P.o.V Evelyn
Den nächsten Tag verbrachten wir ganz entspannt auf dem Sofa mit Filme schauen. Ausnahmsweise ging es mir sogar ganz gut und ich chattete nebenbei mit Frieda und Anne. In der letzten Woche hatten wir uns ganz gut angefreundet, ich fühlte mich wohl bei den beiden und vertraute ihnen. Noch nicht so sehr, dass ich ihnen alles über mich erzählt hatte, aber es war ein Anfang. Zumindest hatte ich jetzt nicht mehr so furchtbar Angst, wenn ich in die Schule kam. Zwar kam ich mit der Anwesenheit der ganzen Jungs noch nicht so gut klar, aber dank Frieda und Anne konnte ich das einigermaßen ausblenden.
"Können wir vielleicht ein bisschen rausgehen? Mir tut alles weh", fragte ich, nachdem wir drei Filme hintereinander gesehen hatten. Ein wenig herumlaufen würde uns bestimmt nicht schaden. Nachdem Marcus und Martinus zugestimmt hatten, zog ich mir schnell einen meiner neuen Hoodies an, weil es für mich immer noch ziemlich kalt hier war und ich mich damit sehr wohl fühlte. Während ich versuchte, mir die Schuhe zu binden, trug Gerd-Anne uns einige Dinge auf, die wir im Dorfladen für sie besorgen sollten.
Letztendlich musste Marcus mir meinen linken Schuh zubinden, da ich mich wegen meinem Bauch nicht mehr so weit über das gestreckte Bein beugen konnte, um die Schnürsenkel zu binden. Dann konnte es aber auch schon losgehen.
Mir fiel auf, dass ich eigentlich noch nie in der Nachbarschaft hier herumgelaufen war. Bisher hatte ich die meiste Zeit im Haus verbracht, ansonsten auch nur in der Schule oder wie gestern in der Stadt. Die Gegend, in der ich nun wohnte, kam mir fremd vor. Ich versuchte, mir den Weg zum Laden so gut wie möglich einzuprägen, damit ich mich hier so bald wie möglich auch alleine zurechtfand.
Die meisten Leute, an denen wir vorbeikamen, starrten uns an oder sie nahmen mich ganz genau unter die Lupe. Klar, Marcus und Martinus waren hier in Trofors wahrscheinlich bekannt wie ein bunter Hund und ich war neu, mich kannte noch keiner. Nicht einmal den Nachbarn war ich vorgestellt worden.
"Kommen eigentlich viele Fans hierher?", wandte ich mich schließlich an Marcus. Wir gingen nebeneinander hinter Martinus, um den Schein eines Pärchens zu wahren. "Manchmal", antwortete er knapp. "Was hat das jetzt zu bedeuten?" "Naja, wenn wir gerade etwas bekannt gegeben haben oder es irgendein Gerücht über uns gibt, kann es gut sein, dass welche hierher kommen. Ansonsten eher wenige."
"Soll das heißen..." Ich wollte lieber gar nicht zu Ende sprechen. Marcus nickte ernst. "Ich will dir keine Angst machen, Evelyn, aber es kann gut sein, dass wir irgendwo auf Fans treffen." "Und was machen wir dann?" Ich hatte zu zittern begonnen und schob meine Hände in die Jackentasche, um es zu verbergen. "Du hältst dich am besten im Hintergrund. Und sag nichts, was du nicht möchtest, dass sie wissen. Denn wenn es eine weiß, wissen es in einer Stunde alle anderen auch. Ich werde zusammen mit Martinus versuchen, sie dann so schnell wie möglich loszuwerden. Eigentlich habe ich nämlich auch keine Lust auf die, ich mag es nicht, wenn sie nach Trofors kommen."
Er steckte seine Hand zu meiner in die Jackentasche und umschloss vorsichtig meine Finger. "Aber mach dir nicht so viele Sorgen, das wird schon."
Im Laden trennten wir uns auf und ich ging mit Martinus mit, weil wir uns beide nicht so gut auskannten wie Marcus. Während wir die Regale absuchten, meinte ich immer wieder schnelle Schritte und ein Flüstern hinter uns zu hören, aber das bildete ich mir bestimmt bloß ein. Doch als ich schließlich auch noch ein unterdrücktes Kichern wahrnahm, wurde es mir Zuviel.
"Sag mal, hörst du das auch, diese Schritte und das Flüstern und alles?", fragte ich Martinus. Mit gerunzelter Stirn sah er mich an. "Nein, ich höre nichts. Mach dir nicht so viele Gedanken, das ist nicht gut." Beruhigend strich er mir über den Rücken und schob mich sanft vorwärts und Sofort fühlte ich mich etwas sicherer. Trotzdem bekam ich einen halben Herzinfarkt, als plötzlich ein paar Mädchen aus dem nächsten Gang hervorsprangen und direkt auf mich zukamen.
Ungefähr einen halben Meter vor mir blieben sie stehen und ich wich instinktiv etwas zurück. Sie waren mir definitiv zu nah. Die einen fotografierten Martinus, die anderen musterten mich von oben bis unten ganz genau. Noch nie hatte ich mich in Anwesenheit so vieler Mädchen dermaßen unwohl gefühlt.
"Du bist also Marcus' Freundin", sagte eine der Mädchen schließlich prüfend und bedachte mich nochmal mit einem kritischen Blick. Ich nickte stumm und hoffte, sie konnten mir die Angst nicht direkt aus den Augen ablesen. Langsam umrundete mich das Mädchen, während ich nur stocksteif dastand und sogar Martinus schien seine Sprache verloren zu haben.
Wo um Himmels Willen steckte denn bloß Marcus? Er könnte die Situation wieder in Ordnung bringen und die Fans wegschicken.
Auf einmal drehte sich das Mädchen zu ihren Freundinnen um. "Na wenn er da keine bessere gefunden hat." Sie begannen alle miteinander zu lachen und warfen mir dabei komische Blicke zu. "Sag, wie alt bist du? Dreizehn?" Wieder begannen alle zu lachen. Ich verspürte Wut und Angst gleichzeitig, brachte aber kein Wort heraus. "Sie ist sechzehn", hörte ich dann endlich Marcus' beruhigende Stimme hinter mir. "Wie groß bist du?" Das Mädchen, das die ganzen unverschämten Fragen stellte, schien sich kaum für Marcus zu interessieren.
"Ich weiß es nicht", antwortete ich schließlich. Schon wieder brach hysterisches Gelächter aus. "Noch nicht einmal richtig Norwegisch sprechen kann sie!" "Also wirklich, Marcus", rief die eine, als sie sich beruhigt hatte. "Ich weiß nicht, wo du diese Niete her hast, aber du solltest dich schleunigst nach einer anderen Freundin umsehen. Oder deine irgendwie umstylen." Sie piekte mir mit dem Finger in den Bauch. "Abnehmen würde ihr auch mal nicht schaden."
Marcus war die ganze Zeit ruhig geblieben und hatte nur zugehört, aber jetzt streckte er blitzschnell seinen Arm aus und packte das Mädchen an der Hand. "Fass sie nicht an", knurrte er. "Wieso?", fragte sie frech und verpasste mir mit der anderen Hand einen leichten Schlag gegen den Bauch. Das bereitete mir mal wieder heftige Schmerzen, aber ich wollte nicht als schwach dastehen.
Grob packte Marcus auch noch ihre andere Hand. "Pfoten weg, habe ich gesagt." Seine Stimme war gefährlich leise. "Lasst Evelyn einfach in Ruhe. Es ist meine Entscheidung, wer meine Freundin ist und so widerliche Menschen wie euch möchte ich bestimmt nicht. Außerdem ist Evelyn weder zu jung, noch zu klein oder zu dick. Sie ist genau richtig. Und dafür, dass sie gerade mal knapp einen Monat in Norwegen lebt, spricht sie sehr gut norwegisch."
Die letzten Worte hatte er ihr geradezu ins Gesicht geschrien, sodass ich mich unwillkürlich etwas von ihm entfernt hatte. Die Situation machte mir Angst, ich war ein einziges Nervenbündel.
Während Marcus weiter lautstark mit dem Mädchen stritt, bog ich in den nächsten Gang ein und ließ mich dort zitternd zu Boden sinken. Wieso hassten mich diese Mädchen so sehr? Was wollten die überhaupt von mir? Was, wenn sie irgendwas Böses vorhatten? Meine Gedanken fuhren im Kreis und ich hatte schreckliche Bauchschmerzen, sodass ich mich nur noch am Boden zusammenkauerte und nichts mehr um mich herum wahrnahm.
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Trust Me ~ Marcus and Martinus ff
FanfictionEvelyn lebt im Internat in den USA und wartet auf ihre Adoption. Dort wird sie allerdings nicht besonders gut behandelt und hat mit vielen Problemen zu kämpfen, als sie von Marcus und Martinus Eltern adoptiert wird und zu ihnen nach Norwegen ziehen...