III - Das Spiel

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Wenn man nur Draco und Narzissa beobachtet, könnte man glauben, dass es sich um einen netten Abend handelt. Draco hält Astorias Hand, Narzissa plaudert leichthin mit ihr, gibt sich zwar distanziert aber nicht unhöflich. Sie verfolgt Astorias Ausführungen zu aktuellen Entwicklungen wohlwollend, blickt ganz offensichtlich zufrieden auf die in ihren Augen perfekte Schwiegertochter in der Gesellschaft. Sie ist wohlerzogen und zurückhaltend, hat das Lächeln einstudiert.

„Fast hätte ich es vergessen...", beginnt sie ein neues Thema, als sie sich ganz sicher ist, dass Lucius zuhört. „Wie mir zu Ohren gekommen ist, sind die Kew Gardens im Besitz der Familie Malfoy?" Sie wartet, bis Narzissa aufmunternd genickt hat. „Ich habe sie bereits vor einiger Zeit besichtigen dürfen, sie sind wunderschön... Perfekt für eine Hochzeit."

Auf diese Äußerung hin reagiert Draco kaum, Lucius lässt hingegen scheppernd seine Gabel unter den Tisch fallen. Er starrt sie mit großen Augen an. „Der Meinung ist meine Freundin Romilda Vane übrigens auch – sie hat mich gebeten, nachzufragen, ob es möglich wäre, die Gärten für eine Hochzeit am 11. Juli zu mieten. Anscheinend sind sie offiziell ausgebucht, aber ich wollte noch einmal nachhaken..."

Narzissa Malfoy scheint in ihrem Kopf bereits die Termine zu überschlagen. „Ich bin mir sehr sicher, dass der 11. Juli ein Tag ist, an dem der Park normalerweise öffentlich zugänglich ist. Aber das können wir mit dem zuständigen Organisator klären, ich werde ihn gleich morgen kontaktieren. Es sollte auf jeden Fall für deine Freundin möglich sein, Astoria."

Sie bedankt sich mit einem zuckersüßen Lächeln. „Ich bin überrascht, dass ihr überhaupt Ländereien in der Muggelwelt besitzt, beziehungsweise diese der Muggelwelt zugänglich macht. Spricht das nicht gegen eure Philosophie?" Die Frage ist ganz allgemein in den Raum gestellt worden und Lucius antwortet.

„Ihr Geld ist ja trotzdem etwas wert. Es ist schließlich die Aufgabe eines jeden Malfoy, das Vermögen der Familie zu erweitern. Da kann man auch auf unkonventionellere Methoden zurückgreifen." Astoria nickt nachdenklich. Zwar stimmt sie mit der Philosophie, dass Muggelstämmige und Halbblüter weniger wert sind als Reinblüter schon lange nicht mehr überein, aber für die offene Revolution dagegen ist sie nicht stark genug. Das weiß sie, das hat sie sich selbst gegenüber schon vor langer Zeit eingestanden, und sie kann eigentlich ganz gut damit leben. Sie selbst wird diese uralte Ideologie ihren Kindern nicht mehr eintrichtern – aber sie wird sich sicher nicht mit ihrer Familie – oder zukünftigen Schwiegerfamilie – deswegen zerstreiten. Es genügt ihr, wenn Draco diesem Gedankengut den Rücken zugekehrt hat, und das hat er... Oder wenigstens schimpft er nicht mehr. Das reicht ihr für den Augenblick.

Das Gespräch wendet sich unverfänglicheren Themen zu und führt schließlich zu einem Verdauungstrunk im Salon. Auf Dracos ausführliches Loblied hin mischt sie für Lucius und Narzissa eigenhändig eine Alkoholkreation aus dem Hause Greengrass, die sie mit fünfzehn mit ihrer Schwester zusammen aus den Vorräten im Kellergewölbe ihrer Eltern erschaffen hat. Das verrät sie allerdings nicht, sie überreicht es Narzissa nur mit einem freundlichen Lächeln.

Da fällt Narzissa ein, dass sie von Draco noch einige Unterschriften für eine Wohltätigkeitsveranstaltung braucht. Es ist Astoria fast, als würde Draco sie fragend anschauen, ehe er mit seiner Mutter den Raum verlässt, aber vielleicht ist das auch nur Einbildung gewesen. Mit sicheren Handgriffen bereitet Astoria das zweite Glas vor und hält es Lucius nonchalant hin. Er nimmt es ihr dankend ab, wobei seine Hand aber einen Moment länger als notwendig auf ihren Fingern verharrt. Diese Erkenntnis lässt das Triumphgefühl in Astoria anschwellen – er will sie berühren.

Sie zieht sich kommentarlos wieder zurück und nimmt in dem gemütlichen Polstersessel gegenüber von Lucius Platz. Schweigen dehnt sich zwischen ihnen aus, doch Astoria ist nicht diejenige, die es brechen wird. Als ein lauter Knall durchs Haus halt, zuckt sie leicht zusammen, aber Lucius ist so erschrocken, als wäre er gerade aus den Untiefen seiner Gedanken aufgetaucht. Das sorgsam gemischte Getränk ergießt sich über seine Roben und er zieht verärgert die Augenbrauen hoch. „Das sind die Flügeltüren vom Balkon nebenan – sie knallen im Wind immer zu", erklärt er, offensichtlich verärgert über die Sauerei.

Ain't My Fault (Adventskalender 2019)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt