Kapitel 6.

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Er:
Eine durch Wut geführte Faust trifft mich frontal direkt ins Gesicht. Während ich durch den Rückschlag gerade mehrere Meter zurück Richtung Wald geworfen werde frage ich mich, wann mich zuletzt etwas so starkes wortwörtlich aus der Bahn geworfen hat.
Mein Körper prallt gegen einen Baum. Instinktiv schnelle ich wieder auf die Beine und begebe mich in Kampfhaltung, auch wenn meine Gedanken um Anerkennung für Aurelia, Wut über mein Unvermögen den Schlag abzuhalten und die Tatsache Kreisen, dass ich mich erstaunlich stark zu ihr hingezogen fühle.
"Warte! Ich will dir das Alles hier erklären!"
Rufe ich ihr entgegen.
Aber mir war natürlich klar, dass dieses verrückte Weib in ihrem Aktuellen Zustand nicht aufzuhalten ist. Hab' ja genug Zeit mit ihr zusammen verbracht.
Dem nächsten Schlag kann ich knapp ausweichen und fühle schon etwas Selbstbewusstsein zurückkehren, als dieses Biest plötzlich einen Schrei loslässt und sich in ihrer rechten Hand ein Schwert aus Flammen materialisiert.
Mir fehlt aktuell einfach die Kraft um ihr entgegen zu wirken und so entscheide ich mich für die einzig richtige Wahl:
Ich hebe die Arme und sage: "Du hast gewonnen Aurelia, ich sage dir wo Katharina ist und wo sie deine Nichte hingebracht haben."
Simsalafuckingbim.
Sie hält in ihrer Bewegung inne, mit dem Flammenschwert über ihrem Kopf und bereit mir damit vermutlich den Kopf abzuschlagen.
"Beruhig dich! Du hast die Verwandlung noch nicht richtig überstanden und wenn du jetzt weitermachst dann wird es nachher noch schmerzhafter."
Ich versuche sie zu besänftigen, lasse aber zur Sicherheit die Arme über dem Kopf.
Ihre Augen starren mich nieder aber so etwas wie Erkenntnis beginnt ihren Blick zu klären.
Mit einem kurzen Nicken lässt sie das Schwert verschwinden und bricht vor mir zusammen.
"Das ist sie also." Sagt die Elbe von vorhin hinter mir.
"Interessant. Sie scheint ganz nach ihren beiden Großvätern zu kommen."
Fragend drehe ich mich zu ihr um:
"Was meinst du denn damit? Du kanntest ihre Familie?"
Sie kommt langsam näher und kniet sich neben das Vamirpmädchen das schon dabei ist Aurelia die Haare aus der Stirn zu streichen und ihre Wunden zu untersuchen.
Als die Elbin dazu kommt hält auch sie inne "Auri kannte ihre Familie kaum sie ist bei ihrer großen Schwester aufgewachsen und ihre beiden Eltern sind schon seit 10 Jahren verstorben! Wie soll das hier zusammenhängen?" Sagt sie und zeigt auf Aurelias schwarze Hörner.
"Wir hätten das Früher kommen sehen müssen." Sie schüttelt ihren Kopf.
"Lasst mich euch das Geheimnis unserer beider Welten erzählen:"

Sie bettet Aurelias Kopf vorsichtig auf ihrem Schoß, streicht ihr das lange Haar aus dem Gesicht und beginnt mit ihren Fingern vorsichtig über die Narbe in Ihrem Gesicht zu fahren.

Es war einmal vor langer langer Zeit eine Welt unendlich groß und gefüllt mit verschiedensten Existenzen.
Riesige Berge zierten die westliche Hälfte dieser Welt und aus eben diesen Bergen sind die Urdrachen entstanden.
Die östliche Hälfte war durchzogen von Wäldern mit Bäumen so hoch wie die Atmosphäre selbst. Dort wurden die Elben und Feenwesen geboren.
Der nördliche Teil dieser Welt wurde von den Schneewesen bewohnt die aus dem ewigen Eis entstanden sind.
Im Süden dieser riesigen Welt lebten die Menschen Seite an Seite mit dem was ihr als "Engel" bezeichnet.
Größtenteils herrschte Frieden unter den verschiedensten Völkern.
Die Mächte waren ausgeglichen, lediglich die Menschen litten unter ihren mächtigen Mitbewohnern. Auf diesem Planeten werden die Engelwesen als bahnherzige Wesen verehrt, doch hielten sie die Menschen in unserer Welt als Sklaven.
Als einst einer der Urdrachen, Rhydin der Tödliche, König der Drachen, das Reich der Menschenwesen aufsuchte, ließ er sich in einer der Hauptstadt nahegelegenen Höhle nieder. Er war dem Ruf der Engelskaiserin gefolgt denn diese war bekannt dafür mit atemberaubender Schönheit gesegnet zu sein, sowie magische Tauschgeschäfte anzubieten.
Normale Menschen mieden die von Rhydin besetzte Höhle und so verbrachte er die Tage bis zu seiner Audienz in Frieden, bis eines Abends ein kleiner Schatten über den grünen Hügel huschte und direkt auf ihn zukam. Es war ein junges Menschenmädchen, über und über mit Blut beschmiert und gehüllt in zerissene Fetzen. Als sie vor der dunklen Öffnung halt machte wirkte sie vorerst verängstigt. Rhydin beobachtete sie aus dem Schatten heraus: was hatte dieser Mensch vor?
Im nächsten Moment schlug sie sich mit beiden Handflächen auf ihre Wangen, straffte die Schultern und rief:
"Hey du dummer Drache, zeig dich mir!"
Erstaunt ließ Rhydin Rauch durch seine Nüstern entweichen. Mit 2 schweren Schritten trat er aus der Dunkelheit hervor und baute sich vor diesem winzigen Wesen auf.
"Ich habe eine Bitte an dich."
Fuhr dieser kleine Wicht unbeirrt fort. Mit festem Blick und ohne zurück zu weichen kam sie noch einen weiteren Schritt auf ihn zu.
"Töte mich. Fress mich. Ich weiß an mir ist nicht viel dran aber bitte, schenk meiner Seele die Freiheit. Wenn ich zurückgehe werden sie mich holen." Was treibt einen so jungen Menschen wohl dazu vor einen Drachen zu treten und diese abscheuliche Bitte zu äußern?
Abwartend blickte sie weiterhin zu ihm auf.
"Wieso sollte ich deiner Bitte folge leisten? Ich töte wenn ich will und nicht wenn mich ein Häufchen Elend wie du darum bittet." Er sprach in der tiefen und vibrierenden Stimme der Drachen doch selbst davon ließ sie sich nicht beirren.
"Heute Nacht wurde ich bereits von 8 Männern geschändet. 5 weitere warten hinter diesem Hügel auf meine Rückkehr. Meine Familie hat mir den Rücken gekehrt uns das Ganze wird von meinem ältesten Bruder angeführt. Ich wurde mit schwarzem Haar geboren und ziehe somit den Hass der Engel auf mich und meine Familie. Wenn du mir nicht einen schnellen Tot bescherst, dann werden es die anderen weitaus langsamer tun."
Grausam dieses Menschenvolk. Geblendet von einer falschen Liebe die sie sogar dazu anstiftet, ihresgleichen zu misshandeln. Je länger er das zerbrechliche Wesen vor sich betrachtete...
"Komm her kleiner Mensch. Bevor ich dich fresse, will ich deine Geschichte hören."

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