⓵ |𝒱𝒾𝓈𝒾𝑜𝓃𝑒𝓃 𝓊𝓃𝒹 𝒹𝒾𝑒 𝐿𝑒𝒽𝓇𝑒𝓇𝒾𝓃

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•𖣔•

Verwirrt sehe ich mich um.
Alles ist in blau und rot getaucht.

Langsam verarbeitet mein Gehirn die verwischten Formen und es bilden sich die Konturen von einem Hafen und der untergehenden Sonne.

Wieso bin ich an einem Hafen?

„Ziss? Ist alles okay mit dir?", fragt mich eine besorgte Mädchenstimme von links und angestrengt bewege ich meinen Kopf in ihre Richtung.

Meine Nackenmuskulatur ist unglaublich steif und mir fällt es schwer mich zu Seite zu drehen.

Als ich in die bernsteinfarbenen Augen des Mädchens blicke, fällt mir sofort ihr Name ein und Erinnerungen fluten mein Gehirn.

Maude hat blaue Haare und ich erinnere mich sofort lächelnd daran, wieso sie sie hat.

Vor drei Wochen, haben wir uns bei ihr getroffen, weil ihre Eltern übers Wochenende weg waren und haben uns die Haare gefärbt. Sie pastelblau, ich bordeauxrot.

Ich habe dafür zwei Wochen Arrest bekommen und sie muss dieses Jahr jedes Wochenende zu ihrem Onkel fahren und ihm auf der Farm helfen.

Ich grinse breit, als ich mich daran erinnere, dass sie mir zugeflüstert hat, dass sie Farmarbeit eigentlich sehr gut leiden kann.

„Was ist?", fragt sie und legt mir besorgt die Hand auf die Schulter.

„Ich kann nur immer noch nicht glauben, dass wir das echt gemacht haben.", antworte ich und strahle sie an.

„Was meinst du?", entgegnet sie jetzt verwirrt und setzt sich wieder gerade hin.

Zur Antwort deute ich erst auf ihre und dann auf meine Haare und breche in Lachen aus.

Maude lacht laut los.

„Du bist so bescheuert, Ziss! Wie oft hast du das bitte in den letzten Wochen gesagt?"

Ich grinse schulterzuckend und beobachte Maude wie sie ihren Eiskaffee austrinkt.

Jetzt erst bemerke ich, dass wir in einem Café direkt am Hafen unserer Heimatstadt sitzen.

Der Himmel ändert seine Farbe in einem fließenden Übergang von Lapislazuli zu Anthrazit und die Sonne verschwindet vollständig hinter dem glitzernden Meer.

Wie ein Blitz durchfährt mich die Erinnerung.

Ich hatte einen seltsamen Traum über verrückte Dinge. Allerdings wirkte es eher wie eine Erinnerung als ein Traum, wie etwas, das jemand gefilmt und mit Emotionen vollgepackt hat.

Der König und die Königin aus meinem „Traum" trugen jedenfalls Umhänge, die genau wie das Wasser aussahen.

Wie sich die Straßenlaternen und anderen Lichter in ihm spiegeln, erinnert mich gruselig lebhaft an die aufgestickten Sterne und Planeten auf den Umhängen.

„Ziss? Was ist los?", fragt Maude und reißt mich damit aus der Erinnerung.

„Nichts. Alles gut. Ich habe mich nur an etwas erinnert.", antworte ich schnell.

Ein wenig misstrauisch sieht sie mich an, dann trinkt sie ihren Kaffe aus.

„Kennst du eine Carey? Oder Tira?", frage ich dann und sehe in die bernsteinfarbenen Augen meiner besten Freundin.

„Klar.", antwortet sie locker und ich spanne mich augenblicklich an.
War es also wirklich echt gewesen?

„Ohne Scheiß?", frage ich aufgeregt.

A Lullaby of Blood and CursesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt