Die fünf Recken 2

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Ich wandte mich dem blonden Burschen zu, der mit dem Bogen auf dem Pferd gekämpft hatte. "Ihr Name?" Er zuckte kaum merklich zusammen, als ich ihn ansprach. "Maurice." "Sie haben sehr gut gekampft und sind auf dem Pferd ein sehr guter Schütze", machte ich ihm ein Kompliment und nahm eine Gabel des Bratens auf meinem Teller, welchen ich mir während der Unterhaltung mit Manuel aufgetan hatte. "Ich danke Ihnen." Maurice grinste über beiden Ohren. Er war mir sympathisch. "Und Sie, sie waren der mit der Axt?", fragte ich den Mann, der eine Lila Tunika trug. Er kaute schnell auf, bevor er mir antwortete. "Gewiss." "Wie sind Sie auf das, mit dem Schild gekommen?" Neugierig sah ich ihn an. "Mein Vater war ein Schmied. Er hat mir die ausgefallensten Wünsche erfüllt. Doppelseitige Äxte, schwerter die schärfer waren als die Meisten und irgendwann auch Schilde, die gleichzeitig als Schwert verwendet werden konnten, um Schutz und Waffe gleichzeitig zu sein." Ich war begeistet. Er wäre nicht nur ein guter Recke, sondern auch gut für die Waffenherstellung. Er könnte Ideen für neue Waffen bringen. "Wie heißen Sie?", fragte ich. "Michael." "Und Sie?" Ich sah den älteren Mann an, der mit dem Schwert gekämpft hatte. "Ich, ich, ich heiße Maximilian." "Haben sie nur Schwertkampf gelernt?" Von ihm war ich am wenigsten überzeugt. "Und waren sie schon bei Kämpfen dabei gewesen?" Man sah dem Mann seine Nervosität an. "Ich kämpfe auch viel mit den Fäusten. Einige Kämpfe, mein Herr. Einige. Ich weiß nicht wie viel Blut an meinen Händen klebt."

Ich wusste nicht wie gut es war, wenn er zwar mit dem Schwert kämpfen konnte aber mit nichts anderem. Also wandte ich mich dem jungen Mann zu, der langes, wallendes Haar hatte. "Und Sie?" Er verschluckte sich. Der Recke neben ihm klopfte ihm auf die Schulter. "Alles gut?", erkundigte ich mich. Allerdings musste ich mir mein Lachen verkneifen. "Claus, ich heiße Claus", antworte er dann. "Schwert oder noch was anderes?", fragte ich ihn. "Ich erlerne gerade das Bogenschießen." Damit stand er vom Kampfstil über dem von Maximilian. "Wie weit sind Sie?" Ich war interessiert an dem Burschen. "Ich treffe fast jeden Schuss, mein Herr. Allerdings nicht immer perfekt, dass muss ich noch zugeben. Aber ich bin bemüht es zu perfektionieren." "Und Sie?" Nun drehte ich dem letzten Recken dem Kopf zu. Er sah müde aus. "Mein Name ist Karl. Ich kämpfe mit Schwert und Lanze auf dem Pferd. Allerdings ist mein Pferd verwundet und konnte deshalb heute nicht mit mir kämpfen", erzählte er. "Verwundet?" Ich fragte mich warum sein Gaul verwundet war. "Ich habe meine Frau beschützt. Wir sind mit der Kutsche hergekommen, damit ich mich vorstellen kann. Dabei wurden wir im Wald überfallen und mein Pferd hat ein Pfeil ins Bein bekommen. Meine Frau kümmert sich aber gut um das Tier und bald kann es wieder eingesetzt werden."

Ich nickte und sah in die Runde, die am Essen war. Über die Recken Michael, Maurice und Manuel war ich mir sicher. Sie würden drei von meinen Leibwächtern sein. Ich sah zu Maurice, der sich den Mund mit einem Stofftuch sauber machte. Michael knabberte noch an einem Knochen und Manuel rührte gelangweilt in seiner Suppe herum. Maximilian hatte seinen Kelch fest umklammert und sah mich an. Zu nervös, dachte ich. Karl hatte eine Frau. Er hätte sicherlich keine Zeit mehr für sie, wenn er mein Leibwächter wird. Ich könnte ihn einsetzen, wenn ich auf Marsch gehe oder in den Kampf. Damit er sich um seine Frau kümmern konnte. Claus hatte Potenzial, das wusste ich. "Claus?" Sein Kopf schnellte hoch. "Ja?" "Ich würde Sie gerne als einer meiner Recken willkommen heißen."
Seine Lippen formten sich zu einem breiten Lächeln. "Oh habet Dank, mein Herr, habet Dank." Er neigte seinen Kopf demütig. "Michael?" Ich sah zu ihm. "Sie auch." Michael nickte. "Danke." "Maurice? Sie werden auch ein Teil meiner Leibwache." Ich lächelte ihn sanft an. Er selbst legte die Handflächen zusammen und senkte seinen Kopf. "Ich bin Ihnen sehr dankbar."

"Mein Herr." Es war Gustav, der mich unterbrach. Ich drehte mich auf meinem Stuhl zu ihm und schaute hoch. Er beugte sich zu mir runter, damit er nicht so laut sprechen musste. "Sind Sie sich sicher, dass Sie sich jetzt schon entscheiden wollen?", fragte er mich. "Sicher. Ich habe kaum Auswahl und ich bin mir sicher, wer es sein soll und wer gehen kann." "Aber, sie haben noch den ganzen Tag Zeit sich darüber Gedanken zu machen, mein Herr. Ich will Sie nur vor einem Fehler bewahren." Bei den Worten sah er kurz zu Manuel. "Ich denke, ich weiß dieses mal, was ich richtig mache und was nicht."

Ich drehte mich von Gustav weg und sah zu Karl. "Ihre Frau", fing ich an. "Sie würde sich sicher für Sie freuen. Aber Sie werden kaum noch Zeit für sie haben, wenn Sie mein Recke werden." Karl wurde blass. "Deshalb denke ich, dass es für jeden eine Lösung gibt. Ich möchte, dass Sie ein Teil von der Leibwache werden. Ich will, dass Sie fleißig Trainieren, um mich zu schützen, wenn es drauf ankommt. Ich werde Sie und Ihre Frau aufnehmen, hier im Schloss. So haben Sie Zeit für die Familie und sogleich auch die Zeit, die Sie für mich aufbringen müssen." Nun leuchteten Karls Augen freudig. "Ich kann Ihnen nicht genug danken." Ich erwiderte sein breites Grinsen. Es machte mich glücklich, jemanden eine Freude zu machen. Und das tat ich heute.

Es waren nur noch Maximilian und Manuel über. Manuel sah mich mit seinem Auge starr an und Maximilian hatte ein blasses Gesicht bekommen. Mein Blick huschte zwischen den beiden hin und her. Mir war klar, dass ich mich gegen Maximilian entschieden hatte und für Manuel war. Nur tat es mir leid, dem Burschen absagen zu müssen. "Also...", fing ich an und faltete meine Hände auf meinem Schoß. "Verzeiht mir Maximilian. Aber Manuel hat mehr Fähigkeiten als Sie." Meine Worte hörten sich gequetscht hat. Maximilian seufzte. Er wusste was das hieß. "Ich danke Ihnen trotzdem. Für ihre Wahl, mich her einzuladen und für das gute Essen." Er rutschte mit dem Stuhl zurück und stand auf. "Sie waren ein guter Schwertkämpfer", sagte ich noch zu ihm. In mir kamen Schuldgefühle auf. Ich mochte es nicht, jemanden traurig zu sehen. Schon gar nicht wegen mir. "Vielen Dank." Ein schwaches Lächeln glitt auf Maximilians Lippen. Dann ging er vom Tisch weg und wurde von zwei Wachen aus dem Raum begleitet.

"Gut." Ich griff meine Serviette und wischte mir den Mund sauber. "Somit seid ihr meine fünf Recken. Gustav wird euch euer neues Zuhause zeigen. Ihr habt eure Gemache im unteren Teil des Schlosses, mit direkter Anbindung zu den Waffen, Rüstungen und dem Übungsplatz. In der nächsten Zeit werde ich auch gut beobachten." Ich stand auf. "Gustav?" Er nickte und zog mir den Stuhl weg. "Danke Gustav." Er senkte den Kopf und wandte sich dann den Recken zu. "Folgt mir bitte. Wir gehen zum Schneider. Euer Gewand muss geschneidert werden. Folgt mir." Somit kratzten die Stühle über den Marmorboden und alle standen auf. Nur Manuel ließ sich Zeit. "Ich hoffe der Schneider ist schon da", murmelte Gustav, als er, mit den Recken im Schlepptau, den Raum verließ.

Der ReckeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt