Kapitel 17

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Der Angesprochene richtet sich noch etwas mehr auf und ließ seinen Blick kurz über seine Umgebung schweifen bevor er seinem Vater fest in die Augen sah und sagte: "Vater, darf ich euch vorstellen: Fiona Mackinnon, meine mir rechtmäßig angetraute Ehefrau."

Und dann war der Teufel los.

Laird Mackinnon lief dunkelrot an vor Wut und eine Ader begann bedenklich an seiner Schläfe zu pulsieren, während seiner Frau die Tränen über die Wangen liefen.

Hinter mir hörte ich Angus die fürchterlichsten Flüche ausstoßen, Rory trat noch ein wenig näher an mich heran und Kierans Hände waren zu Fäusten geballt.

Und ich fühlte einfach gar nichts. Ich nahm all dies um mich herum wahr, doch in meinem Geist herrschte unbeschreibliche Leere.

Ich konnte nicht sagen, welcher Moment schlimmer war: meine vollkommene, gefühllose Starre oder als mein Oberstübchen seine Tätigkeit wieder aufnahm und mir die volle Tragweite der Situation Bewusst wurde.

Nein, das durfte einfach nicht wahr sein!

Bilder von Dianes strahlendem Gesicht, als ihr Liebster um ihre Hand angehalten hatte, tauchten vor meinem inneren Auge auf und wie überglücklich sie am Tag ihrer Hochzeit war.

Meine Atmung beschleunigte sich und ich merkte, wir mir das Blut aus dem Gesicht wich.

"Bist du denn von allen guten Geistern verlassen, Junge?!", brüllte da Laird Mackinnon los.

Der Übeltäter versuchte sich noch etwas größer zu machen und blickte seinem Vater fest in die Augen und brüllte ebenso laut zurück: "Du hast mir praktisch keine Wahl gelassen! Mit dem Versprechen, das du diesem englischen Grafen gegeben hast, hättest du meine Zukunft ruiniert. Ich heirate doch keine Engländerin!".

Während sich Vater und Sohn anschrien, begann Lady Mackinnon immer heftiger zu schluchzen und Fiona wurde immer blassen und schrumpfe am Arm ihres Gemahls in sich zusammen.

Um uns herum waren sämtliche Arbeiten zum Erliegen gekommen und alle verfolgten gespannt das epische Drama, das sich zwischen Vater und Sohn direkt auf dem Burghof abspielte.

Ich verspürte den großen Drang mich hinzusetzen oder mich zumindest irgendwo anzulehnen.

Da ergriff eine feste Hand meinen Arm und hakte diesen bei sich unter. Langsam löste ich meinen Blick von den Streitenden und sah zu der Person auf, die mich stütze.

Mit grimmiger Miene und angespanntem Kiefer schaute Kieran zu mir herab.

Dankbar lehnte ich mich an ihn und schloss kurz meine Augen.

Die Demütigung in meiner Rolle als verschmähte Verlobte, die mitleidigen Blicke und Camerons harsche Worte waren mir vollkommen gleichgültig.

Welche Gedanken mich fast in die Knie zwangen, waren die an meinen Vater und seine Reaktion auf das Geschehene.

Es würde keine Abschrift der Hochzeitsurkunde geben, die Laird Mackinnon meinem Herrn Papa versprochen hatte. Und es wäre meinem Vater auch vollkommen gleichgültig, dass ich nicht die geringste Schuld an dieser Situation trug.

Ich wurde noch ein wenig blasser, als mir all die Möglichkeiten einfielen, wie er Dianes Leben und auch dem der Mackinnons übel zusetzen konnte.

Denn seine Wut darüber, dass Laird Mackinnon vertragsbrüchig geworden war und eine seiner Töchter keine gute Heiratspartie zu seinem Vorteil machen konnte, würde fürchterlich sein.

Ich hatte keinen Zweifel daran, dass er mich nicht zurücknehmen würde. Nein, nach England in das Haus meines Vaters zurückzukehren stellte keine Option dar. Nicht wenn ich eine Woche lang ohne weibliche Begleitung nur in Gegenwart der "wilden Schotten", wie mein Drache von Stiefmutter sie genannte hatte, unterwegs war.

Als der Laird mit gefletschten Zähnen wutentbrannt auf Cameron zutrat, nahm ich all meine Willenskraft zusammen und versuchte wieder auf eigenen Beinen zu stehen.

Ich drückte leicht Kierans Arm, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen. Mit finsterem Gesichtsausdruck wandte er sich mir zu.

"Vielleicht solltet Ihr einschreiten, bevor sich Vater und Sohn noch vor aller Augen an die Gurgel gehen", versuchte ich mit fester Stimme zu sagen, doch was aus meinem Mund kam war ein zittriges Flüstern.

Einen Moment lang war ich wie gefangen von den dunklen Augen meines Reisegefährten. Kieran musterte mich noch kurz, bevor er leicht nickte und meinen Arm wieder sachte an meine Seite führte. Nach einem letzten prüfenden Blick, wohl um sicher zu gehen, dass ich auf sicheren Beinen stand, schritt er schnell auf den Laird und Cameron zu, die nur noch wenige Zentimeter trennten.

Energisch trat er auf die kleine Gruppe zu und schob die beiden Streitenden auseinander. Er positionierte sich zwischen ihnen und unterbrach so den bitterbösen Blickkontakt. Leise redete er auf den Laird ein und deutete erst mit ausladender Geste auf die Umstehenden und dann nach ein paar weiteren Worten auf die Burg.

Am ganzen Körper zitternd und mit knirschenden Zähnen zischte der Laird: "Cameron, in mein Arbeitszimmer. Rory, bring Lady Allan auf ein Zimmer. Und der Rest trollt sich!".

Um mich herum begannen alle in größter Eile das Weite zu suchen. Auch die drei Rüpel machten sich unter Fluchen und Gemurre rar.

Immer noch kochend vor Wut drehte sich Cameron um und stampfte mit seiner Ehefrau am Arm in die Burg und verschwand in ihrem Inneren.

Lady Mackinnons Schluchzer waren einem leisen Schluckauf gewichen. Trost spendend, legte der Laird seiner Frau einen Arm um die Taille und zog sie beschützend an sich, als die beiden gefolgt von Kieran ebenfalls Richtung Burg gingen.

Da hakte mich Rory unter und wir machten uns ebenfalls auf den Weg.

Mein junger Reisegefährte führte mich gefühlt unzählige Gänge und Treppen entlang, bevor er vor einer dunklen Holztüre stehen blieb und diese für mich öffnete.

Doch allein der Gedanke daran auch nur einen Fuß in diese Kammer zu setzten, war mir unerträglich.

"Bitte schickt mich nicht in eine Kammer wie ein ungezogenes Kind. Vor allem da ich nichts Falsches getan habe!", sagte ich mit energischer Stimme.

Im nächsten Moment schloss ich die Augen, um mich zu sammeln und wieder zu beruhigen.

Meine Gefühle ob dem fürchterlichen Schlamassel brodelten immer noch direkt unter der Oberfläche. Doch es war nicht im mindesten Gerecht diese an Rory auszulassen.

"Bitte schickt mich nicht in diese Kammer", flüsterte ich und musste schwer schlucken.

"Gibt es einen kleinen Garten hier, zu dem Ihr mich führen könnt? Ich verspreche keine Dummheiten zu machen. Ich würde jetzt einfach gerne allein sein, umgeben von ein wenig Grün."

Mitfühlend musterte mich Rory, doch er war sichtlich hin- und hergerissen. Ich konnte klar in seiner Mimik lesen, dass er meiner Bitte nachkommen wollte, doch er musste den Befehl seines Lairds Folge leisten.

Und da kam mir ein Gedanke.

Ich straffte meine Schultern und betrat entschlossen die Kammer, bevor ich schnurstracks wieder hinausging.

"Vielen Dank Rory, dass Ihr mich auf mein Zimmer gebracht habt. Würdet Ihr nun so gut sein und mich zu einem Garten führen?".

Verdutzt blickte mich der junge Mann aus großen Augen an, bevor er zu glucksen anfing und mir dann seinen Arm hinhielt.

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Es bleibt spannend wie es weiter geht ;D

Ich versuche zukünftig immer Mittwochs ein Kapitel online zu stellen.

Ich freue mich von euch zu lesen!

Eure love_to_read2014

Allana - Das VersprechenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt