Thalias stärkstes Schulfach war Sexualkunde?!

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Seufzend erhob sich Thalia von ihrem Stuhl und ging zu der Küchenanrichte, die notgedrungen in den kleinen Raum gequetscht worden war. „Möchtest du auch etwas trinken?" Sie setzte den Teekessel auf die Herdplatte und lehnte sich an die Wand. Wenn der Schatten so auf ihr Gesicht fiel und die Falten verbarg wirkte sie fast wieder jung. Nicht wie das vierjährigeMädchen dass sie beschrieben hatte, aber Sally sah durchaus einen wilden rebellischen Teenager in Thalias Haltung. Die Lederarmbänder mit denen sie früher immer herum gelaufen war, hatte sie schon lange abgelegt, die Haaren waren nicht mehr kurz geschnitten und sahen auch nicht mehr aus als sei Thalia eben vom Blitz getroffen worden. Doch sie hatten immer noch einen gewissen alten Glanz. Natürlich war das Schwarz inzwischen von grauen Strähnen durchzogen, die Haut faltig, man konnte nicht bestreiten, dass Thalia Grace alt geworden war. Aber man konnte eben auch nicht verleugnen, dass sie einmal die wild aufbrausende Tochter des Zeus gewesen war, von der Sallys Oma immer schmunzelnd erzählte. Das einzige was sie noch nicht abgelegt hatte war der schwarze Eyliner, der wenn die alte Frau lächelte sich wie Sturmwolken um ihr elektrisch blauen Augen kräuselte. „Ne lassmal, danke." Sally schwang ihre Füße auf den Tisch und wartete das ein tadelnder Kommentar kam, aber Thalia schien das nicht weiter zustören. „Zeus kam wieder? Götter kommen nie wieder und warum war das etwas schlechtes?"

„Es war auch nichts schlechtes. Zuerst... Mom und ich hatten einige ziemlich wilde Jahre hinter uns. Es wäre ungerecht Zeus alles in die Schule zuschieben... Beryl war eine kleine Berühmtheit und das gefiel ihr. Sie liebte dieAufmerksamkeit, ob sie nun von Zeus oder den Klatschblättern kam. Positive und negative. Nur irgendwann war es halt zu viel des Guten." Thalia nahm das kochende Wasser vom Herd und goss es auf einen Teebeutel in ihrer Tasse. „Sicher das du keinen willst?" „Ja, ich bin ja überrascht dass du dir keinen Wein ein schüttest, wo wir hier anscheinend in der: Ich mache meinen Körper kaputt Hütte sitzen."Thalia schmunzelte und setzte sich wieder an den Tisch. Die Hände um das Getränk gelegt betrachtete sie Sally lange. „Ich trinke nicht. Eine Sache hat mir meine Mom wenigstens beigebracht. Das Rauchen scheint dich echt zu stören, was?"
„Nein...", es klang trotzig, als würde Sally etwas auf der Zunge liegen. Sie aber an dieWorte ihrer Oma denken musste, die sie gemahnt hatte nett zu dieser alten Frau zu sein. Thalia wartete mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Doch. Ich mein ja nur. Du beschwerst dich über deine Mom, sagst dass du ihretwegen nicht trinkst und dass du niemals so werden willstwie sie. Zumindest klingt es so. Ich sage nicht dass dus geworden bist. Aber wo ist der Unterschied zwischen Zigaretten und Alkohol?" Eine Weile schien Thalia diese Worte im Kopf abzuwägen, dann nickte sie und warf die Zigarettenschachtel über die Schulter auf die Anrichte. Mit großen Augen, beobachtete Sally wie sie perfekt neben der Kaffeemaschine zum Stehen kam.
„Der Unterschied war für mich immer, dass ich wenn ich Rauche niemandem aktiv schade. Dass ich immer noch ich selbst bin und nicht... Du bist noch nie einem richtigen Alkoholiker begegnet oder?" „Ein paar aus meiner Schule trinken manchmal am Wochenenden auf Partys, dabei sind die noch nicht mal achtzehn Jahre alt."
„Das ist etwas anderes, so lange sie es nur am Wochenende machen. Was nicht heißt, dass du das auch machen kannst!", mahnend ob sie den Zeigefinger, „Aber für dich lass ich die Zigaretten das ganze Wochenende weg. Wenn ich es nicht schaffe kannst du Anni sagen dass ich abhängig bin und dann wirst du eine Predigt hören, die jeden katholischen Dorfpfarrer eifersüchtig machen wird. Es ist nichts schönes mit einer Alkoholikerin zusammen zu leben. Wirklich nicht. Es fing unschuldig an. Damit dass sie am Abend nicht mehr auf das Bier verzichten konnte. Ging weiter damit dass es auch Nachmittags nötig wurde, immer ein bisschen mehr, immer ein bisschen öfter. Solche Vorfälle wie an diesem Wochenende häuften sich, weniger extrem anfangs, aber Beryl war immer Party machen. Beinahe glaube ich sie mochte es wenn Schlagzeilen über sie kamen. Ich habe so viele Männer in unser Haus rein und rausschlittern sehen, dass ich mich alleine durchs Zuschauen ein wenig entjungfert fühlte." Sally verzog angewidert das Gesicht.
„Japp, ich war nicht die stärkste Schülerin, man glaubt es kaum ich weiß. Aber in Sexualkunde, da wurde ich aus der Klasse geschickt, weil ich so viel mehr wusste als die anderen Kinder dass es unfair ihnen gegenüber war." Stolz nickte Thalia und nahm einen Schluck von ihrem Tee.
„Du weißt schon dass du vermutlich einfach Geschichten erzählt hast, die für Kinder deines alters nicht angebracht waren und du deswegen raus gehen musstest?"
„Neiin... Meine Mutter wurde zumSchulleiter gerufen, weil ich so... oh."
„Mhm", Sally blickte sie entschuldigend an.
„Aber sie hat mir gesagt dass sie geholt wurde, weil ich so viel wusste und dass man mit so einemWissen nicht angeben darf..."
„Ist dir schon mal in den Sinn gekommen, dass deine alkoholabhängige Mutter, die an dieser... Wissensanreicherung maßgeblich beteiligt war, nicht die vertrauensvollste Quelle seien könnte." Thalia öffnete den Mund um zuwidersprächen. Schloss ihn jedoch wieder und beschränkte sich darauf an ihrem Tee zu nippen.
„Wer war noch gleich überrascht dass du nicht die stärkste Schülerin warst?"
„Darum geht es hier nicht! Wir haben über Alkohol geredet und warum DU ihn nicht trinken sollst.", unterbrach sie, das Gespräch entwickelte sich in eine Richtung die ihr gar nicht passte.
"Ich hab mal gehört, Drogenabhängige sollte man im Haus lassen, weil sie sonst kriminell werden, aber Alkoholiker muss man raus werfen, weil solange sie an Geld gelangen es kein Aufhören mehr gibt. Keine Ahnung ob das stimmt, aber was hätte ich auch tun sollen. Ich konnte ja schlecht meine eigene Mutter raus werfen. Es dauerte etwas mehr als zwei Jahre bis wir pleite waren. Ich weiß wirklich nicht wo dieses ganze Geld hin ist, so viel kann kein Mensch in zwei Jahren trinken. Aber es war weg und wir mussten in eine kleine Mietwohnung am Stadtrand ziehen. Das war das Jahr in dem ich auf meine erste Schule kam. Es war erleichternd aus dem Haus zu sein, aber gleichzeitig auch beängstigend. Manchmal kam ich Mittags heim, meine Mutter war weg und ich wusste nicht ob sie wieder kam. Manchmal blieb sie Tage lang fort und dann wiederum gab es Zeiten da verließ sie das Wohnzimmer nicht mehr. Lag auf dem Boden wie ein Baby und ließ ihre Nuckelflasche nicht mehr los. Die Rollen drehten sich um. Ich war die Mutter und sie die Tochter. Ich machte uns Essen, kaufte größtenteils ein, damit etwas anständiges im Haus war, wusch die Wäsche und sie. Das einzige was mich ablenkte war kämpfen. Ich kämpfte in jeder freien Minute die ich finden konnte, aber ich wusste dass es nicht genug war um meinen Vater stolz zu machen. Es war dumm ich weiß, aber auch damals noch hing ich verdammt an der Vorstellung, dass er und Beryl wieder zusammen kommen würden. Dass wir wieder eine Familie wurden und dass klappte nur dachte ich, wenn mein Vater es wieder ertrug, dass ich seine Tochter war. Ich lernte nicht nur mit Speer und Schild zu kämpfen, ich brachte mir auch alles über griechische Mythologie bei. Stunden verbrachte ich in der Schulbibliothek und weil ich Legastheniekerin war und so sehr ich mich auch bemühte es nicht schaffte wirklich zu lesen hörte ich mir alle Kassetten an die ich finden konnte. Der Bibliothekar war wirklich nett: Bis er versuchte mich aufzufressen... So kam es, dass ich von meiner ersten Schuleflog. Es muss wohl irgendwo eine Leitung durchgebrannt sein und man munkelt, man habe gesehen wie ich den netten Herrn Atzma aus dem Fenster stieß. Ups."
„Hast du?", fragte Sallybegeistert.
„Eigentlich wollte ich ihn aufspießen, aber der Schlag saß nicht richtig, drum stolperte er nur ungeschickt. Es war mir etwas peinlich.", Thalia zupfte verlegen an den Rändern ihrer Ärmel. „Auf jeden Fall, bin ich auf eine andere Schule gekommen und das war mein Glück. Denn dort konnte man selber Kassetten mitbringen und in den Walkmans anhören. Irgendein Idiot musste wohl seine vergessen haben und als ich auf play drückte ertönte der süßeste Klang den man sich vorstellenkann. Ich hörte meine ersten Zeilen Green Day. Das war mein Leben damals Schule, Lehrer nerven, kämpfen, griechische Geschichte, Musikhören und mich dann um mein geliebtes Mütterchen kümmern. Ich hatte alles unter Kontrolle, solange ich mich strikt an meine Regelnhielt:

streite nicht mit Mom wenn sie betrunken ist

mach die Wäsche rechtzeitig sonst stinkst du

wenn du stinkst wirst du in der Schule gemobbt

schlage niemanden der dich in der Schule mobbt, sonst fliegst du (war übrigens der Grund für meinen zweiten Schulverweis)

Lass kein Geld offen rumliegen

Sag nichts unangebrachtest zu Moms Freunden

trage immer mindestens ein schwarzes Kleidungsstück

sowas und andere überlebenswichtige Dinge standen darauf. Und das ging gut, bis es am dreiundzwanzigsten Dezember an unserer Tür klingelte. Es war der Tag nach meinem Geburtstag, den meine Mutter nicht vergessen hatte. Sie wollte mit mir ausgehen, aber der Barbesitzer hatte mich nicht rein gelassen, weil noch nicht achtzehn und so. Deswegen gab es eine kleine Party, mit unschönen Vorwürfen in unserem Wohnzimmer.
Ich hatte fast alle Überreste entfernt, bis auf meine Mutter, als die Klingel läutete. Die Hand an meinem Speer bereit ihn hervor zu ziehen öffnete ich die Tür. Kein Mensch war so dumm Familie Grace an einem Sonntag zu besuchen. Außer das Sozialamt, die Polizei oder Monster. Aber vor der Tür stand ein Mann in teurem Anzug, die Haare ordentlich gekämmt und mit gepflegtem Bad. So etwas niveauvolles hatte ich noch nie in unserer Sozialwohnung gesehen. Und dennoch kam mir der Mann wage bekannt vor. „Salve Thalia." Ich war kurz davor in anzuschnauzen, dass wir keine Salbe kaufen und er sich verpissen sollte, da blickte ich ihm in die Augen. Die Luft war erfüllt von dieser puren Spannung von der ich nie sagen kann ob nur ich sie spüre.„Du bist noch am Leben, mein Kind. Das freut mich." Klappernd viel mir das Holzkästchenaus der Hand zu Boden. Der Mann ging in die Knie, hob es auf und drückte es mir in die Hand. „Lass deine Waffen nicht fallen, ich hab dir besseres beigebracht." Ich wollte ihm den Speer ins Gesicht rammenund schreien, dass ER mir gar nichts beigebracht hatte. Aber auf halber Strecke gingen mir die Worte verloren und stattdessen brach nur ein geschocktes „Dad?" aus mir heraus. Beinahe wäre ich ihm um den Hals gefallen, aber dann hörte ich meine Mutter im Hintergrund rülpsen und mir fiel wieder ein, wie oft ich in den letzten Jahren zu ihm gebetet hatte und kein einziger verdammter Gott, von den tausenden die da oben offenbar herum schwirrten, es für nötig gehalten hatte zu antworten. Also reckte ich nur stolz mein Kinn und sagte: „Danke für den Speer und den Schild."
„Das istdoch selbst verständlich." Ich hätte kotzen können: Selbstverständlich lasse ich dich alleine zurück, aber stirb ruhig im Versuch dir beim Anblick einer geköpften Frau nicht in die Hose zu machen. Oh, du hast es nicht geschafft? Verkackt würde ich  sagen... Haha Wortspiel!
Aber Zeus schien meinen Ärger nicht zu bemerken, er legte mir väterlich eine Hand auf die Schulter was sehr irritierend war und führte mich in die Wohnung. „Jetzt lass uns erst einmal nach deiner Mutter sehen."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 22, 2019 ⏰

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