Kapitel 3

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Verwundert über ihre Worte bringe ich überhaupt nichts raus und erst als Ilias mir auf die Schulter klopft um mich aus meiner Starre zu befreien, merke ich, dass sich das Mädchen schon an den Tisch gesetzt hat. Sie unterhält sich im Moment mit ihrer Freundin und beachtet mich kaum. Mein bester Freund klopft mir nochmal aufmunternd auf die Schulter und etwas überfordert nehme ich auf dem Stuhl gegenüber von ihr platz. Sie beachtet mich weiterhin nicht, aber das lasse ich mir nicht gefallen. Mit einem etwas lauteren Räuspern bekomme ich für einen Moment ihre Aufmerksamkeit. Sofort ergreife ich diese Gelegenheit und Lächel sie wieder an.

,,Hey, ich glaube ich habe mich noch nicht vorgestellt. Ich bin Adam."

Meine Hand hielt ich ihr über den Tisch hin und hoffte, dass sie mir nicht noch einmal einen Korb geben würde. Ihr skeptischer Blick wandert von meinem Gesicht zu meiner Hand, aber letztendlich zieht sie ihre Hand hervor und umschließt leicht meine. Ihre Hand ist um einiges kleiner als meine, aber das stört mich sonderlich wenig. Ihre Lippen presst sie zu einer schmalen Linie, wobei ihre kleine süße Stupsnase nur noch mehr zum Vorschein kommt. Ihre Augen spiegeln verschiedene Emotionen, die viel zu deutlich sind. Angst, Neugier und vor allem Skepsis erkenne ich. Ihr Haar liegt in leichten Locken auf ihren Schultern. Alles in allem, kann ich sagen, dass sie wunderschön ist, aber ist nicht ihr Aussehen, das mich fasziniert, nein, viel eher ihr Verhalten. So abweisend und skeptisch, aber irgendwie auch neugierig. Vielleicht kennt sie diese Situation nicht. Vielleicht möchte sie nicht hier sein, wobei ich sagen muss, dass ich genauso wenig wie sie meinen Nachmittag in diesem Restaurant verbringen will. Es wäre nicht schlecht wieder gehen zu können, aber das kann ich ihm nicht antun. Er hat mich um etwas gebeten und ich (Idiot) habe auch zugestimmt, weswegen ich es mir selbst verbockt habe. Ich merke wie ich angestarrt werde und schaue hoch zu ihr. Ertappt schaut sie auf den Tisch, wobei ihre Wangen sich leicht rosa färben. Man sollte mich nicht fragen warum, aber diese Situation ist für mich mehr als amüsant, weswegen ich meinen Kopf in den Nacken fallen lasse und anfange in schallenden Gelächter zu tauchen. Das Mädchen schaute mich nur mit glühenden Wangen wütend an, wobei ich einfach nur noch mehr lachen musste. Sie schnaubte verächtlich und nippte an ihrem Glas.

,,Daran ist überhaupt nichts witzig", gab sie bissig zu.

Ihr Blick wich meinem komplett aus. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf meine Lippen und ich legte meine unverletzte Hand leicht auf ihre. Mit einem Mal zuckte sie zusammen, zog ihre Hand weg und sah mich wütend an.

,,Sag mal gehts noch?"

Ilias und seine Freundin sahen prüfend zu uns. Im Restaurant wurde es allmählich leiser, aber dies war nicht wegen uns beziehungsweise dem verrückten Huhn gegenüber von mir, sondern, weil sie damit beschäftigt waren ihr essen zu verschlingen. Ich weiß nicht was ich hätte tun sollen, außer meine Hand ebenfalls wegzuziehen und mit meiner anderen Hand das Glas zu nehmen, um einen Schluck Wasser zu trinken. Ihre Wangen hellen sich wieder auf und ihre natürliche Bräune kehrt zurück. Ihr Blick hängt an meinem Verband. Ich weiß sie möchte mich darauf ansprechen, aber das tut sie nicht. Ich kann nicht einschätzen welche Emotionen jetzt in ihren Augen schimmern, aber ich kann sie nur erahnen. Vielleicht eine Mischung aus Neugier und Mitgefühl oder nur Mitgefühl. In mir wächst der Drang mit ihr zu sprechen, mehr über sie zu erfahren, aber aus meinem Mund kommt nichts. Es ist als wäre meine Stimme tonlos und immer wenn ich etwas sagen möchte kommt nur Luft raus. Und so sitzen wir, still gegenüber und die Blicke aneinander vorbei.

,,Was kann ich Ihnen bringen?"

Eine junge Kellnerin stand vor unserem Tisch und mustert uns beide geduldig. Sabah diktierte ihre Bestellung mit einem höflichen Lächeln, wobei ich nur etwas überfordert durch die Karte blättere, um dann das erst beste Gericht zu wählen. Die Kellnerin schreibt sich alles auf, schenkt uns ein kurzes Lächeln und verschwindet dann wieder. Mein Date sah mich nur komisch an, sagte aber nichts. Ich ignoriere gekonnt ihren Blick und starre wieder an ihr vorbei. Als mir diese Stille allmählich auf die Nerven geht, versuche ich mit einer ganz einfachen Floskel ein Gespräch aufzubauen.

,,Schöner Nachmittag."

Erst im Nachhinein merke ich, wie bescheuert und unnötig dieser Satz doch ist. Auch Sabah muss gemerkt haben, dass ich völligen misst sage, aber sie kichert nur über diese zutiefst beschämende Situation. Ich verstehe einfach nicht wie sie in so einer peinlichen Situation für mich noch lachen kann. Als sie einer tiefroten Tomate ähnelte habe ich auch nicht gelacht, also warum tut sie es dann? In dem Moment, wo sich Sabah wieder beruhigt hatte, kommt auch schon die Kellnerin mit unseren Bestellungen. Sie wünschte uns einen guten Appetit und verschwand wieder. Ohne auf mein Date zu achten fange ich an zu essen, wobei ich nur das Geräusch der Gabel, die auf dem Teller herum sticht, vernehmen kann. Mein Blick richtet sich auf mein Gegenüber, wobei diese jegliches Interesse an mir und ihrem Essen verloren hat, denn sie schaut nur Gedankenverloren durch die Gegend. Ihre Locken wehen leicht im Wind und lassen sie nur noch schöner wirken, als sie schon ist. Ihr Äußeres ist wirklich reizend, aber ihr Inneres kann ich nicht wirklich beurteilen, denn jedesmal, wenn ich mich ihr nähern möchte, schlägt sie mir eine Tür vor die Nase. Warum ist sie nur so distanziert? Ich hab schließlich nichts merkwürdiges oder gar falsches getan. Warum mache ich mir eigentlich Gedanken darüber? Ich bin nur für Ilias gekommen, nicht für sie. Außerdem will ich keinen kennenlernen, ich brauche keinen, außer mich selbst. Sie muss meinen Blick irgendwie bemerkt haben, denn nun dreht sich ihr Kopf in meine Richtung. Scheiße, diese Augen. Könnten sie töten, läge ich schon am Boden. Sie schenkt mir keine weitere Beachtung und schaut auf ihren Teller, um endlich auch mal etwas davon zu kosten. Ich tue es ihr nach und beachte sie nicht weiter. Obwohl mich die Stille beinah erdrückt will ich nicht derjenige sein, der das Gespräch eröffnet, denn entweder werde ich angegiftet, laber nur misst oder werde ignoriert. Lieber schweige ich, als eines der drei Optionen zu erhalten. Ich beschäftige mich weiterhin mit meinem Essen, bis ich Sabah leise räuspern höre. Mein Blick ist auf sie, dann auf Ilias gerichtet. Wie sich herausstellt wollen alle gehen und in einem Park den Tag ausklingen lassen, was ich nicht gerade schlecht finde. Ich erhebe mich vom Stuhl bezahle mein Gericht und zusammen machen wir uns auf dem Weg in einen Park. Die Mädels laufen etwas weiter vor und unterhalten sich womöglich über irgendwelches Mädchenzeug. Wir dagegen starren nur ihre Rücken an, denn um ehrlich zu sein ist die weitaus schönere Sicht durch eine längere Strickjacke bedeckt. Gedankenverloren kicke ich einen kleinen Stein weg und merke nicht, dass wir angekommen sind. Wir beschließen uns unter einen Baum zu setzen, um etwas ungesteuert und mit mehr Privatsphäre zu sein. Sabah und ich setzten uns unter einem Baum mit knapp einem Meter Sicherheitsabstand. Warum auch immer sie es möchte, mir soll es nur recht sein. Meinen Kopf lehne ich nach hinten gegen den Baumstamm und schließe dabei die Augen. Die Vögel zwitschern beruhigende Lieder, wobei die spielenden Kinder, die etwas weiter entfernt sind, diese Beruhigung etwas unterstreichen, denn so komisch es klingt, Kinder beruhigen mich. Zwar bin ich, wenn ich es mit einem Kind zutun habe, immer etwas überfordert, doch ihre ehrliche und süße Art lässt mein Herz so dahin schmelzen. So beruhigend diese Situation auch ist, wird sie durch ein leises und etwas entferntest Räuspern gestört. Ich mache mir nichts draus und tue so, als wäre nicht gewesen, bis ich am Arm angestupst werde. Verwundert öffne ich die Augen, wobei mein Blick sofort auf den Lockenkopf neben mir hängen bleibt. Ohne auf meine Verwunderung einzugehen, zeigt sie auf meinen Verband und wispert ein leises darf ich. Perplex und völlig von der Bahn geworfen nicke ich leicht und halte ihr meine verletzte Hand hin. Ihre warmen Finger nehmen langsam das Verband ab, wobei ich erst dort merke, wie eng ich eigentlich diesen Verband zugezogen haben. Meine Handfläche mit den kleinen Schnittwunden und dem getrockneten Blut kommen zum Vorschein. Scharf ziehe ich die Luft zwischen zusammengebissenen Zähnen ein, als sie leicht mit einem Finger um die einzelnen Schnittwunden entlangfährt. Sie holt ein Taschentuch und eine Wasserflasche aus ihrer Tasche. Dabei feuchtet sie das Taschentuch mit dem Wasser an und reibt mir vorsichtig das getrocknete Blut weg. Meine komplette Handfläche fängt sofort an zu brennen. Dass ich irgendwelche Schmerzen empfinde, interessiert sie anscheinend reichlich wenig, denn sie schaut mich nicht einmal an. Ihre Augen sind auf die kleinen Wunden fixiert. Als auch endlich das ganze Blut weggewischt ist, nimmt sie das Verband und wickelt es mir sanft um meine pochende Hand. Ein letztes Mal streicht sie mit ihrer Hand über das nun perfekt gelegte Verband, dann nimmt sie wieder ihren Sicherheitsabstand ein.

,,Danke". wispere ich und komme mir gleich extrem dumm vor.

Sabah schenkt mir nur ein kurzes Lächeln, dann steht sie auf und verabschiedet sich von mir und den anderen.

Sabah - Das Mädchen, das auf die Liebe verzichtetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt