Day 1

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Stille. Eiserne Stille füllt den Raum, welche lediglich von dem Piepen der Geräte und dem Ticken der Uhr durchbrochen wird. Ich sitze auf einem Stuhl neben Pantaleons Krankenbett und halte seine Hand.

Gedankenverloren streiche ich über seine kühle Haut und genieße seine Anwesenheit. Was ich nicht alles tun würde um seine raue, aber klare Stimme zu hören. Die Schwester öffnet mit einem Quietschen die Tür und betritt den Raum.

So schüchtern wie ich bin starre ich auf Pantaleons Hand um die Schwester nicht ansehen zu müssen und verfestige meinen Griff. Sie überprüft seine Werte, wobei ich ihren starrenden Blick auf mir spüre.

Am liebsten würde ich ihr etwas an den Kopf werfen wie 'Ja, ich bin schwul, haben Sie damit ein Problem?' Ich würde, wenn ich nur etwas mehr Selbstvertrauen hätte. Seit ich denken kann, hatte ich noch nie Interesse an Mädchen und habe schon im Kindergarten stolz verkündet mal einen hübschen Jungen zu heiraten.

Und dennoch war ich noch nie verliebt. Nicht bevor dieser Verrückte mit den knallbunten Haaren in mein Leben stolperte und mir nicht nur meinen ersten Kuss, sondern direkt auch mein Herz gestohlen hat.

Mit einem Plumpsen lässt sich jemand neben mich auf die Bank fallen, wobei seine neonfarbenen Haare im in die Stirn rutschen. Stumm zieht er mich seitlich auf seinen Schoß und legt die Arme um mich. „Was wird das?", hinterfrage ich.

„Ich schütze dich vor den gierigen Blicken dieser hormongesteuerten Egozentriker", erklärt er und beißt von meinem Eis ab. „Was für gierige Blicke?", frage ich verwirrt und lasse meinen Blick durch die Cafeteria schweifen.

„Ist dir denn gar nicht bewusst wie verrückt andere nach dir sind?", stellt er die Gegenfrage, wodurch ich in Gelächter ausbreche. „Der einzige hormongesteuerte Mensch, der mich anstarrt bist du", stelle ich klar und lecke weiter an meinem Eis.

„Du hast da Eiscreme", merkt er belustigt an, weshalb ich etwas rot werde. „Wo denn?", frage ich peinlich berührt. „Da", murmelt er lediglich, bevor ich seine Lippen federleicht auf meinen spüre.

Er kann Sie übrigens hören", reißt mich die Stimme der Krankenschwester aus meinen Gedanken. „Wir wissen nicht ganz wie viel er mitbekommt, aber er sollte hören und spüren können. Es freut ihn sicher, dass Sie schon den ganzen Tag lang an seiner Seite sind", fährt sie fort.

Fröhlich betrachte ich ihn. Seine Gesichtszüge sind etwas kantig, was aber irgendwie zu ihm passt. Er ist ein sehr eigener Mensch, lässt sich von Nicht sind niemandem etwas vorschreiben und setzt sich immer durch. Ich liebe ihn einfach.

„Wie lange wird er schlafen?", werfe ich ein und bette meinen Kopf auf Pantaleons Bauch. „Wir vermuten nur ein paar Tage. Er wird schnell wieder bei Ihnen sein", verspricht sie mir und verlässt wieder den Raum.

Mein Blick wandert erneut über sein Gesicht. Er sieht so ruhig und entspannt aus. Wie kann ein Mensch nur so unfassbar gut aussehen? Selbst wenn er im Koma liegt. Und dass sich so ein Mensch ausgerechnet für mich interessiert.

„Ich habe übrigens etwas mitgebracht. Ich weiß, du sammelst Polaroidbilder und damit deine Tradition nicht unterbrochen wird, mache ich das jetzt für dich", verkünde ich kichernd und krame seine quietschgelbe Kamera aus meinem Rucksack.

Kurz lasse ich meinen Blick ein letztes Mal über ihn gleiten. Ich befürchte inzwischen, ich bin abhängig von ihm. Entschlossen hebe ich die Kamera an und schieße ein Bild von ihm.

9 Days without you - BoyXboy Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt