"Er ist ein Deutscher!"
"Du auch, Tristan"
"Er wird uns alle verraten und umbringen!"
"Er bleibt hier. Ende der Diskussion"
"Du bringst uns alle ins Grab..."Der Zuschlag einer hölzernen Tür war zu hören und das weckte Francis aus seinem Schlaf. Verwirrt sah er sich um und bemerkte Trockenheit, Sauberkeit, weniger Schmerzen und einen angenehmen Duft von Lillien im Frühling. Verunsichert sah er zuerst an sich hinab und entdeckte viele weiße Bandagen und einen nackten Oberkörper. Auch sein Kopf war verbunden und medizinisch behandelt.
"Du bist wach", hörte Francis die Stimme einer alten Frau vom anderen Ende des Raumes. Sie stand an einem braunen, abgehackten Schreibtisch und richtete ein Tablett mit Speisen und Getränken. Zur anderen Seite schob sie ein Tablett mit blutigen und dreckigen Kompressen beiseite. Francis versuchte sich erneut daran zu erinnern, wer er denn nun war und warum er überhaupt da war, aber nichts gelang in sein Gedächtnis.
"Du kannst von großem Glück sprechen, dass meine Tochter einst eine begabte anerkannte Ärztin war. Hätte sie sich nicht für dich eingesetzt, hätten wir dich alle wohlmöglich sterben lassen." Sie war eiskalt und hatte keinerlei Reuegefühl in sich. Sie hasste die deutschen Soldaten, obwohl sie genauso fließend deutsch sprach.,,Ich danke ihnen...", antwortete Francis dankbar.
"Oh, danke nicht mir. Du bist mir vollkommen egal. Meine Tochter hat dir das Leben gerettet"
"Darf ich mich bei ihr bedanken?"
"Pf", zischte die alte Frau und platzierte das Tablett mit Brot und Butter neben ihm auf dem Nachttisch. Francis griff nur zögerlich nach dem Essen, aber er war ausgehungert. Er hätte ein ganzes Pferd essen können. Die Frau beobachtete ihn mit verengten Augen. Die Tür öffnete sich und hinein kamen zwei junge Männer mit enormer Größe und einfachen Jacken. Sie sahen auf Francis und warfen ihm dann einen undefinierbaren Blick zu:,, Du bist also dieser Soldat, den Elynore mit Tristan angeschleppt haben..."Vom Äußeren wirkten sie wie Zwillinge und verhielten sich auch ähnlich. Die zwei Namen wanderten in seinem Kopf umher, als kannte er sie bereits aus dem Kontext, fand aber keine Verbindung.
"Wie kannst du es wagen plötzlich aufzutauchen?"
"Wie bitte?"
"Das wird dir noch leid tun, dass du-"
"Richard!", schrie die Stimme jener Frau, die im dunkelblauen Mantel im Türrahmen stand. Sie zog sich im Moment die dunklen Samthandschuhe aus und stellte die Beutel mit Einkaufsgütern auf den anliegenden Tisch. Neben ihr stellte sich der hochgewachsene Körper eines Mannes auf. Er trug einen schwarzen Mantel und folgte der schönen Frau hinein. Ihr Gesicht war noch schöner, als er es sich vorgestellt hätte. Sie wirkte verärgert und bat alle drei anderen Personen aus dem kleinen Dachgeschosszimmer. Als alle den Raum verließen und die Tür hinter sich schlossen, setzte sich die junge Frau mit monotonem Gesicht auf die Bettkante und begutachtete die Verbände und Kopfwunden. Zufrieden ließ sie von ihm ab und räumte das Chaos im Raum auf. Francis beobachtete die brünette Frau bei ihren Bewegungen und kassierte einen erschütternden Blick von dem hochgewachsenen Mann. Vielleicht war es ihr Ehemann?, rätselte Francis.,,Wie geht es dir?"
,,Um Weiten besser"
,,Gut. Ich bereite Abendessen vor. Zieh dir etwas an und stoße dann zu uns. Du musst zu Kräften kommen"
,,Danke..."
Sie erwiderte nichts und verschwand aus der Kammer. Nur der große Mann blieb zurück und reichte ihm einen Haufen Kleidung. Ernst sagte er:,, Du erinnerst dich nicht"
,,Nein", äußerte Francis seufzend und zog sich das braune Leinenhemd über, worin er wie ein Bauer aussah. Der Mann schüttelte den Kopf:,, Vielleicht ist es auch besser so." Mit gesenktem Kopf verschwand auch er aus dem Raum und ließ einen unwissenden Francis zurück. Was hatte das zu bedeuten? Sie kannten sich nicht?Nach einigen Minuten stieg Francis die weiten Treppen hinunter, bis ihm ein nahhafter Geruch in die Nase stieg und er diesem in das anliegende Wohnzimmer folgte. Während er eintreten wollte, stieß ein rennendes Mädchen gegen seinen muskulösen Oberkörper und stolperte zurück. Sie hielt sich den verletzten Kopf und sah hinauf. Ihre braunen Augen glänzten unsicher und liebevoll. Vorsichtig entschuldigte sie sich und bekam ein nettes Lächeln zur Antwort.
,,Leony! Ich hab dir bereits erzählt, dass du nicht rennen sollst im Haus!"
,,Entschuldigung, Mami..."
,,Geh dir die Hände waschen, Liebes"Die junge Frau entdeckte Francis und für einen kurzen Moment schlief ihr Gesicht ein. Dann schluckte sie den Schock runter und deutete auf das Wohnzimmer:,, Setz dich doch." Francis gehorchte still und setzte sich neben das kleine Mädchen. Sie sah ihn mit großen Rehaugen an, während sie unruhig auf dem Stuhl hin und her rutschte. Er schätzte sie nicht älter als sechs Jahre. Sie war zuckerlieb und ein herzensgutes Mädchen mit guten Manieren. Die ganze Zeit wandte sie den Blick von ihm nicht ab. Ihre Mutter servierte die Gerichte und wandte gezielt den Blick von Francis ab. Doch dann sprach der große Mann neben der Mutter der kleinen Leony:,, Also... Er ist unser Gast. Ich möchte keinen von euch erwischen, wie ihr ihm zu nah tretet. Das gilt vor allen Dingen für euch beide, John und Richard!"
,,Ja, Chef..."
,,Gut. Also ich bin Tristan. Das ist unsere Mutter Dorothea. Dann ist das meine Schwester Elynore und... ihre Tochter Leony"
Er hielt kurz im Satz inne und schaute unsicher zu seiner Schwester Elynore, die nur den Kopf bittend schüttelte. Sofort reagierte er, aber Francis sah darin keinen Sinn.
"Ely ist Medizinerin an der deutschen Front gewesen, bis unsere Mutter krank wurde und sie sich um diese sorgte."
,,Entschuldigt wenn ich frage,... aber ich hab keine Ahnung, wer ich bin"
"Du bist deutscher Soldat. Anscheinend halten sie dich für tot und haben dich zurück gelassen. Ely hat dich am Totensee gefunden und behandelt."Er war Soldat? Dann bildeten sich zumindest einige Zusammenhänge mit den brutalen Bildern in seinem Kopf, aber noch immer standen einige Fragen offen.
DU LIEST GERADE
Lass uns Winter 1944 treffen
Romance//ABGESCHLOSSEN\\ "Werde ich sie wiedersehen?" "Möglich" "Wann?" "Winter 1944" Francis ist Soldat der deutschen Armee und wurde verpflichtend an die Front gesetzt. Er hätte alles für sein Vaterland getan, nur änderte sich dies, als er er...