Die Stimme hatte ich doch schon Mal gehört. Ich sah in die Richtung, aus der die Stimme kam und erkannte das Gesicht. Es war einer der Freunde von Younes. Er und Mikail schlugen ein und Luana und mich lächelte er an. Er sah wirklich nicht schlecht aus, war groß und etwas muskulös, hatte dunkelbraune Haare und eine etwas dunklere Haut. Seine Teddy-Augen vervollständigen sein sehr freundliches Aussehen.
Er wollte gerade ansetzen zu sprechen, da kamen hinter ihm der andere Junge vom Paintball und Younes zum Vorschein. Sie bemerkten uns noch nicht.„Ey Dikka, hier ist alles voll, sogar drinnen. Lass wo anders hin, Xara oder so?", sagte der andere Freund, der ebenfalls gebräunt war und dunkle Haare und Augen hatte. Er war etwas breiter als Younes und sein Freund, der bei uns stand. „Oh hey", wendete sich dieser jetzt uns zu und auch Younes bemerkte uns. „Hi", erwiderten wir nur und ich lächelte leicht.
„Schade, dass wir nur so kurz reden können, anscheinend gibt es keinen Platz mehr. Ich bin übrigens Enes.", sagte der etwas breit gebautere Junge zu uns.„Ey Jungs, wir haben doch einen großen Platz, setzt euch doch. Wir passen hier zusammen hin.", schlug Mikail vor. Wir hatten einen Platz draußen mit 2 Bänken, die sich gegenüberstanden. Zwischen den Bänken befand sich ein Tisch für die Getränke. Mikail und Luana saßen auf einer und ich auf der anderen. Nun wieder zu den Jungs vor uns.
„Echt, ist das echt kein Problem für euch? Wir wollen nicht stören.", fragte nun der Junge, dessen Name ich nicht weiß. „Ach, was für stören. Setzt euch ruhig", erwiderte Luana und man hörte aus ihrer Stimme, dass sie keine Widerrede dulden würde. Ich liebte meine beste Freundin dafür, dass sie auch mal streng sein konnte. Das hatten die Jungs anscheinend auch bemerkt, denn sie nickten und bedankten sich. Sie setzten sich und wie es der Zufall so wollte, saß Younes nun neben mir. Daneben Enes und neben Luana der Junge ohne Namen, der sich als Ziya entpuppte.
Am Anfang war es etwas komisch, da wir uns nicht kannten, aber Mikail und Enes schafften es, die Stimmung aufzulockern und es war sehr lustig.
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Mittlerweile war es schon nach 11 Uhr und wir saßen immer noch und redeten. Ich erfuhr, dass die Jungs wie wir alle in Kreuzberg wohnen und studieren. Sie sahen von außen wie die typischen Kanacks aus, aber das waren sie definitiv nicht. Ich schätzte alle drei als ziemlich intelligent ein, auch wenn sich Enes manchmal wie ein 5-jähriger benahm. Gerade versuchte er mit seiner Nase an der Shisha zu ziehen und erntete dafür verwirrte Blicke von den Nebentischen, wir amüsierten uns aber, also waren die anderen egal.
Es war mittlerweile ziemlich kühl geworden und ich beleidigte mich selbst dafür, meine Jacke nicht mitgenommen zu haben. Ich sah zu Mikail rüber, der eine Jacke mitgenommen hatte, aber die hatte sich Luana schon geschnappt und grinste mich teuflisch an. Diese Hexe. Also fror ich, während die anderen in ein Gespräch vertieft waren. „Du frierst.", bemerkte nun Younes, der immer noch neben mir saß, aber mit ausreichend Sicherheitsabstand. „Gar nicht.", gebe ich zurück, in der Hoffnung, dass wenn ich es wirklich glaube, es auch so ist. Ungläubig sieht mich Younes an. „Ach ja, warum hast du dann eine Gänsehaut auf deinem Arm?". Wie hatte er die überhaupt gesehen, es war schon dunkel und die vereinzelten Lampen hier, brachten nicht sonderlich viel. Ich wusste nicht, was ich antworten sollte, also sah ich ihn einfach an. Er blickte mit einem intensiven Blick zurück und seine Augen strahlten trotz der Dunkelheit. Er ist wunderschön, ohne Witz.
„Jetzt hast du nichts mehr zu sagen?", amüsiert sieht er mich an. „Was soll ich denn noch sagen? Ja, ich friere, aber Luana hat schon Mikails Jacke und ich kann nichts machen. Diese Hexe.", gespielt böse sehe ich in ihre Richtung, doch diese bemerkt das gar nicht. Younes lacht etwas. „Da hast du wohl vergessen, dass es in solchen Cafés immer Decken gibt, oder?". Ich haue mir gedanklich auf die Stirn und stehe auf um mir eine Decke zu holen.
Ich fand am dafür vorgesehenen Ort keine mehr, da sich gefühlt alle schon eine Decke geholt hatten, also fragte ich bei einem Kellner nach, aber dieser hatte auch keine mehr gefunden. Immer noch frierend ließ ich mich neben Younes auf die Bank plumpsen. „Es gab keine mehr.", ich sehe ihn wieder an. Auf ein Mal fängt Younes an zu grinsen, „Dann musst du wohl meine Jacke nehmen.". Ich verdrehe die Augen und wiege die Möglichkeiten ab. Entweder ich sterbe heute Abend den Kältetod, weil ich so eine verdammte Frostbeule bin oder ich nehme einfach seine Jacke, die auf einmal sehr kuschelig aussieht. Was soll das Drama, es ist doch nichts. Younes hält mir immer noch grinsend seine Jacke hin, ich nehme sie und schlüpfe hinein.
Es ist bloß eine schwarze Jeansjacke, aber in diesem Moment fühlt sie sich an wie so eine Canada Goose. Ich nahm außerdem Younes' Duft wahr, der zugegeben ziemlich anziehend ist. Dieser sah mich die ganze Zeit über an und fragte nun: „Besser?". Ich nickte dankend und ließ meinen Blick nun wieder zu den anderen schweifen. Ich traf auf Luanas blaues Augenpaar, das mich musterte. Sie warf mir ihren Pedoblick zu, aber ich sah nur augenrollend zurück.
Mittlerweile war ich auch am angeregten Gespräch beteiligt und es war schön mal neue Leute kennengelernt zu haben. Mit den Leuten aus unserer Schulzeit hatten wir nämlich keinen Kontakt mehr, da diese zum größten Teil total falsch waren und wir einfach nicht auf einer Wellenlänge waren. Mit Enes, Ziya und Younes war das aber anders. Den Altersunterschied bemerkte man gar nicht und wir kamen aus dem selben Kulturkreis. Younes ist ebenfalls Marokkaner, Enes ist Türke und Ziya ist halb Nigerianer und halb Türke.
Auf einmal nahm ich einen Klingelton wahr, der nur von Luana kommen könnte. Sie hatte den verdammten Theme-Song von Big Time Rush als Klingelton. Doch in diesem Moment war das nicht so amüsant, denn an ihrem Gesicht konnte ich schon erkennen, wer anrief. Es war ihr großer Bruder Enis. Oh oh, das bedeutete nichts Gutes. Er war etwas streng und mochte es nicht, wenn Luana spät draußen war.
Luana sah mich panisch an. „Ey, seit wann ist der denn aus Köln zurück?", fragte nun Mikail sichtlich verwirrt. „Ich hab absolut keine Ahnung.", erwiderte Luana nur mit dem Blick auf ihr klingelndes Handy gerichtet. „Was soll ich jetzt machen, alter?!".
„Lass mich mal machen.", und mit diesen Worten riss ich ihr das Handy aus der Hand.
„Ja, Enis? Ich bin's Huda.", gab ich so ruhig wie möglich zurück. „Oh Huda, hey. Wo ist Luana?", er klang schon etwas säuerlich. „Hat sie euch nicht gesagt, dass sie heute bei mir übernachtet? Ach Luana halt, du weißt doch wie vergesslich sie ist.", ich hoffe mein Fake-Lachen überzeugt ihn. „Ah okay, dann ist ja gut. Macht keinen Scheiß.", sagte er nur noch und wir verabschiedeten uns.
„Ich hab mal wieder deinen Arsch gerettet, mein Schatz.", sagte ich und Luana grinste mich dankbar an. Erst jetzt bemerkte ich die verwirrten Gesichter der 3 Jungs an unserem Tisch. Nachdem wir ihnen die Situation erklärt haben, sind wir aber auch aufgestanden, denn es war mittlerweile schon halb 2.
Wir bezahlten nur noch und gingen dann raus. Vor der Shishabar trennten sich unsere Wege, weil wir in verschiedenen Richtungen geparkt hatten. „Vielleicht sehen wir uns ja noch mal.", sagte nun Ziya lächelnd und wir nickten zustimmend. So gingen wir schließlich.
Im Auto musste ich hinten sitzen, was ich so gar nicht mochte, aber im Moment war mir das so egal, da ich total müde war.
„Huda, du weißt schon, dass du immer noch seine Jacke an hast?"
Ach du scheiße.
Hoffe das Kapitel gefällt euch.
irem
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Hayati | Huda & Younes
Jugendliteratur"Ich hab schon gedacht du schreibst nie, hayati, war Younes' Antwort. Und schon wieder nannte er mich Hayati." Huda und Younes lernen sich durch eine Reihe von Zufällen kennen und obwohl Berlin so groß ist, treffen sie immer wieder aufeinander. Werd...