24. November 2018

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24. November 2018, 12.34 Uhr, Bibliothek


"I've honestly never seen you in the library before", sagte Alexa, "Especially on a saturday,"

"I study sometimes", log ich und klappte mein Buch über... keine Ahnung worüber, ich hatte es nur als Alibi vor mir liegen gehabt, zu.

"Sure?"

"Yeah. Except for today. Today I'm here because Jesús is still having Sex with that annoying chinese girl and she is literally screaming. Jesús is either very good or freaking horrible."

"I know. I mean, I'm here a lot, but today I'm here for the same reason." Ich lachte und rieb mir die Augen. 


"You think they are finished now? I really need some sleep."

"Why? Are you going party tonight?" Missbilligender Gesichtsausdruck. 

"It's saturday, the ideal night to party. But no, I don't want to. I'll read or sleep or watch another episode of Gilmore Girls." Alexa runzelte die Stirn. Ich lächelte scheinheilig.

"You're serious? You're not partying today?" Seltsam, das Mädchen. Feier ich, passt es ihr nicht, feier ich nicht, passt es ihr auch nicht.


"I'm on my period and it's one month until christmas, so I'm not in the mood for anything."

"Too many details. And if you are home, would you mind cleaning the bathroom? I'm the only one to do that in forever."

"I haven't even lived here for three months, hon."

"Whatever. I've got some actual learning to do, instead of just pretending."

"Love you to", rief ich ihr hinterher.


Unser Verhältnis hatte noch Luft nach oben. Ich mochte Alexa nicht, wenn sie begann, zu meckern.


***


Tagebucheintrag, 24. November 2018, 15.44 Uhr, Zimmer


In nicht einmal einem Monat würde ich Zuhause sein. Zuhause? Das hatte schon immer komisch geklungen. Ich bezeichnete meine WG als Zuhause, aber würde ich umziehen, hätte ich nach knapp einer Woche ein neues "Zuhause". "Home is where my heart is" und so. Ich glaube, ich habe kein Zuhause. Ich habe mich.


Eigentlich wollte ich joggen gehen, aber es regnet. Ich hasse Regen. Nicht immer, aber oft. Und die Tage werden dunkler. Sie werden schon seit einer ganzen Weile dunkler und das hasse ich auch. Und zwar immer. Ich kann morgens nicht aufstehen, ich weiß nie, ob es 17 oder 23 Uhr ist und alles ist doof. Die Sonne geht heute um 16.15 Uhr unter. Noch eine halbe Stunde, bis es dunkel ist.


Und eigentlich könnte ich heute feiern gehen, aber ich will nicht. Sem hat mich eingeladen, Jesús (Sex ist endlich vorbei) auch. Ich habe beiden abgesagt. Vielleicht mache ich wirklich was für die Uni. Vielleicht bleibe ich bei den Gilmore Girls. Obwohl mir nicht gefällt, was die Gilmore Girls mit mir machen. Ich bin fast fertig mit der ersten Staffel und mein Sinn für unnötiges Drama und lächerliche Missverständnisse steigt. Oh und abgesehen von Luke und Dean ist ja irgendwie jeder unausstehlich. Wirklich. So wenig nette Personen. Kirk ist in Ordnung, Sookie auch. Die versuchen wenigstens keine Egoisten zu sein, sind dafür aber unsagbar anstrengend.


Ich bin für morgen mit François verabredet. Dass Benny keine Petze ist, hat mich motiviert. Außerdem ist es schön, mit François zu kiffen und zu schwimmen. Das lass ich mir doch nicht von einem One-Night-Stand (tut mir nach wie vor Leid, Noah) kaputt machen. Und da François auch motiviert war, mit mir schwimmen zu gehen und meine zehntägige Abwesenheit galant übersehen hat, macht es besser. Ich glaube, er hat wirklich keinerlei romantisches Interesse an mir. Er schwimmt und kifft einfach nur gerne - genau wie ich. Ich sollte auzufhören, davon auszugehen, dass alle Kerle was von mir wollen. Das ist auch erst so, seit ich keinen Freund habe. Ich bin nicht für das Single-Leben gemacht, aber abgesehen von dem sehr verschwundenen Elliott habe ich definitiv noch keine große Liebe hier gefunden.


Ich bin nicht bereit für Weihnachtsstimmung.


***


Tagebucheintrag, 24. November 2018, 16.17 Uhr, Zimmer


Die Sonne ist seit zwei Minuten offiziell untergegangen und dementsprechend ist mein Körper jetzt der Meinung, dass Abendbrotzeit ist. Ich mach einfach irgendwas Krasses, dann muss ich vorher einkaufen gehen und brauch eine Weile zum Kochen und dann ist es bestimmt auch nicht mehr so früh. 


Ich überlege, mich im Fitnessstudio anzumelden. Bewegung ist nämlich im Winter viel schwieriger als im Sommer. Ich überlege auch, mir einen Job zu suchen, denn mein erster Urlaub für die Semesterferien steht jetzt auch. Österreich. Après-Ski. Und ein bisschen fahren vielleicht auch. Dieser Urlaub hat mehr Tradition als meine Heimatbesuche über Weihnachten. Aber ich freue mich. Meine Berliner Jungs fehlen mir doch irgendwie. Meine Motivation steigt trotz des frühen Sonnenuntergangs. Vielleicht geh ich nachher noch ins Nickle's. Clara hat heute Schicht und ist inzwischen sehr nett. Ja. Nach dem Essen noch ein männliches Feierabendbier und dann war mein Tag gar nicht so unproduktiv. Und wer weiß, vielleicht taucht Elliott ja auf. Wow, mit einem Mal hat der Abstecher ins Nickle's wieder seinen bitteren Beigeschmack.

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