MITTWOCH (14)

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Szene Mittwoch

Personen
Tim
Morice
Jella
Fynn
Kira
Manu

Szenario
Abends, draußen ist es dunkel, es regnet

Tim räumt die leeren Teetassen vom Tisch und trägt sie in die Küche, während Morice sich etwas verlegen von Jella und Fynn verabschiedet, die in der Tür zum Hausflur stehen.
Kira ist draußen auf den Balkon gegangen, durch die Glastür sieht man sie am Geländer stehen.

Morice: Morgen um elf wieder hier?

Fynn: Wird schwierig, ich hab Unterricht...

Tim: Macht nichts, dann schreiben wir eben in die Gruppe, was so läuft. Sei einfach hier, wenn du kannst.

Fynn nickt und wendet sich mit einem schiefen Grinsen an Morice.

Fynn: Und du? Musst du nicht irgendwann auch mal zur Schule, oder bin ich hier der einzige?

Morice zuckt etwas verlegen mit den Schultern.

Morice: Naja, also offiziell habe ich gerade ein Praktikum, aber...Irgendwie kam dann das hier dazwischen.

Tim: Ach was, das hier ist Schule fürs Leben, oder nicht? Wir schreiben, wenn was passiert.

Fynn nickt zustimmend, während Jella sich ihren bunten Schal umbindet, den Tim ihr von einer der Stuhllehnen reicht.

Fynn: Also dann...Ciao, Leute.

Manu richtet sich auf dem Sofa auf, wo er bis kurz zuvor auf sein Handy geschaut hat, und deutet zum Abschied ein Winken an.

Manu: Bis morgen.

Als die beiden gegangen sind, macht Morice Anstalten, ihnen zu folgen und nimmt seinen Regenmantel von der Sofalehne.

Morice: Tja, ich muss dann auch mal, schätze ich...

Manu nickt, steht auf und folgt Morice zur Tür, die in den Flur führt.

Manu: Ich dann auch. Danke nochmal. Für alles.

Tim: Mooooment.

Er löst sich von der Wand, an der gelehnt hat, und zieht Morice am Ärmel seines Regenmantels zurück. Verwirrt drehen sich die beiden zu ihm um.

Tim: Meine Manieren sind ja für gewöhnlich nicht das Gelbe vom Ei, aber ich lasse euch bestimmt nicht einfach so abschwirren, zumal wir immer noch keinen Plan für morgen haben, Morice-

-Er nickt in dessen Richtung.

Tim: Und du gehst heute sowieso nicht mehr in diese Wohnung zurück, Manu.
Hast du schon vergessen, was Kat vorhin geschrieben hat?

Manu: Sie hat nicht-

Tim: Egal, ob die übertrieben hat oder nicht, wenn du heute Nacht Opfer eines grauenvollen Attentats wirst, will ich wenigstens nicht schuld daran sein.

Manu hält kurz inne, dann schüttelt er den Kopf.

Manu: Keine Sorge. Wenn Kat Recht hatte, dann hat eure Entführungs-Aktion von gestern mich doch vor dem Schlimmsten bewahrt, oder nicht? Ich komm einfach morgen wieder.

Tim: Sicher? Du könntest auf dem Sofa schlafen.

Manu: Klingt verlockend, aber danke, ich bin sicher.

Er lächelt kurz.

Manu: Ciao, ihr zwei.

Er verschwindet in den Hausflur und lässt die Tür zum Wohnzimmer angelehnt.
Morice und Tim sehen sich an.

Morice (flüstert): Das zieht er bestimmt nicht durch.

Tim (leise): Meinst du?

Morice (leise): Hundertprozent. Dein Gerede mit dem Attentat hat ihn nervös gemacht.

Sie lauschen beide an der angelehnten Tür. Als draußen das Rascheln von Manus Jacke verstummt und sich wieder Schritte nähern, wirft Morice Tim einen triumphierenden Blick zu.
Die beiden treten zurück und tun überrascht, als Manu wieder in der Tür auftaucht.
Er wirft Tim einen verlegenen Blick zu und streicht sich nervös die Haare aus dem Gesicht.

Manu: Meinst du das wirklich ernst, mit dem...?

Tim schiebt ihn grinsend wieder ein Stück in die Wohnung, während Morice sich sein Lachen verkneifen muss.

Tim: Fühl dich wie zu Hause.

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Tim schiebt den Wohnzimmertisch ein Stück zur Seite und schüttelt das Kissen aus, das er ans Kopfende des Sofas gelegt hat. Manu kommt gerade mit seinem Rucksack aus dem Hausflur.
Morice verschwindet im Hausflur, um auf die Toilette zu gehen.

Tim: So, mach's dir gemütlich.

Manu sieht ihn etwas verlegen an.

Manu: Das ist echt cool von dir, dass ich...

Tim stößt ihn in die Seite und lächelt.

Tim: Klappe halten. Geh du mal den Chatverlauf checken, ich geh Tee kochen und schau mal nach, ob irgendwas Essbares im Haus ist...

Er geht in die Küche und setzt Wasser auf. Kira kommt ins Wohnzimmer geschlendert, setzt sich auf einen der Küchenstühle und beginnt in den alten Zeitungen zu stöbern, die auf dem Wohnzimmertisch liegen. Wenig später blättert sie in einer antikapitalistischen Klimazeitschrift.
Manu will sich gerade mit Tims Laptop aufs Sofa setzen, als sich die Haustür öffnet und Schritte im Flur zu hören sind. Kurz darauf steht Lunes im Wohnzimmer. Seine längeren, braunen Haare sind zerzaust und nass vom Regen und er trägt einen Rucksack über der Schulter.
Er wirft einen scheuen Blick auf Kira und Manu.

Lunes: Hey.

Manu: Hi.

Kira: Alles cool?

Lunes zuckt mit den Schultern. In dem Moment kommt Tim aus der Küche. Er schmeißt die Kochhandschuhe, die er trägt, über die Abzugshaube auf die Küchenablage und kommt auf Lunes zu, um ihn zu umarmen.

Tim: Du auch hier, na so eine Überraschung. Was verschafft uns die Ehre?

Lunes: Ich dachte, wir wohnen hier zu zweit?

Tim löst sich von ihm und verdreht die Augen.

Tim: Ganz ehrlich, ich wohn hier. Dein Name steht nur mit im Mietvertrag. Wie war die Lesung?

Lunes überlegt kurz.

Lunes: Physikalisch, schätze ich.

Tim: Ich hab gehört, das soll ein Physikstudium so an sich haben.

Kira schmeißt die Zeitung, in der sie geblättert hat, zurück auf den Tisch und sieht Lunes nach Tims Aussage mit gespielt entsetzt aufgerissenen Augen an.

Kira: Meine Güte, ein Verrückter!

Lunes: Physik ist okay. Hält sich an Regeln.

Tim: Vielleicht hätte ich das auch lieber nehmen sollen...Informatik ist verdammt einsam.

Er sieht Lunes an.

Tim: Du hast die krasse Action wirklich knapp verpasst, hier ging es bis eben richtig ab.

Kira nickt.

Kira: Wir haben einen gefakten Hilferuf in die Gruppe mit den Youtubern geschickt und warten jetzt ab, was passiert.

Manu: Und Leonie ist weg.

Lunes: Warum denn das?

Tim zuckt mit den Schultern.

Tim: Sie ist nicht so ganz einfach. Die Situation hat sie genervt. Noch ist aber nichts Schlimmes passiert.

Manu: Ganz genau. Ist schwierig, weil alles Schlimme schon passiert ist.

Tim: Jetzt hört euch diesen Pessimisten an...

Er wirft Manu einen drohenden Blick zu.

Tim: Nur, damit das klar ist: Du darfst nur bleiben, wenn du die Stimmung nicht gefährdest.

Manu: Ich geb mir Mühe.

Er rutscht ein Stück die Sofalehne nach unten.
Morice kommt von der Toilette zurück und sieht Lunes im Wohnzimmer stehen, der gerade seine feuchte Jacke aufhängt.

Morice: Hi. Lunes, oder?

Lunes nickt.

Tim: Mein Mitbewohner. 
 
Lunes setzt seinen Rucksack ab und lässt seinen Blick über die Personen schweifen, die mit im Raum sind.

Lunes: Hat irgendjemand Hunger oder so?

Tim seufzt resigniert.

Tim: In dieser Hinsicht bist du noch mal rechtzeitig gekommen...Ich hatte mich schon gezwungen gesehen, meine Kochkünste auf die Leute loszulassen.

Kira: Moment, ist es denn okay, wenn ich zum Essen bleibe?

Tim: Jetzt ist Lunes da, jetzt musst du gezwungenermaßen bleiben.

Kira lächelt glücklich.


Kira: Cool, dann bleib ich noch.

Sie schnappt sich wieder die Zeitung und schlägt die Beine übereinander.
Lunes geht in sein Zimmer und rubbelt sich dabei die Haare mit einem Handtuch trocken, das Tim ihm reicht. Dieser dreht sich zu Kira, Morice und Manu um.

Tim: Entschuldigt ihr mich mal kurz? Meine Facharbeit ruft nach mir...Ihr drei kommt klar?

Kira: Ja, tun wir, Tim. Du bist ein toller Gastgeber.

Sie schenkt ihm ein breites Lächeln.
Lunes kommt aus seinem Zimmer ins Wohnzimmer. Statt seines schlichten grauen Sweatshirts trägt er jetzt eine Jogginghose und ein schwarzes Nirvana-Shirt, das ihm etwas zu groß ist. Er betritt den Raum, wirft den Anwesenden einen kurzen Blick zu und verschwindet wortlos in der Küche.
Kurz darauf hört man ihn mit Töpfen und Pfannen klappern.

Morice: Kann man Lunes gleich irgendwie helfen?

Tim: Beim Kochen? Der Typ ist eine Naturgewalt, was das angeht. Ich weiß nicht, ob die ihm dabei in die Quere kommen willst. Du kannst den Tee ausschenken, wenn du willst. Steht in der Küche.
Bis gleich.

Er zeigt Peace und verschwindet in seinem Arbeitszimmer.
Manu klappt den Laptop auf und beginnt, den Chatverlauf zu lesen.


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