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•𖣔•

»Warum magst du Gewitter?«

»Weil sie zeigen, dass selbst die Erde manchmal schreien muss.«

𖣔

Gedämpftes Flüstern dringt durch die eindrucksvollen, hölzernen Türen, hinter denen sich alles verbirgt, vor dem sich die junge Frau fürchtet.

Sie sitzt in einem Sessel in einem kalten Raum, voll mit bemalten Porzellan Figuren und goldenen Pokalen und starrt mit leerem Gesichtsausdruck auf ihre viel zu blassen, mit Blut gesprenkelten Hände.

Auch auf ihrem weißen Kleid, was sie kränklich blass erscheinen lässt, sind vereinzelte Blutsprenkel zu sehen, zusammen mit feuchten Tropfen ihrer Tränen, genau wie in ihren verklebten, schulterlangen braunen Haaren.

Die blauen Augen der Frau sind gerötet und heiße Tränenspuren brennen auf ihren Wangen.

In ihre eleganten Hände verflochten liegt eine feine, goldene Kette mit einem offenem Medaillon, in dem das Foto eines dunkelhäutigen Mannes und der braunhaarigen Frau zu sehen ist. Sie scheinen glücklich zu sein, die Frau hält einen Verlobungsring in die Kamera.

Sie fühlt nichts, hört einfach nur auf das entsetzlich lang andauernde Flüstern hinter den Türen, die entweder ihren Tod oder ihr ewiges Wohlergehen verkünden werden.

Plötzlich regt sie sich.

Sie klappt das Medaillon zu und legt die Kette um. 

Ihre blauen Augen suchen nach etwas in dem alten Backsteinmauer Raum.

Sie schweifen über die Regale mit den Pokalen und Trophäen und die Beistelltischchen von denen ihr freundlich und weniger freundlich Menschen aus Bilderrahmen zulächeln und winken.

Sie ignoriert den kunstvollen Wandteppich aus saphirblauem und kupferfarbenem Faden, der große Schlachten und strahlende Sieger zeigt und sie übergeht die Waffen die an der Backsteinmauer hängen und unter denen zierliche Porzellantänzerinnen in ewiger Grazie erstarrt sind.

Ihr Blick verweilt erst bei der riesigen Standuhr aus Ebenholz und Gold, die in der Zeit erstarrt ist.

An ihren Seiten sind mit goldener Farbe keltische Muster aufgemalt und ihre mit Saphiren besetzten Zeiger zeigen auf ewig die Uhrzeit zwölf Uhr dreiunddreißig.

Die Frau atmet stoßweise aus, während sie die Standuhr eingehend betrachtet.

Vorsichtig steht sie auf und geht auf das alte Ding zu.

Sie fährt über die Muster und Unebenheiten des Holzes und hockt sich leicht hin um das goldene Pendel zu betrachten.

Zahlen und Wörter sind fein säuberlich darin eingraviert, doch das weiß die Frau bereits.

Sie sucht nach etwas Bestimmten.

Hektisch streift ihr Blick über die vielen Eingravuren, sie lehnt sich immer weiter vor.

Plötzlich keucht sie gequält auf und murmelt: „Unmöglich".

Ganz vorsichtig öffnet sie das Glas vor dem Uhrenkasten und fährt schockiert mit ihrem blutgesprenkelten Finger über einen Namen.

Carey.

Die Frau sitzt zusammengekauert vor der kaputten Standuhr und flüstert und weint.

Sie weint um Carey, die so unschuldig und doch so gefährlich ist, dass sie einen Namen auf dieser Standuhr gefunden hat, zusammen mit der jungen Frau selbst und vielen der Menschen, die gerade jetzt in dem Raum hinter den hölzernen Türen flüstern, um über das Leben anderer zu entscheiden.

A Lullaby of Blood and CursesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt