Dem Tod entkommst du eh nicht

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Wenn das Schicksal will, dass du stirbst, aber eine höhere Macht dies verhindert, immer und immer wieder, was wird das wohl mit dir machen? Was wirst du tun, wenn es dir zu viel wird?

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Jungkook

Es fühlte sich an, als würde ich nach Jahren aus einem langen Schlaf erwachen.
Dabei hatte ich zuvor nicht mal wirklich gelebt. Ich hatte schon immer existiert. Ich hatte seit tausenden von Jahren funktioniert, weil es das war, was meine Bestimmung war.

Doch ein Leben hatte ich nie. Ich hatte in all der Zeit so viel gesehen. Ich hatte so viele Katastrophen verhindert, weil ich den Göttern voraussagte, was sie tun mussten, damit die Ordnung bestehen blieb. Aber ich hatte bisher nie Bewusst darüber nachgedacht. Ich hatte meine Macht, die mir innewohnte und die es mir erlaubte, die Zukunft, die Gegenwart und die Vergangenheit zu sehen und ich hatte die Götter, die kamen und gingen, um sich einen Rat von mir zu holen, oder einen Blick in die Welt zu erhaschen. Die Götter, die meine Befehle befolgten, wenn ich wieder mal das Ende sah und sie schickte, um es abzuwenden.

Ich hatte seit jeher nichts anderes gemacht und es hatte mich nicht im geringsten gestört, doch in den letzten Jahrhunderten hatte sich etwas geändert. Ich fing langsam an, mir meiner bewusst zu werden. Ich began zu verstehen, was ich war und ich hörte auf, einfach bloß stumpf zu funktionieren.

Ich sehnte mich immer mehr nach dem, was jedes Leben haben konnte. Jedes Leben, außer meines. Mit all der Zeit, mit all den Veränderungen, die ich sah, hatte sich eines nie geändert. Und das war der Wunsch einer jeden Lebensform nach Nähe. Jeder wollte doch geliebt werden. Jeder wollte die Zuneigung eines anderen spüren. Ob es nun Götter, Menschen oder Tiere waren, die sich untereinander ein gemeinsames Leben aufbauten, oder ob es Götter waren, die sich nach einem Menschen sehnten und dann in menschlicher Gestalt auf der Erde wandelten, um diesem Nahe zu sein. Sie alle sehnten sich danach und sie alle konnten es bekommen.

Ich konnte das nicht. Ich hatte damit nie ein Problem gehabt, denn zuvor war ich mir dem nichtmal bewusst gewesen, doch wo sich jetzt so vieles für mich veränderte, fing ich an, diese Sehnsucht ebenfalls zu fühlen. Ich wollte ebenso jemanden lieben können und von jemandem geliebt werden, doch während ersteres wohl kaum ein Problem darstellte, war mir letzteres vergönnt.

Die einzigen, die mich jemals lieben könnten, waren die Götter, doch für sie war ich nichts weiter als ein Objekt. Sie kamen nur zu mir, wenn sie etwas über das Leben auf der Erde erfahren wollten, oder wenn ich sie zu mir rufen musste, weil es wiedermal eine Katastrophe gab, die es abzuwenden galt.

Auch wenn ich nach und nach begriff, dass sie ohne mich aufgeschmissen wären, weil sie ohne mich keine Ahnung hätten, welche Gefahr ihre Existenz als nächstes bedrohte, konnte ich nichts tun, um meine Sehnsüchte zu stillen. Ich konnte sie nicht zwingen, mich ebenso zu lieben, wie sie es mit anderen Taten. Meine Macht reichte einzig und allein für die Blicke in die Zeit. Für die Aufgabe, die mein Leben bestimmte.

Außerdem gäbe es auch keinen Gott, dessen Liebe und Nähe ich gewollt hätte. Denn obwohl er nur einen Wimpernschlag der Zeit existieren würde, die ich mächtig war zu sehen, hatte ich bereits einen Menschen gefunden, dem ich meine Liebe schenken wollte.

Ich hatte seine reine Seele bei meinem Blick in die Zukunft gesehen und ich wusste, ich wollte ihm alles Glück der Welt schenken.

Ich musste über ein Jahrhundert auf seine Existenz warten, doch seit es endlich so weit war, hatte ich nur noch Augen für diesen einen kleinen Menschen. Ich wollte ihm die Welt zu Füßen legen, auch wenn das nicht in meiner Macht lag.

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