~Sue
Wie betäubt starrte ich auf die offene Tür, aus der Camille soeben verschwunden war. Meine Gedanken rasten und mein Kopf versuchte verzweifelt, die vielen Ereignisse der letzten Minuten zu verarbeiten.
Für einige Momente hatte ich ein Mädchen kennengelernt, die der bockigen und provokanten Camille so überhaupt nicht ähnlich gewesen war; ein Mädchen, das ich durchaus mochte und das mich auf eine sonderbare Art und Weise faszinierte.
Und dann war da noch die weinende Camile, die ich heute ebenfalls kennenlernen durfte. Die schreiende Schülerin mit den tränenüberströmen Wangen und dem vor Panik flackerndem Blick, die soeben aus dem Raum gestolpert war.
Zögerlich stand ich auf und ging mit zittrigen Beinen zur Tür. Mir war klar, dass ich Camille dort nicht mehr sehen würde und sie sicherlich schon über alle Berge war - und trotzdem lugte ich vorsichtig aus dem Raum in den menschenleeren Flur hinaus.
In ein paar Metern Entfernung sah ich ein paar Blutstropfen auf dem Boden, die eine kurze Spur bildeten, die mir sagte, dass sie nach links gelaufen war. Kurz rang ich mit mir, entschloss mich dann aber doch ihr zu folgen.
Langsam trugen mich meine Beine ebenfalls nach links und dann um eine Ecke, von wo ich bereits das Treppenhaus sehen konnte. Da ich nun kein Blut mehr auf dem Boden sah, war mein erster Gedanke , dass meine Schülerin hinuntergelaufen war - aber dann zögerte ich.
Die Treppen in diesem Teil des Gebäudes waren aus Holz und genau wie die Schule selbst ziemlich alt, weswegen sie ziemlich laut knarzten, wnn jemand auf ihnen hinauf oder hinterging. Und da der Unterricht bereits wieder begonnen hatte und keine Schüler mehr im Treppenhaus unterwegs waren, hätte ich definitiv gehört, wenn Camille hinuntergelaufen wäre.
Also musste sie sich woanders aufhalten. Ich drehte mich einmal um die eigene Achse und überlegte fieberhaft.
Der dritte Stock war nicht groß, hier befanden sich nur das Lehrerzimmer, einige Abstell und Lagerräume, sowie das Zimmer der SMV und die Cafeteria für Lehrer.
Vielleicht hat sie sich auf dem Klo eingesperrt, schoss es mir durch den Kopf - doch dann Blick mein Blick an einer, auf den ersten Blick unauffälligen hellbraunen Tür hängen. Im dahinterliegenden raum befanden sich Stühle und einige Stehtische, die nur etwa ein bis zweimal im Jahr für eine Infoveranstaltung gebraucht wurden.
Und eben diese Tür stand einen kleinen Spalt offen.
Mit klopfendem Herzen ging ich darauf zu und legte eine Hand and den Türknauf. Plötzlich war ich mir ganz sicher, dass sich meine Schülerin in diesem raum befinden würde. Sie war nicht dumm und kannte sich hier aus - dieser Lagerraum war groß und bis zum Bersten mit Möbelstücken vollgestellt; das perfekte Versteck eigentlich.
Zögerlich zog ich die Tür auf und blickte in das Innere. Als diese schule mit Elektrizität ausgestattet wurde, war dieser Raum wohl vergessen worden, denn es gab im Inneren kein Licht und so dauerte es etwas, bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten.
Wie erwartet war die Abstellkammer so voll mit Stühlen gestellt, dass man keine zwei Schritte hineinmachen konnte und wohl oder übel im Türrahmen stehen bleiben musste.
"Camille?", fragte ich vorsichtig und erschrak selbst über die Besorgnis, die in meiner Stimme mitschwang. "Bist du hier drin?"
Ich bekam keine Antwort, aber das unregelmäßige Atmen von irgendwo aus dem Raum, gab mir Gewissheit, dass ich sie gefunden hatte.
"Du musst keine Angst haben, ich will dir doch nichts tun!"
"Ich habe keine Angst vor Ihnen!", keifte es aus der Dunkelheit und nun war ich mir sicher, dass sich meine Schülerin rechts von mir befand. Das ist definitiv wieder Typ eins...
Ich kniff die Augen zusammen und konnte nun eine Gestalt erkennen, die sich auf dem Boden zwischen einem Stapel Stühle und der Wand auf den Boden gekauert hatte. Wie ein Häuflein elend saß sie da, und obwohl sie mir gegenüber gerade wieder ziemlich pampig gewesen war, verspürte ich das dringende Bedürfnis sie zu trösten.
Zögerlich ging ich einen weiteren Schritt auf sie zu und schloss nach einem tiefen Durchatmen die Tür. Ich hasste diese rabenschwarze Finsternis, die mich und meine Schülerin jetzt umhüllte, aber aus irgendeinem Grund wusste ich, dass es so für uns beide einfacher sein würde zu reden.
Ich hockte mich hin und sah in die Richtung aus der jetzt ein leises Wimmern kam.
"Camie...", meinte ich sanft und hielt mir dann erschrocken eine Hand auf den Mund. Camie war der Name gewesen, weswegen sie vorhin so ausgerastet war und ich Dummkopf hatte sie wieder so genannt.
Ich rechnete fest mit einer weiteren pampigen Antwort von meiner Schülerin - aber es kam nichts. Nur ein weiteres leises Aufschluchzen durchbrach die gespenstische Stille in diesem Raum.
"Es tut mir leid. Also das wegen vorhin, ich... Ich wollte dir nichts Böses, wirklich!", beteuerte ich sanft und tastete in der Dunkelheit nach ihr, bis ich einen Arm ertasten konnte und beruhigend darüberstrich.
Erneut gab Camille ein leises Wimmern von sich - und sagte dann etwas, was ich am allerwenigstens erwartet hätte.
"Können Sie etwas für sich behalten?"
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Purple Hair II gxg txs
Teen FictionPAUSIERT ~Jeder schien Angst vor ihr zu haben. Und ja die hatte ich auch - aber da gab es auch noch diesen Teil an ihr, der nicht kalt und furchteinflösend sonder sogar zimlich verletzlich war. Und dieser Teil schien mich magisch anzuziehen.~ Sues W...