1. Der erste Tag

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Es war  Ende April 2018 gegen 21 Uhr, als mich meine Mutter in ihr Auto steckte und ich das erste mal den geteilten Stationsflügel der Jugendpsychiatrie betrat. Es waren zwei lange Korridore, die hinter einer Schleuse von schweren Türen aus Panzerglas lagen.
Ich bin damals mit der Hoffnung gekommen, dass diese Leute mich verstehen würden, mir helfen könnten, aber es wurde alles viel viel schlimmer.

Eine Therapeutin empfing mich. Sie machte einen ersten guten Eindruck, der mit den zunehmenden Tagen jedoch schnellstens verschwinden sollte. Mein Grund für die Untersuchung und Einweisung war, dass ich zu dieser Zeit sehr viel mit Liebeskummer zu kämpfen hatte und akute Suizidgefahr bestand. (Und ja, es ist völlig normal und in Ordnung eine solche Phase zu haben)
Die Therapeutin erklärte mir und meiner Mutter, dass ich über Nacht hier bleiben müsse. Versicherte uns aber, dass ich morgen früh wieder gehen konnte.

Somit schlief ich in einem 2x3 Meter Zimmer, das eher ein einfacher Raum war. Denn die gesamte Einrichtung bestand aus einem Rollbett auf dem seltsame weiße Gurte lagen.
Eine Schwester entfernte diese und kontrollierte mich auf alle möglichen Gegenstände. Meine Schuhe musste ich abgeben, meine Kopfhörer, mein Handy, meinen Gürtel (ohne den mein Hose extremst rutschte), meinen Ausweis und meine Schülerkarte für die Straßenbahn, meinen Rucksack, meine Bücher wurden auf Content und versteckte Klingen untersucht und letztendlich eingezogen, weil es Mangas waren und die Brüste der weiblichen Charaktere angeblich zu groß gewesen sein sollten und zum Schluss durfte ich in ein Arztzimmer und mich bis auf die Unterhose ausziehen.

Dann wurden einige Untersuchungen wie Puls messen, Wiegen ect. durchgeführt, was ich bereits von meinem Kinderarzt kannte. Schließlich führte man mich durch die Schleuse zurück in mein Zimmer. Dabei viel mir auf, dass sich die Türen nur von den Schlüsseln der Ärzte, oder einem Knopf auf dem Kontrollpult im Schwesterzimmer aus öffnen ließen, welcher rund um die Uhr bewacht wurde.

Als ich wieder in dem sogenannten „Timeout–Zimmer" war, viel mir sofort die Scheibe an der Trennwand auf. Dahinter sah ich das Aufenthaltszimmer des Pflegepersonals, von dem immer einer zu mir herüber starrte. Ansonsten hatte der Raum keine Fenster.

Es viel mir schwer zu schlafen, denn ich fühlte mich, nein, ich wurde beobachtet. Vorgeführt wie ein Tier im Zoo hinter dem Schaufenster. Ich drückte meinen Teddy, den sie ebenfalls untersucht hatten, an mich. Er war seit meiner Geburt an meiner Seite gewesen (15 Jahre) und in den folgenden Wochen eine wichtige Kraft–und Trostspende für mich.

Am nächsten Morgen wurde mir Blut abgenommen ehe ich richtig wach war. Der Oberarzt kam zu mir und wollte mit mir reden.

,,Du bist?"

Ich verriet ihm meinen Namen.
(Euch aber nicht xD)

,,Und du bist weshalb hier?"

,,Selbstmordgefahr." Antwortet ich.

Dann verschwand er wieder durch die Tür nach draußen.

Später saßen meine Mutter und ich wieder bei der Doktorin, die mich am Vorabend empfangen hatte.

,,Nachdem der Oberarzt ja bereits ein ausführliches Gespräch mit dir geführt hat, sind wir der Meinung, dass du für 10 Tage hier bleibst."

Ich dachte ich hörte nicht richtig. Das AUSFÜHRLICHE Gespräch, bestand aus 2 Fragen. Eine davon war, wie ich heiße. Generell hätte er sich die Fragen auch selbst beantworten können. Denn was ich zu dem Zeitpunkt nicht wusste war, dass bereits eine ausführliche Akte über mich angelegt wurde in der alles über mich stand. Später sogar, wie ich gegessen hatte, was ich am Tag gemacht hatte, was ich gesagt hatte.

Damit war die Versicherung heute entlassen zu werden erstmal hin und ich senkte stillschweigend den Kopf, nichts ahnend worauf ich mich da einließ.

Never again! [Meine Zeit in der Jugendpsychiatrie]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt