Das Geständnis

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Er lag auf dem Boden, kaum fähig, sich zu rühren, denn sein schwarzer Hogwarts-Umhang hatte sich um seinen Körper gewickelt und besonders den rechten Arm schmerzhaft umschnürt. Rasch befreite er sich mit ein paar flinken Drehungen seines Rumpfs, dann setzte er sich auf und tastete mit den Händen über Gesicht und Arme. Erleichtert stellte er fest, dass er wieder er selbst war. Kein Bart, kein Minister-Umhang, kein Stein der Auferstehung. In der Dunkelheit vor sich konnte er den großen Rahmen des Spiegels Nerhegeb erkennen, aber nicht viel mehr. „Lumos", sagte er mit zittriger Stimme und stand mühsam auf.

Neben sich hörte er ein Stöhnen. Gellert krümmte sich auf dem Boden und hielt seinen Kopf, offenbar noch kämpfend mit der zusammenstürzenden Vision. Seine Augen waren weit aufgerissen und stark gerötet vom Wasserpfeifen-Rauch. Albus sah auf ihn hinab und beleuchtete sein verzerrtes Gesicht mit dem Zauberstab. Mitleid wäre in diesem Moment wohl angebracht gewesen, doch er empfand nur Abscheu.

Schnell sah er sich im Raum um. Er musste hier raus.

„Albus ...", hörte er Gellert krächzen, als er sich vom Spiegel entfernte. „Wo willst' denn hin? 'S tut mir leid, hörst? Bleib' da ..."

Da war er wieder, dieser schwingende Akzent. Albus merkte, wie sehr er den vertrauten Klang dieser Stimme in der Vision vermisst hatte, und Selbstekel kam mit dieser Erkenntnis. Er wich weiter zurück.

„Ich muss hier raus", murmelte er und wiederholte es dann lauter: „ICH WILL HIER RAUS!"

Ein knirschendes Geräusch war im Gemäuer zu hören und mit einem Mal tat sich ein Spalt in der Wand neben einer Säule auf. Ein Ausgang! Albus eilte darauf zu, während er aus dem Augenwinkel sah, wie Gellert sich auf alle viere kämpfte. „Albus!"

Er stürzte voran in den Schacht und flüsterte: „Nox!" Das Licht seines Zauberstabs erlosch.

Nach nur wenigen Schritten in der vollkommenen Dunkelheit verlor er den Halt, denn der Gang führte steil abwärts. Er fiel nach hinten um und rutsche auf dem glatten Stein wie in einer Berg-und-Talbahn hinab.

Weiter über sich hörte er ein kratzendes Geräusch, als Gellert den Eingang des Tunnels erreichte. „Albus!", rief er und seine benommene, aber zornige Stimme hallte von den Wänden wider. „Albus Dumbledore, du elendiger Feigling!"

Albus ließ sich nicht zu einer Antwort hinreißen. Er verschränkte die Arme vor der Brust, um seine Geschwindigkeit auf der Bahn zu erhöhen. Gellerts Rufe hallten hinter ihm her und jagten ihm einen Schauer über den Rücken. Er musste um alles in der Welt seinen Vorsprung halten!

Plötzlich endete die wilde Fahrt, und er spürte wieder festen Boden unter den Füßen.

Das ist nicht gut!

Keuchend rappelte er sich auf und stürmte weiter voran. Schroffe Steine lagen nun auf dem Weg, und die Wände des Tunnels schienen enger zu werden. Bald schon war er außer Atem, und sein Umhang verhedderte sich beim Laufen. Er stolperte weiter vorwärts und raffte den Saum, befahl seinen Füßen, schneller zu laufen, auch wenn er nun ein Stechen in der Seite spürte. Da merkte er, dass die Rufe, die in angetrieben hatten, verstummt waren. Hatte Gellert eine andere Abzweigung gefunden und tauchte womöglich im nächsten Moment vor ihm auf?

Weiter! Weiter!

Er lauschte hektisch, während er sich vorantastete. Dann hörte er ein neues Geräusch; eines, das ihm durch Mark und Bein ging: das Krächzen eines Raben.

„Dieser Mistkerl!"

Das Krächzen hallte wie ein Triumphschrei von den Wänden wider. Albus wusste, dass er den bizarren Wettlauf verloren hatte. Er wollte weg von hier, weit weg! Hatte er sich schon weit genug vom Schloss entfernt? Am Ende des Tunnels konnte er plötzlich fahles Licht erkennen. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Just, als er flatternde Flügelschläge hinter sich hörte, disapparierte er.

Summer of '99 - Die Herren des TodesWhere stories live. Discover now