12. Ashley

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Die Woche ist ohne irgendwelche Ereignisse verstrichen. Cody ist nicht mehr aufgekreuzt, Bennet hat mich ignoriert, Almas und Courtneys Gespräche sind nur an mir abgeprallt.
Ich weiß nicht, ob ich ihm heute Abend in die Augen schauen kann. Eine Woche lang war er nicht in der Schule, hat nicht angerufen, hat mir keine Nachricht geschrieben. Deswegen bin ich so dermaßen sauer, aber will ihm auch nicht als erstes schreiben.
Heute Abend sehe ich ihn, dann werde ich ihn drauf ansprechen... ich will keinen Sex wie wir beide es normalerweise wollen. Ich will mit diesem Jungen ganz normal reden, möchte endlich klarstellen, was Sache ist.

„Wir sehen und heute Abend?", fragt Alma, während wir den Schulhof verlassen. „Und, Ash..." Sie sieht mich eindringlich an. „Beeil dich, mein Angebot hält nicht ewig."
„Ich schaffe das schon:" Ich winke ihnen noch zu, bevor ich zu meinen Brüder gehe. „Welch eine Überraschung.", murmle ich erfreut, als Lisa aus dem Wagen schaut.
„Hey.", begrüßt sie mich. „Heute Abend feiern?"
„Sagt mir nicht, dass ihr beiden wieder auf Codys Party seid."
„Leider wurden wir eingeladen. Da kann man nichts machen." Aurelio zuckt mit den Schultern.
Ich schaue meine Brüder an. „Ihr seid aber nicht in der Gruppe."
„Wir werden halt mitgenommen."
„Ah.", mache ich und setze mich ins Auto. Was eine Scheiße. „Und du schläfst wieder bei uns?"
Lisa kichert und schnallt sich an. „Ich wohne schon halbwegs bei euch. Was schämen sollte ich mich."

Zuhause angekommen, verschwinde ich in meinem Zimmer, schäle mich aus den ungemütlichen Klamotten, ziehe gemütlichere an und setze mich an meinen Tisch, um meine Hausaufgaben zu machen. Wenn ich jetzt alles mache, muss ich am Wochenende nichts machen. 

Leider hält mein Handy mich von allem ab, weil ich bei jedem Klingeln hoffe, dass Cody sich meldet. Aber das tut der liebe Mann nicht. Nicht eine einzige Nachricht. Immer noch.
Langsam werde ich echt verrückt. Er kann doch nicht einfach mal sagen, dass er mich liebt und sich dann nicht mehr melden! Darüber müssen wir doch reden.
Als ich mich endlich überwinde, das Ding auszustellen, werfe ich es auf mein Bett und versuche mich auf die Schulsachen zu konzentrieren. Seufzend erhebe ich mich, gehe zu meiner Leseecke herüber und hole meinen Laptop zum Arbeiten. Digital macht das alles doch sowieso mehr Spaß.

Es fällt mir schwer, aber nach fast zwei Stunden durchgängiger Arbeit bin ich mit allem fertig. Ich lasse mich auf mein Bett fallen und schalte mein Handy wieder ein.
„Ashley, was machst du?", ruft Manuel plötzlich und ich hüpfe mit meinem Handy auf, das anfängt zu vibrieren.
„Nichts.", antworte ich und öffne meine Tür. „Wieso?"
„Papa hat gerade angerufen." Er kommt um die Ecke geschlittert. „Die haben gleich noch eine Konferenz und danach gehen die doch mit der Firma essen."
Stimmt. Das habe ich ja total vergessen. „Also kommt er erst spät?"
„Ja. Maria fragt, was du essen möchtest." Manuel schaut auf seine Socken und dann wieder zu mir.
„Mir ist das egal. Ich richte mich da nach ihr oder euch halt. Er weiß, dass wir heute weg sind?"
Manuel nickt. „Ja, hab ihm Bescheid gegeben. Du sollst um zwölf Zuhause sein." Mein Bruder grinst breit.
„Okay.", seufze ich. „Also wie immer. Rufe ich mir dann ein Taxi oder nehmt ihr mich mit?"
Er zuckt mit den Schultern. Na super. Dann wird es wohl das Taxi, weil die beiden bestimmt nicht wieder so früh abhauen wollen. 

„Wo seid ihr? Oder was macht ihr?"
„Also Lisa und ich spielen oben und keine Ahnung, wo Aurelio rumlungert." Er zuckt mit den Schultern. „Willst du mitkommen? Wir könnten noch einen Spieler gebrauchen."
„Ich will euch nicht stören."
„Lisa mag dich, also komm. Außerdem habe ich sie heute Abend für mich." Manuel grinst und zwinkert. 

„Nein!", rufe ich lachend. „Ich will nichts von eurem Sexleben hören oder wissen." Ich fuchtle wild mit meinen Armen herum und versuche die Bilder aus meinem Kopf zubekommen. „Bitte nicht."
„Ganz ruhig, Ash. So schnell wirst du nicht Tante."
„Wenn ich Tante wäre, wäre ich die coole und gechillte zu der euer Kind immer will.", fasle ich und muss lachen.
„Natürlich. Also? Kommst du mit?", fragt er anschließend und ich schaue auf mein Handy. Die üblichen Nachrichten, dass irgendwem mein Beitrag gefällt, irgendwelche Nachriten in der Gruppe von Alma, Courtney und mir und drei Nachrichten von Bennet...
„Ja." Ich nicke und folge meinem Bruder nach oben.

Hi

Ich habe am Mittwoch einen Arzttermin, deswegen bin ich erst zur dritten Stunde da... Also haben wir keine Arbeitsstunde zusammen. Wie wollen wir das machen? Sind ja schon fast fertig...

Sollen wir uns dafür bei mir treffen?

Ich starre mein Telefon an. Bei ihm? Zuhause? Nur über meine Leiche. Schnell wische ich die Nachrichten weg und verschiebe meine Antwort auf später.
Auf der Leinwand in Kinoraum läuft der Vorspann des Spieles, weil es pausiert wurde. 

„Hi, Lockenkopf.", ruft Lisa erfreut. Sie sitzt mittig, somit hat sie den perfekten Blick auf die Leinwand. „Spielst du mit?"
„Sieht so aus."
„That's nice.", sagt sie glücklich und lächelt mich an. Also bahne ich mir einen Weg durch die Kinosessel, die mein Vater damals irgendwo gekauft hat, und lasse mich neben Lisa nieder.
„Ich werde eine coole Tante.", murmle ich.
„Redet Manuel von Kindern? Oder was geht ab?" Sie lacht nervös und nimmt ihren Controller in die Hand.
„Nö, aber, wenn ich irgendwann welche bekommt, bin ich die coole Tante." Manuel lacht und schüttelt den Kopf.
„Ich sage Maria kurz wegen des Essens Bescheid. Komme gleich.", sagt er leide und verschwindet aus dem Raum. 

Plötzlich dreht Lisa sich zu mir und schnappt nach Luft. „Ich habe mich das schon paar Mal gefragt, aber denkst du Manuel will Kinder? Oder glaubst du, dass er mit mir zusammenbleiben will? Also wir sind achtzehn. Wir werden neunzehn. Er wird studieren und ich werde nächstes Jahr eine Ausbildung machen, aber glaubst du, dass er mit mir zusammenbleiben will?"

Ich muss ihre Worte erst einmal auf mich wirken lassen, bevor ich irgendwas sage. „Ich... bin natürlich nicht Manuel und kann auch nicht in seinen Kopf hineinsehen, aber er liebt dich wirklich. So wirkt es auf jeden Fall. Wie er dich anschaut und von dir redet. Er macht sich viele Gedanken über dich und will morgens nie zu spät losfahren, damit du nicht warten musst. Dabei kommt dein Bus später als wir. Das alles nur, damit er vor dir da ist, um dir das Warten zu ersparen. Ich weiß nicht, wie er zu dir ist, wenn wir nicht da sind, aber-"

„Er ist ein Goldschatz.", unterbricht sie mich. „Also wir streiten halt manchmal, aber er findet immer super Lösungen und es ist unkompliziert mit ihm. Manuel ist einfach unkompliziert und ruhig. Wir sind so unterschiedlich, aber gleichzeitig so ähnlich. Wenn ich ihn sehe, würde ich am liebsten-" Meine Hand schnellt vor und unterbricht sie ebenfalls.
„Ich habe das eben auch schon zu Manuel gesagt. Von eurem Sexleben will ich nichts wissen. Das ist wirklich merkwürdig. Der Rest interessiert mich."

Lisa nickt verständlich. „Okay, tut mir leid. Ich liebe ihn einfach so sehr und würde es nach so langer Zeit nicht verkraften, wenn wir uns trennen."
„Verstehe ich, aber man muss sich immer auf ein Ende einstellen." Ich verstumme, weil mir meine Mutter in den Sinn kommt. „Um auf deine Frage zurückzukommen... ICH glaube, dass das zwischen euch echt lange hält."
Die Freundin meines Bruder greift nach meinem Arm und fährt über die Rose an meinem Unterarm. „Deine Meinung ist mir sehr wichtig, weißt du?"
„Das schätze ich sehr, Lisa, danke."

„Was geht? Habe ich irgendwas verpasst?", ruft Manuel und bleibt an der Tür stehen
Lisa schüttelt den Kopf und lächelt ihren Freund an. „Alles ist gut.", sagt sie leise. „Bloß Mädchengespräche."
„Okay.", sagt Manuel gedehnt, holt aus dem Schrank neben ihm einen Controller für mich heraus. „Hier." Er reicht ihn mir, als er sich neben mir niederlässt.
„Wann fahren wir los?"
„Sieben?", schlägt mein Bruder vor. „Oder ist das zu früh."
„Hast du überhaupt was dabei, Lisa?"
Lisa lacht. „Meinst du, zum Anziehen? Also ich habe hier ja bisschen was liegen."
„Wenn du willst, kannst du was von mir. Trägst du M?"
„Könnt ihr eure Klamottengespräche auf gleich verschieben?", fragt Manuel genervt und wirft den Kopf in den Nacken.
„Warte mal kurz." Ich wedle mit meiner Hand herum und wende mich wieder Lisa zu. „Ich hätte ein paar Kleider oder Zweiteiler für dich."
„Wir können ja gleich schauen, ansonsten ziehe ich den Rock an, der hier ist."


Ash- kalt wie EisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt