Kochen. Wenn mich jemand fragen würde, was ich am besten kann, würde ich ohne zu zögern antworten: kochen.
Seit zwei Jahren arbeite ich in der Küche eines kleinen Restaurants in unserem abgelegenen Dorf. Hier kennt jeder jeden, und Neuigkeiten verbreiten sich schneller, als man sie aussprechen kann. Unser Dorf liegt am Rand eines dichten Waldes, abgeschottet von der Außenwelt. Für die meisten ist es ein friedlicher Rückzugsort – für mich ist es ein goldener Käfig.Ich habe den Frieden hier nie wirklich als selbstverständlich angesehen. Nicht nach dem, was damals geschah.
Vor vielen Jahren, als ich noch ein kleines Mädchen war, wurde meine Familie von Dämonen angegriffen. Ich erinnere mich kaum noch an Details – nur an Blut, Schreie und Sanemis Gesicht, als er mich auf seinen Rücken nahm und wegtrug. Seitdem hat er sich geschworen, mich zu beschützen, koste es, was es wolle.
Sanemi wurde mein Anker in der Welt. Er gab sein eigenes Leben auf, um meins zu retten. Als er den Weg eines Dämonenjägers einschlug, ließ er mich hier in Sicherheit zurück. „Lita", sagte er damals mit einer ernsten Stimme, „du wirst nie wieder mit diesen Monstern in Kontakt kommen. Das verspreche ich dir. Dieses Dorf wird dein Zuhause sein, und ich werde dafür sorgen, dass du in Frieden leben kannst."
Ich wusste, dass er es gut meinte, aber ich fühlte mich oft wie eine Last. Deshalb beschloss ich, etwas Eigenes aufzubauen. Mein Job als Köchin im kleinen Restaurant war mein erster Schritt in ein unabhängigeres Leben. Die Dorfbewohner kamen oft vorbei, und während der langen Gespräche über das Wetter oder die neuesten Geschichten lernte ich ihre Eigenheiten kennen: Da war Herr Takeda, der jeden Morgen um Punkt acht einen Tee bestellte, oder die alte Frau Miko, die immer behauptete, sie könne Geister sehen.
Und dann war da Chizu.
Chizu war das Gegenteil von mir – lebhaft, mutig und unglaublich charmant. Wir wurden schnell Freundinnen, obwohl ich anfangs nicht wusste, was sie an mir fand. Vielleicht war es meine Fähigkeit zuzuhören oder die Tatsache, dass ich sie oft mit kleinen Snacks aus der Küche überraschte. Was auch immer es war, sie brachte Farbe in mein Leben.
Dennoch spürte ich, dass ein Teil ihrer Aufmerksamkeit meinem Bruder galt. Jedes Mal, wenn Sanemi das Dorf besuchte, leuchteten ihre Augen auf, und sie bemühte sich besonders, ihm zu gefallen. Sanemi hingegen schien sie kaum zu beachten – oder er tat zumindest so.
An diesem Abend, als ich von der Arbeit nach Hause eilte, spürte ich wieder die vertraute Unruhe. Die Dunkelheit hatte für mich eine andere Bedeutung als für die anderen Dorfbewohner. Während sie sich in ihre Häuser zurückzogen und den Abend bei Kerzenschein verbrachten, fühlte ich die Schatten um mich herum lebendig werden. Jede Bewegung im Dunkeln ließ mich zusammenzucken.
Zuhause bereitete ich alles für Chizus Besuch vor. Ich stellte Kerzen auf, kochte ihr Lieblingsgericht und legte eine Decke auf das Futon im Gästezimmer. Aber sie kam nicht.
Die Nacht zog sich hin, und ich schlief schließlich unruhig ein.
Ein lautes Klopfen an der Tür riss mich aus dem Schlaf.
„Lita, bist du zuhause? Ich bin es, Chizus Mutter."
Ich öffnete die Tür und sah, wie sie zitternd und mit verweinten Augen vor mir stand.
„Chizu ist verschwunden", sagte sie. „Sie ist gestern Abend nicht nach Hause gekommen."
Ein Knoten bildete sich in meinem Magen. Ich erinnerte mich an Sanemis Worte: „Vertraue im Zweifelsfall niemandem außer mir."
Die nächsten Tage waren chaotisch. Das ganze Dorf suchte nach Chizu. Die Felder, der Wald, die verlassenen Scheunen – alles wurde durchkämmt, aber von ihr fehlte jede Spur. Und dann geschah es wieder. Jede Nacht verschwand eine weitere Person. Die Dorfbewohner begannen zu flüstern, dass es ein Fluch sei, dass etwas Dunkles in den Wäldern lauere.
Mein Vertrauen in die Gemeinschaft begann zu bröckeln. Wo einst eine enge Verbundenheit herrschte, breitete sich Misstrauen aus. Jeder verdächtigte jeden, und die fröhlichen Gespräche des Tages wurden zu vorsichtigen Blicken und flüsternden Stimmen in der Nacht.
Ich saß an meinem kleinen Schreibtisch, nur das Licht einer Kerze erhellte den Raum. Meine Hand zitterte, als ich das Papier vor mir glattstrich. Die Feder in meiner Hand fühlte sich schwer an, als ich die Worte suchte, die mich mit meinem Bruder verbinden sollten.
Nach einem tiefen Atemzug begann ich zu schreiben:
**„Sanemi-nii-sama,
ich hoffe, es geht dir gut. Es fällt mir schwer, dir diesen Brief zu schreiben, aber ich weiß nicht, was ich sonst tun soll.Etwas Schreckliches geschieht hier im Dorf. Es begann vor wenigen Tagen, als meine Freundin Chizu spurlos verschwand. Wir haben überall nach ihr gesucht – im Wald, in den Feldern, bei den verlassenen Hütten –, doch von ihr fehlt jede Spur. Seitdem verschwindet jede Nacht jemand.
Die Dorfbewohner sind verängstigt, und auch ich habe Angst. Es fühlt sich an, als würde etwas Dunkles uns beobachten. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, aber diese Schatten... sie wirken lebendig.
Du hast mir immer gesagt, dass ich sicher bin, solange ich hier bleibe. Doch jetzt bin ich mir nicht mehr sicher. Ist es möglich, dass ein Dämon hierher gefunden hat?
Sanemi-nii-sama, ich bitte dich, komm her. Ich weiß, du hast viel zu tun, aber ich brauche dich. Ich habe Angst, und ich weiß nicht, was ich tun soll.
Bitte sei vorsichtig, wenn du kommst. Ich warte auf dich.
Deine Lita"**
Ich legte die Feder beiseite und starrte auf die Worte, die ich geschrieben hatte. Es fühlte sich nicht genug an, als könnte kein Brief wirklich ausdrücken, wie verloren ich mich fühlte. Dennoch rollte ich das Papier zusammen und band es mit einem dünnen Faden.
Die Krähe saß auf der Veranda, als hätte sie gewusst, dass sie gebraucht wurde. „Bring das zu Sanemi-nii-sama", flüsterte ich und hielt ihr den Brief hin. Die Krähe nahm ihn mit dem Schnabel auf und flog in die Dunkelheit davon.
Als ich ihr hinterhersah, schloss ich die Augen und murmelte ein Gebet. Bitte, komm schnell, Sanemi.
In der dritten Nacht hörte ich das Geräusch.
„Kkrrr... Krrkrr..."
Ich schlich mich mit einem Messer in die Küche, das Herz hämmernd. Die Schritte kamen näher, und dann hörte ich es: Kampfgeräusche. Die Tür flog auf, und da stand er – Sanemi, sein Schwert blutverschmiert, aber sein Blick fest und entschlossen.
„Ich bin hier, Imōto. Es ist vorbei."
Ich warf mich in seine Arme.
„Was ist passiert? Was war das für ein Geräusch?" flüsterte ich.
„Ein Dämon", antwortete er knapp. „Er war für all das verantwortlich."
„Und die Vermissten? Chizu...?"
Sein Schweigen sprach Bände. Tränen liefen über meine Wangen.
Noch in derselben Nacht packte ich meine Sachen. Sanemi nahm mich mit zum Hauptquartier der Dämonenjäger. Während wir das Dorf hinter uns ließen, konnte ich nicht aufhören, an Chizu zu denken – und an die Dorfbewohner, die ich zurückließ.
Das Dorf war für mich ein Zuhause gewesen, aber es hatte sich in einen Albtraum verwandelt. Dennoch würde ich es nie vergessen. Die Menschen, die ich dort kannte, und die Freundschaften, die ich geschlossen hatte, waren ein Teil von mir.
Doch jetzt begann ein neues Kapitel – an der Seite meines Bruders, der mir mehr bedeutete als alles andere.
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My only sunshine - My flame pillar (Deutsch)
RomanceSchüchternheit ist ein großes Problem für Lita. Wird Sie sich dieser entledigen und ihre liebe offen zeigen können? Kyojuro Rengoku x OC Folgt nicht dem Manga.