„Und zwar folgendes", Tims Vater schaute Tim ernst an, „Als mein Vater mir das alles hier gezeigt hatte, fuhren wir nach Hause. Wir sprachen nicht über das Erlebte und immer wenn ich versuchte, ihn darauf anzusprechen, blockte er ab. Doch eines Tages, ein paar Wochen danach, wachte ich von einem lauten Geschrei auf. So schnell ich konnte, rannte ich in den Keller des Hauses. Ich schaute nicht nach meinem Vater, was sich später als großer Fehler erweisen würde." Tim merkte, wie seinem Vater die Tränen kamen.
„Also, im Keller angekommen, kauerte ich mich auf den Boden und dann: Boom! Eine riesige Explosion sprengte das ganze Haus in die Luft. Mir vielen ein paar Brocken der Decke auf den Kopf, ansonsten blieb ich aber unverletzt. Ich blieb noch ein- oder zwei Minuten regungslos auf dem Boden liegen. Ich versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen, doch es war mir nicht gegönnt. Nach einiger Zeit beruhigte ich mich, doch mir kam nur ein einziges Bild in den Kopf: ein Bild meines Vaters. So schnell ich konnte, rannte ich die völlig zerstörte Treppe hinauf, doch alles war zerstört. Auf dem Boden lag nur noch die Brieftasche meines Vaters. Darin ein paar Fotos, sein Ausweis, ein bisschen Bargeld, aber ansonsten nichts. So schnell ich konnte, rannte ich mit der Brieftasche zum Bahnhof. Es waren bestimmt zehn Kilometer, doch ich rannte ohne Pause. Am Bahnhof angekommen, setzte ich mich in den Zug, in dem ich schon vor einigen Wochen zu „Hold" gefahren war. Vor der großen Tür angekommen, klopfte ich so laut es ging an die Tür. Ich hatte ja keinen Schlüssel, um die Tür öffnen zu können. Es rührte sich nichts. Ich schrie mir die Seele aus dem Leib. Irgendwann, als ich schon aufgeben wollte, kam meine Mutter an die Tür und öffnete. Sie nahm mich in den Arm und wir blieben bestimmt zwei Minuten so stehen. Dann kam ein Mann vorbei und tauschte das Schloss an der Tür aus. Meine Mutter ging mit mir in die große Halle und ich setzte mich auf ihren Stuhl. Sie gab mir etwas zu trinken und ich erzählte ihr die ganze Geschichte." Tims Vater wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Tim war sichtlich geschockt über das, was er gerade erfahren hatte. Sein Vater hatte einen hinterhältigen Anschlag auf ihn und besonders auf Tims Großvater überlebt.
„Ich möchte nicht, dass dir das gleiche passiert!" Tims Vater nahm eine Flasche Wasser von einem Tablett, das Tims Oma in dem kleinen Raum hinterlassen hatte. Er nahm einen Schluck und stellte die Flasche zurück. Über eine Stunde saßen Beide einfach nur nebeneinander. Keiner regte sich, keiner sagte etwas.
Schließlich brach Tim das Schweigen: „Warum hast du mir nie davon erzählt?"
„Ich durfte nicht. Ich, als Mitarbeiter von Hold darf dir nichts davon erzählen. Doch irgendwann kommt der Moment, wo die Kinder es irgendwann herausfinden. Dann dürfen wir es ihnen sagen." Tim schwieg. Ihn hatten die Eindrücke der letzten zwei Tage zum Nachdenken angeregt.
„Und du hast Angst, dass mir das Gleiche passiert, wie dir damals?", fragte Tim also nun.
„Ja und die einzige Möglichkeit dich davor zu schützen ist, dass du hier bleibst", antwortete Tims Vater. Tim dachte nach. Er wollte natürlich, dass ihm nicht das Gleiche passiert, wie seinem Vater damals. Doch auf der anderen Seite wollte er auch seine Freunde nicht verlieren. Er nahm eine neue Flasche des Wassers und nahm einen Schluck. Es schmeckte irgendwie bitter und nicht nach Wasser. Doch Tim war zu aufgewühlt, um dies richtig wahrnehmen zu können. Auf einmal wurde ihm schwindelig. Vor seinen Augen verschwamm alles. Der ganze Raum war nur noch eine einzige Suppe aus schwarz. Dann sah er nichts mehr.
DU LIEST GERADE
Hold
Mystery / ThrillerViele Sachen können ein Leben verändern. Ein Todesfall, ein Unfall, ein Brand. Doch Timothy hätte nie gedacht, dass ein Klicken sein ganzes Leben verändern könnte.