Miss Jackson

you'll understand what happiness is

Laute Orchestermusik dröhnte in meine Ohren als ich im Arbeitszimmer an einem Regal schraubte. Die Balkontüren waren weit geöffnet und die kalte Winterluft flutete das Zimmer. Ethan hatte mir gestern versprochen mit mir die Tapete an die Wand zu bringen. Laut ihm musste er jetzt 14 Jahre wieder wettmachen. Dad hatte sich heute schon vom Dienst verabschiedet, da er in die Arbeit musste. Also liefen wir nicht Gefahr das die Überraschung für Weihnachten kaputte gehen würde. Liza war in der Arbeit um die letzten Sachen zu klären. Nach dem Ferien würde sie dann endlich anfangen und sie konnte es kaum erwarten.
Es klingelte Laut an der Tür und ich wurde aus meinen Gedanken gerissen. Freudig sprang ich vom Boden auf, stellte die Musik leiser und raste zur Tür. Ethan strahlte heller als die Sonne als ich die Tür aufriss. Neben ihm stand noch jemand. "Jackson!", sagte sich und riss die Augen weit auf. Seine Augen strahlten mir entgegen. Er war Dad wie aus dem Gesicht geschnitten. "Hi Grace", begrüßte er mich verlegen. Ich musterte ihn. Er trug ein rot kariertes Hemd und eine dunkle Jeans, dazu schwarze Converse. "Kommt rein", kam es aus mir ganz automatisch. Grinsend kamen meine Brüder herein und ließen den Blick über das Chaos schweifen.
"Eine schöne Wohnung", meinte Ethan der sie noch nie von innen gesehen hatte. "Danke", meinte ich und schob einen Karton aus dem Weg. Ich führte meine Brüder in mein Arbeitszimmer.
"Wo soll denn die Tapete hin?", fragte Ethan, während Jackson sich über mein Klavier beugte.
"Du spielst?". Ich nickte und Wand mich wieder Etans Frage.
"Ich hätte sie eigentlich gerne hier hin", sagte ich und wies auf die nackte Wand, vor der wir standen. Aus dem Augenwinkel sah ich wie mein kleiner Bruder um das Klavier herum ging und meine Notizen begutachtete. Mein Herzschlag schoss in die Höhe. Ich hasste es, wenn jemand meine unvollendete Arbeit untersuchte.
Ethan bemerkte meine Unruhe und zählte eins und eins zusammen.
"Jackson lass das, wir müssen anfangen", pfiff er ihn mit liebevoller Strenge zurück. Ich war überrascht. Jackson sah hoch und hörte auf ihn. "Sorry, ich bin nur neugierig auf meine Große Schwerster", säuselte er und grinste verlegen. "Schon okay", versicherte ich ihm.
Bevor wir an die Arbeit gingen, machte ich die Balkontüren zu und räumte meine ganzen Sachen in eine Ecke und erzeugte einen großen Haufen. Jackson kümmerte sich um das große Regal während ich mit Ethan die Tapete an die Wand brachte. Es machte viel Spaß mit den beiden zu arbeiten und innerhalb von zwei Stunden war die Wand beklebt und zwei Regale aufgebaut. Während der Arbeit redeten wir viel und lauschten der Musik die aus meiner Box kam. Ich war ziemlich überrascht als Ethan bei 'What makes you beautyful' mitsingen konnte. Jackson hatte nur die Augenbrauen hochgezogen und sich seiner Schublade gewidmet.
Nachdem die Tapete an der Wand war und meine Regale aufgebaut waren, wollten sie nicht aufhören. Im Gegenteil, innerhalb weniger Stunden war das komplette Wohnzimmer gestrichen und der neue Fließen spiegel in der Küche angebracht. Ich hätte mir nie gedacht das die beiden solche Handwerker sind.
Später am Abend kam Liza nach Hause und wir bestellten Burger. Zu viert hockten wir im Wohnzimmer auf der Couch und redeten angeheizt über das anstehende Weihnachtsfest.

Ich wusste nicht was mit mir los war, aber ich war so unfassbar glücklich. Ich sprudelte vor lauter Freude und lachte auch wieder richtig.
Vielleicht überdeckte die Freude den Schmerz.

"Was essen wir denn am Weihnachtsabend?", fragte Jackson dann und sah gespannt in die Runde.
"Gute Frage", meinte Liza und stützte das Kinn an der Hand.
"Wo kommt ihr denn alle her? Bei uns ist doch der Truthahn Tradition!", mischte Ethan mit. Ich war etwas abwesend und schielte auf eine Kiste die neben dem Sofa stand. In großen, schwarzen Lettern stand 'Weihnachts- Deko' drauf. Es war genau ein Teil drin, auf das ich scharf war. Und zwar eine Schneekugel in der ein paar über einen gefroren See tanzte. Wenn man sie aufzog, erklang unser Wiegenlied.
Eine unscheinbare Melodie, die aber sehr einschläfernd war.
Vom Schnee hatte ich mich schon verabschiedet, aber nicht von der Erinnerung, die diese Kugel mit sich brachte. Es war das letzte Geschenk meiner Großmutter gewesenen, bevor sie 2005 gestorben war. Ich hing an der Kugel, auch wenn sie nur an Weihnachten zum Vorschein kam. Wie ferngesteuert stand ich auf, während die anderen übers Kochen diskutierten und kniete mich vor die Kiste.
Langsam räumte ich sie aus und fand viele schöne und vor allem alte Dinge. Dad hatte mir die Kiste extra gebracht, falls ich Gelüste nach Weihnachten verspürte. Ich zog ein paar Lichterketten, Figuren und einen Türkranz heraus. Ganz unten in der Kiste war sie eingewickelt in Zeitung, versteckt. Andächtig zog ich sie heraus und befreite sie vom Papier. Sobald die Melodie erklang wurde es still. Alle lauschten plötzlich, da drei von vier das Lied kannten. Leise sang ich den Text mit. Mir brannte das Herz, doch ich blieb tapfer. Liza kam ganz leise zu mir runter und legte ihre Arme in meine Schultern. Ich starrte auf das kleine paar, wie es sich langsam zur Musik drehte.
"Lang, lang ists her", murmelte Etahn.
Als das Lied vorbei war, sah ich meine liebste an.
"Können wir dekorieren?", fragte ich dann mit kratziger Stimme. "Aber klar doch", meinte sie und lächelte sanft.
"Wir helfen natürlich mit!", sagte Jackson eifrig und griff nach seinem Handy.
"Wir brauchen Musik!".

Und dann dekorierten wir, was schon aufgebaut war. Auf mein Klavier kamen ein paar grüne Kunstzweige mit roten Kerzen, an die Haustür der üppige Kranz. Um jede Tür kamen Tannenzweige und Lichterketten. Auch wenn viel beim Einziehen stören würde, es machte mich glücklich.
Zu guter Letzt kamen kleine Gesteckte  auf die Tische. Auf die  Nachttische kamen Teelichtgläser und kleine Engel. Auf den Schreibtisch stellte ich die Schneekugel. Direkt unter das Bild mit Lucy. Ich atmete laut aus als ich es sah. Es tat weh zu wissen sie jetzt nicht bei mir zu haben, aber ich konnte  es nicht ändern. Sie war jetzt bei den Engeln und passte auf mich auf.

Verspätet kommt jetzt das neue Kapitel, ich hoffe es gefällt euch. Meinungen und Anregungen gerne in die Kommentare. Danke fürs Lesen
LG Todeskind ❄☃️