Mit gesenktem Kopf und den Haaren vor dem Gesicht saß Sofia zusammengekauert auf einem Stuhl.
„Das war verdammt knapp! Wäre ich nicht zufällig gerade vorbeigekommen…Ich will gar nicht darüber nachdenken! Und überhaupt, was hast du dir denn bei diesem Fass gedacht. Ich schätze ja deine Kreativität sehr, aber warum in Gottes Namen sollte auch nur irgendjemand auf die hirnverbrannte Idee kommen ein offenes Weinfass mitten auf der Straße einfach so stehen zu lassen. Wieso nicht eine schäbige Tonne oder ein Müllberg, das hätte drei Mal besser in diese Gegend hier gepasst, aber doch kein Weinfass! Das schreit schon förmlich danach: ‚Hey! Komm mal her! Mit mir stimmt was nicht!‘ Menschenskinder Sofia, dich soll mal einer verstehen, derjenige kriegt dann von mir den Orden der 13.Heldentat des Herkules.“
Sofia blieb stumm. Eine Antwort war nicht nötig.
Wäre Maria nicht im richtigen Moment gekommen, säße sie nun ganz wo anders und vor ihr würde nicht ihre tobende Mentorin herumrennen, die sie mit Predigten bombardierte, während ihr braunes Haar wild mitschwang, sondern ein Mann mit Augenklappe, der eine Information nach der anderen schonungslos aus ihr herausquetschen würde.
„Da ist er schon wieder.“, flüsterte Maria plötzlich.
Ruckartig schoss Sofias Kopf in die Höhe, sodass ihre Haare im hohen Bogen nach oben flogen und schließlich als absolutes Durcheinander landeten.
„Wirklich? Das der sich noch her traut nach deinem Auftritt.“, flüsterte Sofia ungläubig und schlich langsam auf das Fenster zu, wobei ihr der verwirrte Blick, den Maria ihr schenkte, nicht entging.
„Wieso schaust du mich so an?“, fragte sie die Braunhaarige, nachdem ihr das Gestarre auf die Nerven ging.
„Was meinst du damit, dass sich dieser Amateur-Charmeur nach unserer Unterhaltung überhaupt noch traut, hier wiederaufzutauchen?“
Kurz schluckte Sofia, bevor sie antwortete. In Gedanken hatte sie bereits mit ihrem Leben abgeschlossen.
„Naja, sagen wir mal so, du hast manchmal diese Ausstrahlung, die einen glauben lässt, du würdest jede Sekunde wie eine wildgewordene Furie ein Messer zücken und auf einen los gehen oder so ähnlich.“Ruhe.
Die plötzlich eintretende Stille beunruhigte Sofia ein wenig, weswegen sie sich nun völlig auf Debito fokussierte, der wie ein Besessener mit der Hand über die Stelle wedelte, wo sie sich gerade noch versteckt hatte. Dann hielt er plötzlich inne. Sie konnte sich schon denken, was dort so Faszinierendes war.
Blutflecke.
Heftig zuckte sie zusammen, als ihre Fingerkuppen gegen die offene Wunde stießen. Vorhin hatte sie kurz versucht, sie mit dem sowieso schon zerrissenen Ärmel ihrer Bluse zu verbinden, doch es hatte keine drei Minuten gedauert und der ehemals weiße Stoff war rot durchtränkt. Jetzt war allerdings nicht die Zeit, einen ordentlichen Verband anzulegen, denn es warteten noch wesentlich dringendere Dinge auf sie.
Entschlossen drehte sich Sofia zu Maria und wollte gerade zum Sprechen ansetzten, als ihr wieder einfiel, was das letzte Gesprächsthema gewesen ist.
Gerade hatte Sofia begonnen, das „Vater unser“ zu beten, da wurde sie auch schon unterbrochen. Selbst bei diesem einfachen Gebet scheiterte sie, so würde die junge Frau niemals in den Himmel kommen.
„Ach das meinst du! Damit habe ich schon den ein oder anderen verstört, aber scheinbar ist unser Möchtegern-Romeo nicht so leicht zu brechen.“
Überrascht schaute Sofia ihre Mentorin an. Sie hatte mit vielem gerechnet, jedoch nicht damit. Scheinbar entging auch Maria dies nicht.
„Alles okay bei dir?“, fragte sie und schaute sie aus großen Augen an.
„Ja oder eher nein, ich dachte, nun würdest du mich wirklich einen Kopf kürzer machen, immerhin hast du mir schon oft genug damit gedroht.“, erklärte Sofia erstaunt. In ihrem Kopf hatte sie sich die verschiedensten Szenarien ausgemalt, unter anderem, dass Maria aus ihrem Schrank ein Beil herzauberte und sie durch ganz Regalo jagte, bis sie Sofia in eine Sackgasse gejagt hätte und sie dort Stück für Stück auseinandernahm. Und das war noch das harmloseste.
„Also wirklich, so denkst du über deine langjährige Mentorin? Habe ich dir je etwas Böses getan?“
Als hätte sie darauf gewartet, kam die Antwort: „Ja! Oder hast du schon wieder vergessen, wie du mir das eine Mal in den Fuß geschossen hast?“
„Komm mir nicht damit! Du weißt, dass das ein Versehen war!“
Wütend stemmte Sofia die Hände in die Hüfte, bevor sie mit trotziger Stimme erwiderte: „Das ist keine Entschuldigung!“
Lange Zeit sagte keiner von beiden etwas, bis Maria versöhnend einen Arm um Sofia legte.
„Du weißt, wie sehr es mir leidtut, Sofia.“
„Ist doch sowieso alles bereits vergeben, nur noch nicht ganz vergessen.“, winkte sie mit einem Lächeln ab.
„Das wirst du auch niemals vergessen, glaube mir, ich spreche aus Erfahrung.“
Beide brachen sie in lautes Gelächter aus. Die Erinnerung an damals waren einfach zu lustig und auch ein bisschen schmerzhaft, aber dafür würde diese sicher mal eine gute Geschichte für ihre Enkel abgeben, wenn es denn jemals jemand schaffen würde, an sie heranzukommen, ohne dabei zu sterben.
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Diamante di Luce [Arcana Famiglia]
Fiksi PenggemarDie „Colpo di Stato" ist eine verdeckte Organisation, die die Macht aus den Händen der Arcana Famiglia an sich reißen will, um damit Regalo in Angst und Schrecken zu stürzen und das Verbrechen wieder aufblühen lassen möchte. Sie existiert nun schon...