer zu suchen, flog die Tür auf und herein kam Ms Glasborner. Sie war, um es nett auszudrücken „anders". Anders als alles was sich Ziva unter dem Namen Staatsbeamtin vorgestellt hatte. Denn Ms Glasborner war schlicht und ergreifend ein Hieppie. In dem zu tausenden Zöpfen geflochtenen Haaren steckte eine überdimensionale Sonnenbrille. Sie trug ein schlappriges, altes Green Pease Shirt und lange ausgebeulte Stoffhosen mit einem Motiv darauf, das an rosa Pfauenaugen erinnerte. Bei jeder ihrer Bewegungen klirrten dutzende von Armreifen, die ihr fast bis zu den Ellbogen reichten.

„Ach Gottchen, Schatzie das tut mir ja wahnsinnig leid, wartest du schon lange?" Sie huschte hinter den Schreibtisch und begann Unterlagen zu durchwühlen. „Ich bin Ms Glasborner, weißt du, und du bist ganz bestimmt Ziva David,die Neue." Ziva brachte keinen Ton heraus. Noch nie hatte sie etwas derartig buntes und menschliches gesehen, das durch die Gegend lief wie ein hyperaktives Huhn.

„Ach Gott Schatzi, das ist sicher alles ganz spannend für dich. Ich weiß noch, wie ich damalsmeine Gemeindegruppe wechseln musste und..., ach was red ich da...",Ms Glasborner legte mehrere Blätter auf den Tisch und schüttelteden Kopf, „du kommst ja aus Israel, nicht aus der nächsten Gemeinde. Was für ein aufregendes Land. Nun denn hier sind all deineUnterlagen, dann bring ich dich noch in deine Klasse, während wir uns noch ein bisschen nett unterhalten..." Ziva schaltete ab, schlurfte Ms Glasborner Korridore hinterher ohne auch nur ein Wort zuverstehen was sie sagte. Sie war so in Gedanken versunken, dass sie fast in die Sekretärin hineinlief, die plötzlich vor demKlassenzimmer 119 stehen geblieben war. „So da wären wir." Ms Glasborner zuckte erregt mit den Augenbrauen. „Dein Klassenlehrer ist Mr Gibbs. Er ist ganz neu und es gehen Gerüchte um er sei ein ehemaliger Marine, ein richtiges Schnittchen..." Bevor sie wieder in ihr eintöniges Gequatsche übergehen konnte schob sich Ziva an ihr vorbei und stieß die Tür auf.

Broken Children ( Ncis Highschool Story)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt