Das alles hatte sich wahnsinnig schnell an der Schule herumgesprochen. Ich hatte Frieda und Anne darum gebeten, die Wahrheit für sich zu behalten und ich war mir auch ziemlich sicher, dass die beiden das tun würden.
Meine Lehrer schienen diese Nachricht etwas anders aufgefasst zu haben. Ausnahmslos alle sahen mich mit einem sehr komischen Blick an und drei Lehrerinnen nahmen mich während ihrer Unterrichtsstunde zur Seite, um mich zu fragen, ob in der Beziehung zwischen Marcus und mir alles mit rechten Dingen zuging oder ob etwas passiert war, das ich nicht wollte.
Keine Ahnung, wie sie darauf kamen, aber ich versicherte ihnen, dass alles in Ordnung war und Marcus sich wirklich eifrig um mich kümmerte, dass er niemals etwas tun würde, das ich nicht wollte und natürlich musste ich auch versprechen, ihnen Bescheid zu sagen, wenn irgendwas passieren sollte.
Auch wenn ich mich dann garantiert nicht an die wenden würde. Ich hatte eine grundsätzliche Abneigung gegen alle Lehrer und konnte ihnen einfach nicht vertrauen. Falls irgendetwas sein sollte, egal mit Marcus oder sonst irgendwem wären Gerd-Anne oder Martinus die ersten, denen ich davon erzählen würde. Danach kamen Kjell-Erik, Frieda und Anne oder noch viele andere Menschen. Meine Lehrerinnen standen auf jeden Fall ganz unten auf der Liste.
Nach der Schule hatte ich noch einen Arzttermin wegen meinem Knie. Endlich bekam ich die Erlaubnis, die Schiene abzunehmen und größtenteils ohne sie zu laufen. Die Ärztin meinte allerdings, dass ich es merken würde, wenn ich sie wieder tragen sollte. Wahrscheinlich würden die Schmerzen dann schon dementsprechend stark sein.
Marcus hatte Gerd-Anne und mich begleitet und ganze zwei Stunden im Wartezimmer gewartet, weil er unbedingt noch mit mir in die Stadt wollte. Er sprach ständig von zwei Überraschungen für mich und ich war selbst schon ganz gespannt.
Zuerst schleppte er mich in eine kleine Boutique, in der es Unmengen an wunderschönen, eleganten Kleidern gab. Während ich mich ein wenig umsah und davon träumte, auch mal so etwas zu tragen, sprach Marcus mit der Verkäuferin, die ihm schließlich zwei Päckchen reichte. Er bezahlte und wir verließen den Laden wieder, ohne dass er mir sagte, warum wir hier überhaupt waren.
"Was ist eigentlich in diesen Päckchen?", fragte ich, als ich es vor Neugier nicht mehr aushielt. "Die erste Überraschung", antwortete Marcus. "Eigentlich wollte ich es dir gleich zeigen, aber die Verkäuferin hat es so schön eingepackt, dass ich es lieber erst zuhause aufmache."
Ich knuffte ihn in die Seite. "Das ist gemein! Ich will jetzt sofort wissen, was da drin ist." Marcus lachte. "Tja, da wirst du dich wohl noch ein bisschen gedulden müssen." Und bevor ich nochmal ausholen konnte, nahm er einfach meine Hand und hielt sie fest.
Wir liefen einmal durch die komplette Stadt und Marcus sprach kein Wort mehr mit mir. Langsam wurde es mir unheimlich, so schweigsam war er selten und in der Gegend kannte ich mich gar nicht aus, hier war ich noch nie gewesen.
"Zugegeben, die zweite Überraschung ist für mich interessanter, aber ich mache das für dich also..." Er bog noch einmal rechts ab und dann standen wir vor einem riesigen Autohaus. "Ein Auto?", stotterte ich. Marcus nickte.
"Die Sache ist ein bisschen komplizierter. Unsere Eltern fahren demnächst für eine Weile weg und weil es mit dir ja manchmal einen Notfall gibt und du so schnell wie möglich zum Arzt musst, haben wir einen Antrag gestellt, dass Martinus und ich schon jetzt, mit siebzehn Auto fahren dürfen. Und naja, es war gar nicht so schwer wie gedacht, die Behörden zu überzeugen." Er strahlte. "Wahrscheinlich wollten sie nur nicht, dass wir in der Öffentlichkeit etwas negatives über sie sagen."
Schwungvoll öffnete er die Tür zum Autohaus und hielt sie mir auf. "Naja, auf jeden Fall sind wir jetzt hier, um ein Auto für mich und Martinus zu kaufen und du kannst mitbestimmen."
Gerd-Anne und ein Verkäufer warteten schon auf uns, von Martinus war allerdings nichts zu sehen. "Will Martinus nicht auch mit entscheiden?", fragte ich. Marcus schüttelte den Kopf. "Er muss woanders hin und hat gesagt, er vertraut auf meinen guten Geschmack. Vielleicht sollten wir das Auto pink lackieren lassen."
Gerd-Anne hatte bereits mit dem Verkäufer geklärt, dass das Auto schnell sein sollte, denn es konnte immer einen Notfall geben, in dem ich schnell zum Arzt oder ins Krankenhaus musste. Wir wurden also in die erste Etage geschickt, wo die Sportwagen ausgestellt waren. Marcus lief gleich zielstrebig auf ein Modell zu und forderte mich auf, probe zu sitzen.
Ich setzte mich auf die Beifahrerseite, während er hinter dem Lenkrad Platz nahm. Hier war alles sehr eng, der Platz für die Füße sehr begrenzt, sodass ich mein linkes, unbewegliches Bein auf dem Armaturenbrett ablegen musste. "Ich glaube, das ist ungünstig", sagte ich und wir stiegen beide unter Gelächter wieder aus.
So ging das eine ganze Weile, aber nach mehr als zwei Stunden hatten wir einen passenden Wagen gefunden und ich hatte es Marcus auch ausgeredet, ihn pink lackieren zu lassen.
Als wir zuhause waren, ließ ich mich erstmal komplett erschöpft auf das Sofa sinken und ließ mich abwesend von dem Gespräch zwischen Kjell-Erik und Marcus berieseln. Erst als Marcus mir eins der Päckchen, die ich schon wieder ganz vergessen hatte, zuwarf, erwachte ich wieder aus meiner Trance.
"Zieh das mal an", sagte er und ich erhob mich, um ins Bad zu gehen. Dort wickelte ich das Päckchen aus und es kam ein Kleid zum Vorschein. Ein Kleid aus dem Laden, in dem wir gewesen waren, eins von der Sorte, die ich so bewundert hatte. Es war babyrosa, fast bodenlang und wirklich wunderschön. Rasch schlüpfte ich hinein und es passte perfekt, wie für mich gemacht.
Zurück im Wohnzimmer musste ich feststellen, dass Marcus sich ebenfalls umgezogen hatte, er trug jetzt ein blaues Hemd zu einer schwarzen Jeans.
"Die Babyparty steigt am Samstag", flüsterte er mir ins Ohr. "Und das ist dein Outfit." "Es ist so schön", antwortete ich und strich über den weichen Stoff. "Danke."
◇ Gefällt euch die Geschichte oder habt ihr Verbesserungsvorschläge? ◇
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Trust Me ~ Marcus and Martinus ff
FanficEvelyn lebt im Internat in den USA und wartet auf ihre Adoption. Dort wird sie allerdings nicht besonders gut behandelt und hat mit vielen Problemen zu kämpfen, als sie von Marcus und Martinus Eltern adoptiert wird und zu ihnen nach Norwegen ziehen...