Die Sache mit der Oberflächlichkeit

12 0 0
                                    


Dass die Menschheit oberflächlich ist, brauche ich glaube ich niemandem zu sagen. Aber dass mein ganzes Sein in Assoziation mit dem Gefallen des anderen Geschlechts gebracht wird löst mit der Weile eine bekannte Aggression in mir aus. Wie oft musste ich mir anhören „du weißt aber, dass das nicht so gut bei Männern ankommt, die mögen lange Haare meistens lieber". Oh echt? Was? Scheiße, muss ich mir jetzt Extensions kaufen? Nein im Ernst, schon mal auf die abwegige Idee gekommen, dass es mir egal ist? Dass ich möglicherweise für mich lebe und auch in erster Linie mir selbst gefallen möchte, und mir nicht bei jeder meiner Entscheidungen die Meinung des allgemeinen Schönheitswahns einhole. Wahrscheinlich eher nicht. Das interessante ist, wenn ich das erwidere verstummt mein Gesprächspartner des Öfteren, anscheinend haben sie tatsächlich nicht daran gedacht. Ich habe das beschleichende Gefühl, dass vor allem von dem weiblichen Geschlecht erwartet wird, dass sie alles an ihrem Aussehen der Partnersuche widmen. Das haben denke ich, schon immer alle im Hinterkopf gehabt, aber das erste Mal richtig bewusst wurde mir das, als ich aufhörte mir die Beine zu rasieren. Ja, okay nehmt euch einen Moment, eine junge Frau mit der Beinbehaarung ihres Vaters. Manche würden jetzt sagen, ist doch kein großes Ding, sind halt nur Haare, ihr seid diejenigen, die tatsächlich im 21. Jahrhundert angekommen sind. Den Gedanken hatte ich auch anfangs. Ich hatte keine Motivation mehr jedes Mal zwanzig Minuten länger in der Dusche zu brauchen und mein Outfit für den nächsten Tag zu überlegen, kurze Hose, ja nein? Muss ich dementsprechend meine Beine rasieren? Und wenn es dann unerwartet doch warm ist und man die Beine nicht rasiert hatte, musste man qualvoll in seiner langen Jeans verenden. Also meine Entscheidung: lass ich es doch einfach ganz, interessiert doch sowieso niemanden. Nicht ganz, anscheinend haben eine Menge Leute einiges zu meinen Beinen zu sagen. Eine der häufigsten Reaktionen ist das wie vorhin beschriebene „Damit bekommst du doch keinen Freund". Ja danke dafür, auf so eine oberflächliche Person, die seinen Gegenüber über seine Beinbehaarung definiert kann ich gut und gerne verzichten. Der Kommentar der auch ganz vorne im Rennen ist, ist ob ich lesbisch bin. Genau, ich definiere meine Sexualität über meine Körperbehaarung. Mehr sage ich dazu nicht, ich hoffe ihr hört den Sarkasmus, gut dass wir drüber geredet haben. Ich finde es unheimlich, dass solche einfachen, unbedeutenden Dinge hochgeschaukelt und analysiert werden, bis es einen vollständigen Steckbrief über „die mit den Beinhaaren" gibt. Aber ich kann euch beruhigen, nicht alle Kommentare beziehen sich auf meine Sexualität oder die Wahrscheinlichkeit mir damit jemanden zu angeln. Der Großteil der Reaktionen ist einfach ein ungläubiges „Aber warum?". Und damit meine Damen und Herren habe ich unsere Gesellschaft recht passabel zusammengefasst. Ihr denkt jetzt vermutlich ich bin einfach eine zu extreme Feministin, die zur Männerhasserin mutiert ist. Nicht ganz, ich bin einfach leidenschaftliche Misanthropin.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 23, 2019 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

I don't have time for idiotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt