04 - april

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April 2016

London || »Du hier? Um diese Uhrzeit?«
Entgeistert sieht Cheryl Cole ihren Freund, der ausnahmsweise um 23 Uhr abends ausgestreckt auf dem Sofa liegt, anstatt in irgendwelchen Clubs zuversacken, an.

Liam entgeht der passivaggressive Unterton ihrer Frage nicht, weiß diesen jedoch diszipliniert zu übergehen. Das Paar bekommt sich in letzter Zeit ohnehin nur selten zu Gesicht und geraten regelmäßig aneinander – nicht zuletzt wegen Liams ständiger Exzesse.

Ihre Beziehung ist aktuell das beste Beispiel dafür, dass Liebe allein manchmal nicht ausreicht, um glücklich miteinander zu sein, denn an Liebe füreinander mangelt es den beiden nicht. Liam liebt Cheryl von ganzem Herzen, bloß das Leben hat es ihm in letzter Zeit schwer gemacht, ihr das auch zu zeigen.
Dieses Mal jedoch hat sich der Sänger vorgenommen, den Tag nicht im Streit zu beenden.

»Ja, ich fühl' mich nicht besonders wohl«, gesteht Liam ehrlich. »Ich glaube fast, ich werde krank.«

»Naja, das würde mich auch nicht wundern«, gibt Cheryl prompt zurück und hat im Gegensatz zu Liam wohl nicht vor, den Abend friedlich ausklingen zu lassen. »Irgendwann muss sein Körper ja mal die Reißleine ziehen. Durch deine Adern fließt wahrscheinlich sowieso schon nur noch Vodka.«

Brummend sieht Liam zu der Braunhaarigen auf. »Können wir bitte normal miteinander reden?«

Müde lässt sich Cheryl am Ende des Sofas, zu Liams Füßen, nieder.
»Tut mir leid, ich bin einfach gestresst.«

»Ich weiß«, nickt Liam verständnisvoll, handelt sich damit aber direkt wieder einen scharfen Blick seitens seiner Freundin ein.

»Daran bist du auch nicht ganz unschuldig, Liam.«

»Auch das weiß ich.«
In den letzten Tagen hat sich Liam einige Gedanken gemacht. Zu sehen, wie sein Umfeld durch Krisen geht oder ein Verhalten an den Tag legt, das er beim besten Willen nicht nachvollziehen kann, hat ihn noch einmal einen prüfenden Blick auf sein eigenes Verhalten werfen lassen.
Und dabei ist er schnell zur Erkenntnis gekommen, dass es Cheryl ähnlich gehen muss und sie sein Benehmen sicherlich ebenfalls nicht verstehen kann.

»Sag' bitte laut, was du grad denkst«, fordert Liam mit möglichst sanfter Stimme und weiß ganz genau, wie dünn das Eis ist, auf dem er sich bewegt.
Aber Cheryl lässt sich darauf ein.

»Dass es schön gewesen wäre, wenn du auch mal bei mir Zuhause geblieben wärst, wenn du gesund bist. Ich will dir nicht vorschreiben, wie du deine Band-Auszeit verbringen sollst, aber ich hätte eigentlich gedacht, dass das unsere Chance ist, richtig zusammenzuwachsen. Aber das gestaltet sich schwierig, wenn du permanent feierst und von einem Club zum anderen rennst«, sprudeln ihre Gedanken geradezu aus ihr heraus, als hätte sie nur darauf gewartet, von Liam danach gefragt zu werden.
»Und wenn ich das hier gerade so laut ausspreche, komm' ich mir direkt wieder unglaublich dumm vor, als würde ich übertrieben an dir klammern.«

Ironischerweise war es bislang immer Liam selbst, der ein Problem damit gehabt hatte, seinen Partnerinnen ihren Freiraum zu lassen und stark geklammert hatte. Es steckt in ihm, dieses Verlangen nach Nähe, aber in letzter Zeit hatte er es im Alkohol ertränkt.

»Das ist überhaupt nicht dumm«, seufzt Liam und sieht Cheryl ruhig an. »Das ist alles total berechtigt und es tut mir leid, dass ich so wenig bei dir bin.«

»Du hast bestimmt deine Gründe, aber red' doch mit mir. Ich hab' viel zu viel Zeit darüber nachzudenken, was dich dazu treibt, wenn ich alleine unterwegs bin. Hat es was mit mir zu tun?«

Nun ist es doch so weit und Liam setzt sich auf, um nach Cheryls Hand zu greifen. Dass sie wegen seiner Unfähigkeit mit Selbstzweifeln zu kämpfen hat, hat er nie gewollt.

two-faced || 1D  ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt