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Ich mochte das Schreiben schon immer. Schon als kleines Kind schrieb ich immer wieder das Alphabet auf. Später schaffte ich es einzelne Wörter zu schreiben, dann Sätze. Irgendwann fing ich an Geschichten zu schreiben. Das Schreiben hilft mir. Wenn ich, zum Beispiel, einen Streit habe, mache ich daraus eine kurze Geschichte. Ich schreibe alles von Anfang bis Ende auf. Danach fühle ich mich meistens besser. Doch es gibt Situationen, da hilft nicht mal das Schreiben. Du weißt, niemand kann dir helfen, sitzt dich einfach auf dein Bett, setzt die Kopfhörer auf deinen Kopf, blendest alles aus.

Es gibt nur noch dich und die Musik. 

Zwar sitze ich jetzt auf meinem Bett und höre Musik, aber das einfach nur so. Mir ist langweilig. Habe nichts zu tun. Hausaufgaben erledigt, gecheckt, ob die Wellensittiche noch leben...

"Elly? Kommst du mal kurz?", höre ich meine Mutter rufen.

"Was ist denn?" Keine Antwort. "Mama, was ist?" Keine Antwort. 

"Mein Gott!" Schimpfend stehe ich auf und laufe die Treppe runter in die Küche. Kaum bin ich da, fängt meine Mutter auch an zu reden: "Könntest du kurz rüber zum Supermarkt und Eier holen?" "Eh, ja." "Geld ist auf dem Flur." 

Mit schnellen Schritten laufe ich in den Flur, nehme das Geld und gehe zur Tür. Ich ziehe meine Schuhe und Jacke an und gehe raus. Der kühle Herbstwind weht mir angenehm ins Gesicht und ich atme erleichtert aus. Langsam laufe ich Richtung Supermarkt. Da ich es nicht eilig habe, nehme ich den Weg durch den Park und setzte mich dort auf eine Bank. Ich schaue solchen bekloppten Jungs zu, die sich gegenseitig fast ermorden. Ich gucke genauer hin und mir fällt fast die Kinnlade runter. Das sind ja die Jungs aus meiner Klasse. Ich muss hier weg, bevor die merken, dass ich hier bin. Sofort springe ich auf und laufe so schnell es geht los, versuche jedoch unauffällig zu bleiben. 

Doch mein Schicksal mag mich ja nicht.

"Ist das nicht Elly?", höre ich Julian, diesen Spasti, rufen. "Elly?", höre ich ihn wieder, doch ich gehe einfach weiter, mein Blick auf den Boden gerichtet. "Gleich bin ich aus dem Park raus, dann bin ich in Sicherheit.", flüstere ich mir selber zu. "Elly!" Die Stimme ist jetzt viel näher. Ich bleibe einfach stehen. "Man, was willst du?", frage ich genervt. "Warum so scheiße drauf?" Ich drehe mich um. "Vielleicht, weil ich mich gerade frage, weshalb ich in den Park gekommen bin, denn das war eine beschissene Idee.", sage ich noch genervter. "Warum beschissen?", fragt Julian verwirrt. Ich atme kurz aus. "Weil du auch hier bist." Ich drehe mich um und laufe weiter. 

Dieser Junge regt mich so auf. Überall taucht er auf. In der Schule muss ich mich schon quälen, da er neben mir sitzt. Warum muss er dann auch noch in meiner Freizeit auftauchen? 

***

20:00 Uhr. Sitze vor meinem Laptop und schaue mir YouTubevideos an. Plötzlich geht die Tür auf. "Da ist jemand am Telefon. Für dich.", sagt mein Bruder Jonas. "Sag mir bitte, dass du das Telefon mitgenommen hast.", sage ich ohne ihn anzuschauen. "Nö!", antwortet er und geht einfach, ohne die Tür wieder zu zu machen, weg. Genervt stehe ich auf und laufe runter. "Wo ist das Telefon, Jonas?", rufe ich. "Im Wohnzimmer." Schnell gehe ich ins Wohnzimmer und halte das Telefon an mein Ohr. "Hallo?" "Hi." Kenne ich diese Stimme überhaupt? Kann sie nicht identifizieren. "Ja?", frage ich verwirrt. "Hi." "Wer zur Hölle bist du?", frage ich genervt. "Hi." "Ach, hallo 'Hi'. Wie gehts dir so? Habe lange nichts mehr von dir gehört.", rufe ich sarkastisch. "Hi." "Ey, bist du dumm? Wer bist du?" "Blub." Ich gebe mir ein Facepalm, was die Person am Telefon leider nicht sehen kann. Wie schade.

"Bye.", sage ich und lege auf. Mitten auf der Treppe klingelt wieder das Telefon. Schnell gehe ich wieder runter und nehme ab. "Hallo?" "Hi." "Hör auf mich anzurufen, du Spacko." "Du bist ein Spacko." Diese Stimme... Hätte ich es gleich wissen müssen. "Geh dich begraben, Julian.", und aufgelegt. Zur Sicherheit nehme ich das Telefon mit nach oben, damit ich, falls Mister Spacko wieder anrufen wird, nicht wieder runter laufen muss. Ich schaue auf die Uhr. 20:08 Uhr. 8 Minuten Lebenszeit umsonst verschwendet. Ungefähr eine Minute später klingelt wieder das Telefon. Wütend nehme ich ein weiteres mal ab. "Brauchst du Hilfe beim graben?" "Was?", höre ich die Stimme meiner Freundin Maya. "Ach, du bist es. Sorry, ich dachte nur... Ich... Ach egal, ist nicht wichtig." "Tolle Begrüßung." "Sorry. Ich wusste nicht, dass du es bist." "Ach egal. Wie gehts dir?" "Schleeeecht, dir?", antworte ich. "Gut. Was ist passiert?" "Vielleicht hast du von Mister Spacko gehört.", frage ich. "Julian?" "Jo." "Was hat er jetzt schon wieder gemacht?", fragt sie genervt. Maya hasst Julian schon seit der 5. Klasse. Seit der 5. Klasse kennen wir ihn. 

"Erzähl ich dir morgen." "Wenn du meinst." "Warum hast du angerufen?" "Nur so." "Achso." 

Wir reden ein wenig, dann legen wir auf. Mittlerweile ist es schon 20:43 Uhr. Ich schalte den Laptop aus und gehe zu meinem Bücherschrank. Ich nehme mir irgendein Buch heraus und setzte mich auf mein Bett. 'Das Schicksal ist ein mieser Verräter'. Habe ich bestimmt schon 100-mal gelesen, aber man kann nicht genug davon bekommen. Wenn ich dabei 'Amnesia' von 5 Seconds Of Summer höre, muss ich weinen. Aber nicht das ganze Buch durch, nur bei traurigen Stellen, zum Beispiel, als Augustus Waters gestorben ist. Traurig...

***

Give you this, give you that

Blow a kiss, take it back

If I looked inside your brain

...

Warum läuft gerade 'I want' von One Direction? Wer hat das angemacht? 

Müde werfe ich die Decke weg und gucke mich im Raum um. Keine Seele in Sicht. Warte, ist das nicht mein Weckerton? Das bedeutet Schule. Schule bedeutet aufstehen. Aufstehen bedeutet von Julian genervt werden. Toll.

Hoffnungsloser FallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt