Bei dem Theater das Lily ihr soeben vorgespielt hatte, hätte man gut und gerne glauben können, sie wollte Chantal ein weiteres Mal auf den Arm nehmen. Doch Chantal wusste es besser. So gut schauspielern konnte auch eine Lily Evans nicht.
„Lily, bei Merlin, sag mir was los ist! Du machst mir echt Angst!", eindringlich musterte Chantal ihre Freundin und hoffte irgendein Zeichen von ihr zu erhalten, dass die Situation aufklären würde.
„Es ist aus!", flüsterte Lily völlig apathisch und starrte durch Chantal hindurch ins Leere. Irritiert verzog diese ihre dunklen Augenbrauen und seufzte vor Ungeduld. Sie hasste es, wenn Lily das tat. Wenn sie sich etwas zur schlechten Angewohnheit gemacht hatte, dann, dass sie vom einen Moment auf den anderen ohne ersichtlichen Grund aus allen Wolken fiel, in totale Apathie versank und ihre Freunde stets im Unklaren darüber ließ, was in ihrem hübschen, zuweilen aber verbohrten und undurchschaubaren Köpfchen vor sich ging.
„Es ist aus!", sagte sie erneut, jedoch lauter als zuvor.
„Herr Gott nochmal, Lily! Mit was ist es aus? Rede doch endlich mal in vollen Sätzen mit mir!", erwiderte Chantal mit erhobener Stimme. Lily zuckte zusammen, anscheinend waren die Worte zu ihr durchgedrungen.
Leicht orientierungslos schaute Lily ihre Freundin an. Sie schien den einen Moment lang nachzudenken, bevor sie im nächsten völlig unvermittelt in Tränen ausbrach.
„Ich kann meinen Traum vergessen, Chantal! Ich hab totalen Mist gebaut!", gestand sie, während dicke Tränen an ihrer Wange herunter kullerten. Chantal wurde daraus nicht wirklich schlauer, aber es war ein Fortschritt. Besorgt scheuchte sie Mercutio auf, um sich neben Lily setzen zu können und sie behutsam in die Arme zu nehmen.
„Sssscht, Süße! Ganz ruhig. Erzähl mir doch erst Mal was genau passiert ist!", sagte Chantal leise und strich Lily einfühlsam über die roten Haare, während Mercutio sie mit einem Blick strafte, den nur Katzen beherrschten, erhaben und stolz wie sie waren.
„Die Aufgabe...sie...ich...ich muss eine Reportage....eine Reportage schreiben", erklärte Lily schluchzend und kramte in ihrer Handtasche aufgebracht nach einem Taschentuch.
Wieder verzog Chantal eine ihrer fein säuberlich gezupften Augenbrauen: „Ähm ja...aber wo genau liegt denn darin das Problem? Es tut mir Leid, dir das sagen zu müssen, Lily, aber Journalisten tun so etwas für gewöhnlich.", bemerkte Chantal und konnte sich den etwas spöttischen Unterton nicht verkneifen.
Empört und mit einem verständnislosen Knurren stieß Lily ihre Freundin von sich weg und blickte trotzig aus dem Fenster. „Das weiß ich selber, sei nicht albern. Ich hab hier echt ein Problem!"
„Dann rück' gefälligst mit der Sprache heraus und lass mich hier nicht weiter im Dunkeln herum tappen!" Langsam aber sicher wurde Chantal etwas ungehalten. Lily schaute ihr verunsichert in die Augen, bevor sie seufzte und traurig lächelte.
„Wir mussten alle ein Los ziehen mit dem Thema für unsere Reportage und ich....", sie machte eine Pause und holte tief Luft, um fortzufahren, „...naja, ich hab Potter gezogen." Um Chantal die Dramatik noch mal zu verdeutlichen, für den Fall, dass die Tränen nicht eindeutig genug gewesen waren, seufzte sie theatralisch und ließ die Schultern fallen.
„Wie 'du hast Potter gezogen'?", fragte Chantal ungläubig. „Musst du einen Bericht über all die Streiche und Flüche schreiben, die er seinen Mitschülern aufhalst? Oder ... oder musst du etwa über den Tod seiner Familie schreiben?"
„Weder noch", erwiderte Lily und tupfte mit dem Taschentuch ein wenig die von Tränen verschmierte Schminke unter ihrem Auge weg. „Er ist doch seit letztem Mai in der Auswahl für die Quidditch-Nationalmannschaft und im Juni war sein erstes Spiel."
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Ich verfasse dein Leben in Worte
FanfictionLILY&JAMES - Lily ist fest entschlossen Journalistin zu werden, auch wenn das bedeutet, die nächsten Wochen mit James Potter verbringen zu müssen. Denn ihre letzte Aufgabe im harten Kampf um einen Job beim Tagespropheten ist es, eine Reportage über...