Kapitel 8

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Als ich die Augen das nächste Mal öffnete, fand ich mich in einem halbdunklen Raum, in einem Bett mit vielen Kissen, die mich beinahe aufrecht sitzen ließen, wieder.

Bei halbem Bewusstsein, bemerkte ich, dass jemand auf meiner Bettkante saß. Die Person hatte die Ellenbogen auf die Knie gestützt und den Kopf gesenkt. Ich erkannte verstrubbelte, schwarze Haare.

Jack.

Ein plötzliches Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Dann fiel mir wieder ein, was ich heute erlebt, besser gesagt, überlebt hatte. Auch mein schmerzendes Bein meldete sich jetzt wieder, aber ich spürte, dass es bereits sorgfältig verarztet und auch bandagiert wurde. Das hatte ich dann wohl Lilly zu verdanken.

Gerade, als mich etwas in einer Ecke meines Gehirns auf eine Sache aufmerksam machen wollte, die etwas mit dem Lager, Antonio und Jack zu tun hatte, streckte ich langsam die Hand aus. Er hatte noch nicht bemerkt, dass ich wach war und er sah echt fertig aus, wie er da so geknickt neben mir saß. Ich fasste all meinen Mut zusammen und verdrängte die Geschehnisse der letzten Stunden in den Teil meines Kopfes, der mich unbedingt an etwas erinnern wollte. Dann ließ ich meine Linke auf seine Schulter sinken und fuhr im über den Arm. Er drehte den Kopf und schaute mich an. Mit einem traurigen Lächeln fragte er dann.

„Was soll das denn sein?"

„Reflex?", zitierte ich ihn.

Dann wusste ich auch wieder warum er so traurig aussah. Das, was er vor Cirônelle gesagt hatte. Das, was er mir verheimlicht hatte. Ich setzte mich unbehaglich auf und rutschte etwas von ihm weg.

Er war vor fünf Jahren noch auf Antonios Seite gewesen. An sich störte mich das ja gar nicht. Aber er hatte es mir nicht gesagt, damit er mein Vertrauen nicht verlor. Aber Vertrauen basiert nun einmal auf Gegenseitigkeit. Sofort ließ ich meine Hand sinken.
„Du erinnerst dich also wieder", stellte er fest.

Mein Gesichtsausdruck war wohl eindeutig gewesen.

„Ja", war das einzige, was ich rausbrachte.

„Neela, es tut mir leid. Ich weiß, dass ich es dir hätte sagen soll. Das wusste ich schon in der Gaststätte, aber ich wollte nicht, dass du gehst. Dass du wegen mir gehst. Das...du bist unsere einzige Hoffnung, Antonio für immer zu besiegen. Wie die Prophezeiung schon sagt. Du bist die letzte! Wir...", ich unterbrach ich und spürte, wie ich langsam sauer wurde.

„Weißt du was, ich will das gar nicht hören. Wir wollen ja vermeiden, dass ich in irgendwelche Angstzustände gerate, denn ich muss ja diesen verdammten Wald retten. Das ist es doch. Ich bin die Auserwählte, die dann draufgehen muss, weil Antonio mein Blut braucht, um Anna zurück zu holen."

Jack starrte mich leicht panisch an. Wahrscheinlich wollte er nicht, dass ich gehe, damit ich ihn und alle anderen endlich befreien konnte.

„Ich wurde im Wald geboren. Ich bin ein Halbelf".

„Hmm-hmm...wer's glaubt", ich war doch leicht entrüstet, dass er mir jetzt so einen Mist erzählte.

„Nein, wirklich. Hör mir zu. Ich erzähl dir alles. Du darfst nicht zum Hüter der Grenze. Er wird dich töten. Auch wenn du meinst, du kannst dich an ihm vorbei schleichen, er ist klüger. Also bitte, gib mir eine Chance, damit ich dir alles sagen kann".

Ich schaute ihm prüfende in die Augen. Ich sollte definitiv lernen, durchsetzungsfähiger zu werden.

„Du hast fünf Minuten"

Diese unglaublichen blauen Augen, die mich – nebenbei bemerkt – wahrscheinlich auch zu einem Mord hätten überreden können, schauten mich dankbar an. Erst jetzt fiel mir auf, dass seine linke Iris von schwarzen Sprenkel geziert war, was das Auge dunkler erschienen ließ, als das rechte. Er räusperte sich, schloss kurz die Augen, um dann auf den Boden zu starren während er anfing zu erzählen.

Die Kreaturen der NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt