Schon so lange stand ich an der Seite, beobachtete diese eine Person, wie sie redete und lachte. Dieser Mensch gehörte zu meinen engsten Freundeskreis, war immer eine Stütze für mich, ein Fels in der Brandung, an dem ich mich sicher fühlte. Er war so stark, klug, einfühlsam und toll. Ich liebte diese Person - ich liebte sie viel zu sehr.
Wieder kam dieses Gefühl in meiner Brust auf, dieser Schmerz, der sich nur für kurze Augenblicke verscheuchen ließ, aber immer wie ein Panther auf der Lauer bereit war nach vorne zu springen und mich zu zerreißen. Manchmal war er auch nur ganz seicht da, ein kleiner Stich, der zwar nervte, aber ingorierbar war; dann gab es wieder Tage, an denen ich mich am liebsten krümmen würde, mir Tränen in die Augen traten und ich alles dafür geben würde, um nichts mehr zu spüren, meine Gefühle ausschalten zu können und einfach zu lächeln.
Wie viele Nächte hatte ich schon wach gelegen, geplagt von Gedanken und Vorstellungen? Wie viele Male bin ich schon mit dir durch die Straßen gelaufen, habe gelacht obwohl alles in mir danach schreite zu rennen, einfach nur weg? Wie oft hatte ich mich schon gefragt, wie du reagieren würdest, würde ich dir ein weiteres mal die Wahrheit sagen, dir meine Gefühle offen legen; würdest du dann anders reagieren? Ich hatte aufgehört zu zählen.
Doch mir war klar, das es hoffnungslos ist. Du wirst niemals so empfinden wie ich, könntest es gar nicht. Schon bevor ich etwas sagte hast du es immer wieder gesagt, nicht wissend, wie sehr es mich verletzte zu hören, das meine Gefühle niemals erwidert werden würden. Aber es änderte nichts, meine Liebe wuchs nur noch mehr, jedes mal wenn ich dich sah und ich weiß, sie wird weiterhin wachsen und nicht verschwinden; die Liebe und der Schmerz würde immer schlimmer werden.
Es wäre das beste zu gehen. Mein ganzer Körper wollte von dir fort, dich nicht mehr sehen und hoffen, das damit alles besser würde. Denn neben dir zu stehen war nicht gut für mich, egal wie sehr ich es auch anders wollen würde. Jedes Treffen, jeder Blick, jedes Lachen zerstörte mich nur mehr. Ich liebe dich, doch diese Liebe ist nicht gut für mich.
Wie oft hatte ich schon daran gedacht, dir ein weiteres mal die Wahrheit zu sagen, dir zu sagen, das sich meine Gefühle nicht verändert hatten? Wie oft hatte ich schon daran gedacht, den Kontakt mit dir zu beenden, dir zu sagen, das es nicht mehr geht? Wie oft hatte ich mich nach der Leichtigkeit gesehnt, die ich mir so sehr erhoffte, würde ich diesen letzten Schritt gehen und das alles ein für alle Mal beenden? Ich hatte aufgehört zu zählen.
Doch immer, wenn ich dachte, ich würde den Mut finden, sahen wir uns wieder. Ich sah dich lächeln, deine Augen funkeln und erinnerte mich an die wunderbaren Momente, die ich bisher schon mit dir teilen durfte und noch teilen würde. Und wie immer, wenn wir uns sahen, schluckte ich die Worte, die ich mir vorher so fein säuberlich zurecht gelegt hatte, herunter, konnte sie nicht über die Lippen bringen und lächelte einfach. Mein Herz begann jedes mal zu hoffen, diese Gefühle würden endlich weg gehen und es könnte wieder so sein wie damals, bevor sie da waren und die Welt noch so heil um uns schien.
Einen letzten Blick warf ich zu dir, wie du unter all den Menschen standest, die genauso wussten wie toll du bist; doch sie würden dich niemals so sehen wie ich es tue. Dann drehte ich mich um, um nur einen kurzen Moment weg zu kommen, in dem ich meine Kraft sammeln konnte. Und ganz für mich allein summte ich ein Lied, ein Lied das mir Hoffnung gab und mich gleichzeitig noch tiefer in den Abgrund zu stoßen drohte.
"Someone like you". Denn auf etwas anderes konnte ich nicht hoffen.
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Tiefe
Short StoryDie Gegenüberstellung mit dem eigenen Dämonen. Das Ertrinken in den eigenen Gefühlen. Meine Gedanken und Gefühle, verpackt in Kurzgeschichten aus den Tiefen meiner Selbst.