Prolog - Unbekannter

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Ein dunkler Schatten huschte an ihr vorbei und sie sah erschrocken, wie ein Mann neben ihr zu Boden ging. Sein Bein sah verletzt aus, dunkles Blut tropfte aus der Wunde auf die Straße.

„Seid ihr verletzt?“

Leicht berührte sie ihn an der Schulter. Erstaunt sah er zu ihr auf, dann mühte er sich jedoch ein Lächeln ab:

„Es geht schon, aber eine junge Frau wie ihr, sollte zu dieser Zeit lieber daheim sein.“

Er warf einen finsteren Blick in die Richtung, in die der Dieb verschwunden war.

„Hier ist es gefährlich.“

Die Wunde blutete noch immer, wenn sie ihm nicht bald half, würde er womöglich noch verbluten. Entschlossen (Schüchtern?) sah sie den Mann an.

„Ich wohne nicht weit von hier entfernt, ihr solltet mich für einen Augenblick begleiten, ich möchte eure Wunde desinfizieren und verbinden.“

„Ihr würdet einen Fremden mit zu euch nehmen, um seine Wunde zu verbinden?“

Leicht lächelte er.

„Das ist ein wenig naiv, wisst ihr?“

Ihre Wangen wurden heiß.

„Ich mache mir nur Sorgen! An so einer Wunde könntet ihr Verbluten, oder wenn es sich entzündet...“

Er verzog leicht das Gesicht, als er aufstand.

„Wenn das so ist, nehme ich euer Angebot dankend an. Wo genau wohnt ihr denn?“

Er wollte einen Schritt nach vorn machen, strauchelte jedoch. Schnell eilte sie an seine Seite und stützte ihn.

„Ihr solltet vorsichtig sein! Und versucht bitte, das Bein nicht allzu viel zu belasten.“

Beinahe schon amüsiert sah er auf sie hinab.

„Seid ihr Apothekerin, dass ihr so viel über Wunden wisst?“

Überrascht sah sie zu ihm auf.

„Nein, aber meine Mutter hat mir viel beigebracht und als sie gestorben ist, musste ich immer die Wunden meines Bruders versorgen.“

Ein verträumtes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht.

„Und er hatte wirklich zahlreiche.“

„Aber warum begleitet euch euer Bruder denn nicht, wenn ihr so spät noch unterwegs seid?“

Das Lächeln erlosch und ihre Miene wurde sehr traurig, es zerriss ihm schier das Herz.

„Ähnlich wie meine Mutter starb auch mein Bruder vor ein paar Jahren.“

Bestürzung überkam ihn.

„Es tut mir leid, ihr kennt mich noch nicht einmal und seid so freundlich meine Wunde zu versorgen, und im Gegenzug wecke ich nur unschöne Erinnerungen. Das ist wirklich dumm von mir.“

Erschrocken sah sie ihn an.

„Aber nicht doch, ihr konntet das doch nicht ahnen, es ist wirklich nicht eure Schuld.“

Tapfer lächelte sie ihn an.

„ Außerdem ist das Vergangenheit und man sollte stets voranschreiten und nicht allzu lange verweilen, nicht wahr?“

Sie kicherte leicht.

„Wer rastet der rostet, das hat meine Mutter immer gesagt.“

„Da habt ihr wohl recht, eure Mutter muss eine sehr kluge Frau gewesen sein.“

Wein und andere Verführungen {On Hold}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt