Kapitel 5

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Adam

Jedes Mal wenn ich meine Augen schließe erscheint ihr bleicher und zitternder Körper vor mir. Ihre Augen starren abwesend an mir vorbei ins Leere. Meine Hände legen sich auf ihre Schultern und rütteln den kraftlosen Leib. Meine Lippen formen die Buchstaben ihres Namens ohne eine Reaktion bei ihr auszulösen. Es scheint als würde ich in einen isolierten Raum schreien, wo mich kein Außenstehender jemals hören würde. Sie tat mir Leid. Auch wenn sie die größten Stimmungsschwankungen bei unserem ersten Treffen zeigte, so hatte sie es trotzdem nicht verdient in so einem Zustand des Schocks, der Verzweiflung und der Angst zu geraten. Trotz dessen versuchte sie stark und unabhängig zu bleiben. Dies bewies sie mir allein, dass sie mich linksliegen gelassen hat und einfach darauf los gerannt ist zu diesem kleinen Mädchen. Ich konnte mir in dem Moment nicht erklären warum, aber bei ihrem Anblick zog sich etwas, ganz tief in mir, zusammen. Nicht, dass es etwas zu bedeuten hätte. Die einfachste Erklärung dafür wäre, dass sie mir einfach nur leid tat. Als ich sie fand und ihren Blick, welcher einfach nur ins Leere ging, sah, war das einzige Bedürfnis, das ich in diesem Moment hatte, ihr zu helfen. Ginge es nach mir sollte kein Mensch Leid spüren, bis auf meinen Erzeuger. Dieser ist der Einzige, dem ich das Leid dieser Menschheit wünschte. So viel Leid wie er den Menschen brachte, so sollte er das Doppelte zu spüren bekommen. Die Angst soll sich in seinen gesamten Körper verbreiten, wie das Gift einer Schlange, und seine Muskeln so lähmen, dass jeder Versuch sich zu bewegen sich wie Feuer anfühlt und sein letztes Bild soll ich sein. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht und dem Gegengift in der Hand, welches sein Leben retten könnte. Vergebung. Doch diese Vergebung würde er niemals bekommen. Mama sagt, dass das Vergeben das wichtigste und stärkste im Leben ist. Man kann so groß und stark sein wie man möchte, denn ohne diese Vergebung ist man schwach. Nur diese kleine Sache entscheidet darüber ob man die Macht besitzt oder nicht.

,,Ich versteh' das einfach nicht."

Mit meinen Händen fahre ich erschöpft über mein Gesicht, um diese dann wieder kraftlos hängen zu lassen. Meine Augen fixieren meinen besten Freund, welcher es sich auf meinem Schreibtischstuhl gemütlich gemacht hat. Seine Hände greifen immer wieder in die fast leere Tüte, um auch die letzten Gummibären in seinen Mund zu werfen. Ich schüttelte nur mit dem Kopf, sodass er auch ohne, dass ich Worte benutzte, verstand, dass ich genauso wenig wie er die Situation verstand. Wenn ich ehrlich bin, hätte ich nur einen Verdacht, welcher die Situation womöglich erklären könnte, doch ich konnte keine wirklichen Argumente, die diese Vermutung stützten, finden. Also blieb ich still und lauschte dem Klang der Vögel, der durch das offene Fenster zu mir drang. Ilias stand von seinem Platz auf und setzte sich neben mich auf das Bett. Dabei nahm er einen Controller und deutete an, dass er mit der Spielkonsole spielen wollte. Ich verstand schnell und schaltete diese, sowie den Fernseher, an. Schweigend warteten wir bis das Spiel ladete, um dann schon mit der ersten Runde zu beginnen.

,,Jetzt mal zu dir. Läuft da schon etwas zwischen dir und dem Mädchen?"

Seine Frage kam überraschend und doch war sie vorhersehbar. Früher oder später hätte er es mich nach solch einem Treffen zu fragen. Ich zuckte nur mit den Schultern, da ich mir nicht wirklich die Mühe machen wollte ihm verbal zu antworten. Dieser sah mich nur mit einem verwirrten Blick von der Seite an.

,,Wie?", mit seiner Frage äffte er auch meine Gestik mit den Schultern nach, um mir zu verdeutlichen, dass ich mich in Worte ausdrücken müsse.

Seufzend gab ich auch diesem nach.

,,Wie soll es bitte laufen? Nach dem Treffen habe ich sie kein weiteres Mal gesehen", log ich.

Er musste schließlich nicht wissen, dass ich sie bei einem halben Nervenzusammenbruch getroffen habe, denn auch ohne, dass sie es mir sagte, wusste ich, dass sie vor keinem Schwäche zeigen wollte oder in irgendeiner Art als schwach gesehen werden wollte. Und wenn ich diesen Zwischenfall nun auch ihm preis gebe, so weiß ich, dass dies für mich nicht sonderlich erfreulich enden würde. Sie würde sich rechen, denn auch wenn ich sie nicht wirklich kennen tue, so weiß ich, dass sie unberechenbar ist.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 02, 2022 ⏰

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Sabah - Das Mädchen, das auf die Liebe verzichtetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt