Kapitel 8.

2.2K 90 8
                                    

Nervös auf mein Bleistift kauend blickte ich abwesend nach vorne zur Tafel, wo mein Chemielehrer gerade ein paar Reaktionsgleichungen anschrieb. Was die Gleichungen genau beinhalteten, war mir die ganze Stunde nicht klar gewesen, denn mit meinen Kopf bin ich absolut bei der Situation heute morgen gewesen. Oder genauer gesagt bei dem Punkt, an dem ich am liebsten über meine eigentlich verhasste Lehrerin, hergefallen wäre. Das machte meine eiskalte Fassade dann doch etwas brüchig und allzu positiv konnte ich das absolut nicht sehen.

Ich durfte keine Schwäche zeigen. Nicht jetzt oder sonst irgendwann. Sie war noch immer eine Tyrannen von Lehrerin. Sie war meine Lehrerin. Fuck, wieso kribbelt es so krass in der Bauchgegend wenn ich daran denken muss, dass meine Lehrerin mich schwach machte. Ich sollte das Gefühl hassen. Es verfluchen, bekämpfen und letztlich zerstören. Wie gut, dass heute Abend das Training der weiblichen Schulmannschaft des Fußballs anstand. Da würde ich mir gleich den ersten Ball schnappen und ihn so ins Tor schießen, dass das Netz daran zerreißt.

Im Endeffekt konnte ich meine Mordpläne zu meinen Emotionen nicht allzu lange führen, da irgendwann die Zeit gekommen war und ich kein richtigen Unterricht mehr hatte. Ich konnte mittlerweile drum wetten, dass diese Frau, sich meinen Stundenplan geholt hat, um ganz genau zu wissen, wann ich Schluss habe und ich somit spätestens bei ihr, beim wundervollen sein musste. Trotzdem sah der Weg nach draußen durch die Eingangstür viel zu attraktiv aus. So attraktiv um zumindest kurz frische Luft schnappen zu wollen. Doch kurz bevor ich die Tür überhaupt ergreifen konnte, ließ ich mich eine laute und mittlerweile viel zu bekannte Stimme davon abhalten.

„Miss Jones, haben Sie etwa vor, sich ein weiteres Mal vor dem Nachsitzen zu drücken ? Dann begebe ich mich dich gleich direkt zum Direktor."

Murrend drehte ich mich um, um auf direkten Wege auf sie zuzulaufen und letztlich vor ihr stehenzubleiben. „Wissen Sie, bevor ich ihre wunderbare Stimme gehört habe, hatte ich schon keine Lust auf das Nachsitzen, jetzt wo ich Sie vor mir stehen habe, habe ich immer noch keine Lust drauf. Also, lassen wir es mal gut sein und gehen einfach Nachhause."

Unbeeindruckt zog Miss Morgan eine Aufenbraue hoch, während sie abwartend ihre Arme vor ihrer Brust verschränkte. Ein kurzes nicken nach techts zu ihrem Klassenraum, symbolisierte mir, dass das Nachhausegehen wohl nur in meinen Träumen existierte. „Sofort in den Raum mit Ihnen, Miss Jones. Ein weiteres Mal fordere ich Sie nicht dazu auf."

Mit einem schiefen Blick sah ich die Lehrerin inmitten des Ganges stehend prüfend an, während ich mich erstmal nicht vom Fleck bewegte. Was sollte dieses Siezen aufeinmal ? Soll mir das nur grundlos den Kopf zerbrechen oder hatte sie nun plötzlich damit vor, mehr Distanz zwischen uns aufzubauen. Denn ich erinnere mich an die Zeit am Anfang, wo das Duzen noch zum Alltag gehörte. Schulterzuckend ließ ich den Gedankengang einfach fallen und ging mit einem gleichgültigen „Okay" in Richtung des Klassenraumes, um mich direkt mit einem leisen Seufzen hineinzubegeben und mich schon automatisch in Richtung letzter Reihe zu begeben.

„Sie sitzen ganz vorne, wo ich Sie gut im Blick behalten kann. Nicht, dass Sie noch auf dumme Gedanken kommen." Murrend verdrehte ich bloß die Augen und sah sofort genervt zum Platz ganz vorne, direkt vor ihrem Pult, um mich dann noch lustloser als ohnehin schon dorthin zu schleppen. „Auf diese Gedanken komme ich erst mit zunehmender Nähe zu Ihnen." brummte ich eher zu mich selbst, als eine wirkliche Aussage ihrer Aufforder gegenüber und ließ mich dann mit einem lauten Seufzer auf den Platz fallen. „Also bin ich nun hier, um wieder meine Hausaufgaben zu machen und mich von Ihnen beobachten zu lassen, oder haben Sie diesmal andere Pläne ?"

„Pläne ? Davon habe ich viele. Manche weniger für die Schule geeignet, da sie wahrscheinlich Körperverletzung beinhalten. Doch Sie Miss Jones, führen mich immer wieder in Versuchung wütend zu werden. Auch jetzt wollen Sie mich ganz offensichtlich provozieren, doch ich habe etwas für Sie vorbereitet." Kurzerhand öffnete Sie eine Schublade ihres Pults und holte einen zusammengetackerten Haufen Blätter heraus, den sie dann auf meinen Tisch fallen ließ. „Ihre Aufgaben für den heutigen Nachmittag. Denn das wird sicher länger dauern. Das kommt davon, wenn man eine Lehrerin zur Seite schubst und sich danach noch traut sich weiterhin respektlos ihr gegenüber zu verhalten. Das war wirklich sehr dumm von Ihnen, Miss Jones." Mit einem zufriedenen Ausdruck in ihrem Gesicht ließ sich dann Miss Morgan gegenüber von mir auf ihrem Stuhl nieder und blickte mich dann abwartend an.

„Sie sind der Teufel. Langsam wird es schon absurd, dass mir das immer noch niemand abkauft." Murrend nahm ich dann ein Stift in die Hand und begann genervt zu schreiben. Gott, hasste ich diese Frau.

Leise lachend schüttelte Miss Morgan daraufhin bloß ihren Kopf und lehnte sich amüsiert zurück, während sie ihren Blick auf mir ruhen ließ. Es ist schon schlimm genug, wenn irgendjemand dich durchgehend beobachtet, wenn du versuchst dich zu konzentrieren. Doch wenn Miss Morgan das tut, nagt es mehr an meinen Nerven als alles andere. Diesen Blick spürte ich nämlich schon seit der ersten Sekunde auf mir ruhen, ohne überhaupt gesehen zu haben, dass sie mich tatsächlich beobachtete. Und nein, das war keineswegs eine Einbildung, denn als ich eine halbe Stunde später aufschaute, traf ihr Blick direkt auf meinen.

„Wären Sie vielleicht so freundlich und würden woanders hinschauen ? Ich meine, spätestens nach einer halben Stunde sollte Ihnen doch bereits langweilig, beim ewigen Beobachten werden."

„Nein, ich muss Sie leider enttäuschen, Miss Jones. Langweilig wird mir gerade keineswegs. Ich genieße es vielmehr zusehen, wie Sie nun ohne weitere Widerrede, die absurd vielen Aufgaben machen. Den Triumph könnte ich mir ewig anschauen."

Mit meinen Stift in der Hand spielend, musterte ich sie mit meinen Stift prüfend. Es war ein selbstgefälliges Schmunzeln auf ihren Lippen zu erkennen. Ich konnte es nicht leiden. Doch die durch den Lippenstift gefärbten roten Lippen, die mochte ich viel zu sehr anzuschauen. Murrend ließ ich mich zurück in die Lehne des Stuhls fallen und verschränkte gereizt meine Arme vor meiner Brust. „Scheiße!" gab ich brummend von mir und sah kurz zur Uhr hinauf, die über der Tür hing. Wie lange würde es wohl dauern, bis ich durch diese Tür heute durchgehen konnte ? Ich musste mir einen Plan ausdenken, der mich hier noch früher rausbringt, als es eigentlich von ihr vorgesehen ist. Denn die Aufgaben auf meinen Tisch würden den ganzen Nachmittag brauchen und da ist mir eher weniger nach. Außerdem wird dieses ständige Nachsitzen bei ihr, irgendwann meiner Mutter auffallen und mich da immer wieder rausreden zu müssen, ist unmöglich. Langsam ließ ich meinen Blick wieder zu Miss Morgan gleiten, die zu meiner Überraschung nicht mehr dort am Pult saß, sondern aufgestanden ist, um nun um ihr Pult herum vor meinen Tisch zu kommen, der sich schon ohnehin unmittelbar vor ihrem Pult befand. Geduldig setzte sie sich nun auf die Kante ihres Pults und nickte auf die Aufgabenzettel runter.

„Sie sollten lieber weiterarbeiten. Sonst sitzen wir hier noch in den Abendstunden. Und da Sie noch ein paar Nachsitzstunden bei mir sicher vor sich haben, sollten Sie sich die Zeit lieber etwas einsparen."

Nachdenklich sah ich kurz zu den Zetteln runter, bevor ich sie dann ergreife und mit diesen aufstehen, um sie auf Miss Morgans Pult zu legen. „Ich bin fertig für heute. Bis zum nächsten Mal."

Gerade als ich mit einem zufriedenen Blick zur Tür gehen wollte und meine Freiheit schon fühlen konnte, packte mich eine recht kühle Hand am Handgelenk, um mich zu meiner Englischlehrerin zurückzuziehen. „Miss Jones, Sie haben gerade einmal zwei Blätter bearbeitet. Ich bezweifle sehr, dass Sie fertig sind. Erst recht, weil ihre Arbeit hier in ihre Note miteingehen wird und Sie bestimmt nicht noch ein Jahr bei mir haben wollen. Oder etwa doch ?" Schmunzelnd legte sie ihre freie Hand an mein Kinn, um so meinen Blick zu ihr hinauf zu lenken.

So nah war ich ihr das letzte Mal heute Morgen gewesen und da hatte sie gefühlt meine Fassade mühelos zum bröckeln gebracht. Jetzt jedoch schreit es in mir danach, etwas aus dieser Nähe zu machen, was es noch anstrengender machte, ihr nun direkt in die Augen zuschauen. „Miss Morgan.." begann ich mit mehr oder weniger starker Stimme, „ich bin mir sicher, dass Sie mich noch öfter in ihrem Raum nach der Schule sehen wollen." Ein leichtes Schmunzeln bildete sich nun langsam auf meinen Lippen, während ich mich ebenso langsam zu ihrem Ohr rüberbeugte, um ihr die nächsten Worten in ihr Ohr zu hauchen. „Jetzt haben Sie ein Grund dafür."

In love with my teacherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt