ZwEi

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Ich ertrinke.

Ich muss es tun!
Ich kann nicht anders!
Ich habe keine Wahl!
Zieh es durch!
Feigling...
Ich muss!
Ich werde es tun!
Ich will es tun!
Ich MUSS es tun!

Es sind Zwänge, die mich kontrollieren.
Sie schalten die Vernunft in mir aus, die Rationalität.
Sie lassen mir keine Wahl.
Sie zeigen mir, wer hier das Sagen hat, sie zeigen mir, dass ich es nicht bin.
Und so tu ich Dinge, die ich nicht tun will.
Ich gehe zur Schule, obwohl ich dort längst nicht mehr sein muss.
Ich habe meinen Abschluss und doch befinde ich mich auf den Weg zu meiner Schule.
Ich mache einen Zwischenstopp beim Supermarkt, kaufe mir Alkohol, Energy und Zigaretten.
Wie ferngesteuert bewege ich mich zur Kasse, Skillets "Comatose" dröhnt aus meinen Kopfhörern in meine Ohren.
Ich hoffe, dass ich nicht kontrolliert werde, denn volljährig bin ich nicht.
Es ist 13 Uhr, die Frau an der Kasse ist dennoch ebenfalls müde.
Sie scannt meine Artikel und blickt abschätzend hoch, als sie den Vodka über den Scanner zieht.
Doch sie sagt nichts, sondern bestätigt wortlos die Jugendschutzprüfung.
Als nächstes folgen die Zigaretten und zum Schluss mein Energy Drink.
So fertig sehe ich also aus.
Ein Resultat aus einer Stunde Nachtschlaf und etlichen Grübeleien.
Ich zahle passend und schlurfe nach draußen.
Dem armen Mann vor dem Penny schenke ich meine letzten fünf Euro, ich brauche sie nicht.
Innerhalb weniger Sekunden hatte ich die Dose Energy geöffnet und bereits angesetzt.
Ich zog eine Packung Schmerztabletten aus meiner Jackentasche und schluckte eine davon.
Ich ging zum Park nahe des Ladens und setzte mich auf eine Bank.
Ich zündete meine erste Zigarette an und trank ein paar große Schlücke Vodka.
Er schmeckte eklig, doch das war mir egal, denn als er eine brennende Spur auf meiner Kehle hinterließ, ging es mir gleich viel besser.
Es war nur eine kleine Flasche, was ich im Nachhinein bereute.
Doch bald bemerkte ich, dass es bereits genügte, die Schmerztablette und der Energy Drink, sowie das wohltuende Nikotin machten den Rest.
Langsam erhob ich mich und schwankte Richtung Schule.
Noch war Unterricht, weshalb ich mich auf die Schültertoiletten begab. Ich setzte mich auf einen Toilettendeckel und spürte erneut das salzige Nass auf meinen Wangen.
Ich wusste, was zu tun war.
Ich rollte meine Ärmel hoch und besah meine Handgelenke nach einer freien Stelle.
Ich zog mein Utensil heraus und begann, die freien Stellen zu bearbeiten.
So, wie ich es immer tat, wenn ich nicht weiterwusste, wenn ich keinen Ausweg sah.
Ich stand auf und besah mich im Spiegel des Vorraums.
Ich sah aus wie ein Zombie, wie ein untoter Toter.
Erst das Klingeln der Schulglocke riss mich aus meiner Trance und ich bewegte mich so unauffällig, wie ich es konnte, auf die Ausgangstür zu.
"Paralyzed".
Das war das Lied, welches ich nun hörte.
Neben der Schule befand sich ein Spielplatz, dort wollte ich hin.
Kaum war ich da, legte ich mich auf eine Bank.
Um diese Zeit kamen keine Kinder hierher.
Ich rauchte noch eine.
Dann schloss ich meine Augen.
Alles drehte sich, doch das kannte ich schon.
Von gestern.
Und vorgestern.
Und dem Tag davor...
Ich wurde wieder wach, als jemand wild an mir rüttelte und ich sah in ihre Augen, die mich entsetzt und voller Sorge anblickten.
"Hast du getrunken? Ach du Scheiße, was ist mit dir passiert?", waren ihre Fragen direkt an mich.
Ich wusste nicht, was ich antworten sollte, weshalb ich ihr die leere Flasche Vodka gab.
Mit einem Mal wirkte sie so müde wie ich mich fühlte.
Sie seuftze.
Dann legte sie einen Arm unter meine Knie und den anderen an meinen Rücken.
"Halt dich fest!", lautete ihre Anweisung.
Sie war eine Autoritätsperson, eine Person meines Vertrauens, weshalb ich diese befolgte.
Sie brachte mich in eine Wohnung und legte mich auf ein großes Bett.
"Schlaf dich aus, das kannst du gebrauchen.", sagte sie und mit einem letzten sorgenvollen Blick schloss sie die Tür und ich meine Augen.

"Du machst sie kaputt!"
"Du bereitest ihr Sorgen!"
"Du bist eine Enttäuschung, sieh dich an!"
"Du wirst es wieder tun..."

SinkingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt