Kapitel 20

3.3K 116 2
                                    

Aspen
"Taro?" flüsterte ich leise, ich spürte seine Hand und wagte es nicht mich zu bewegen, zu groß war die Hoffnung, dass er aufwachen könnte und wieder gesund würde. Mein Atem war ruhig und ich lauschte auf seine Atemzüge.

Aber diese Ruhe blieb nicht, er verkrampfte und erschrocken sah ich ihn an. Was war los? Hatte ich irgendwas gemacht, ich wusste es nicht. Er sah aus als hätte er Schmerzen und ich drückte den Knopf um die Schwester zu rufen. Es war mir nicht geheuer und ich wollte kein Risiko bei ihm eingehen. Auf keinen Fall sollte es noch schlimmer werden als es schon war.

Mein Blick heftete sich auf den Körper meines Gefährten, der krampfhaft sich zusammen zog und ich betrachtete wie eine einzelne gläserne Träne ihm über die Wange herunter rollte, sie sah aus als wollte sie mir sagen, dass es meine Schuld war.

Die Schwester kam und ich saß immer noch wie versteinert neben ihm an seinem Bett, starrte einfach nur auf ihn und spürte wie sich die Tränen in meinen Augen sammelten und meine Sicht unklarer wurde. Es tat weh ihn so zu sehen und ich wünschte mir gerade nichts mehr als, dass er aufwachte und wieder munter wurde. Selbst wenn er mir nicht verzeihen würde, ich wollte nicht das er starb. Denn er sah gerade so aus. Er sah aus als würde er mir wegsterben, damit er mich nicht mehr ertragen musste.

Meine Hände hatten seine umschlossen und ich hielt sie ruhig in meinen, sie war so kühl. Es fühlte sich seltsam an, so in meinen warmen Händen, aber ich wollte ihn nicht los lassen. Ich war völlig fokussiert und bekam nicht mit wie Menschen in den Raum kamen. Ich hörte das Piepen nicht von den Geräten und ich hörte auch nicht, denn Dauerton als sein Herz stehen blieb.

Ich wusste nur, dass meins gerade brach. Es brach in tausend kleine Teile, die man nie wieder so zusammensetzen konnte wie sie es einmal waren. Tränen rannen über meine Wangen und ich war völlig erstarrt. Zwei Pfleger zogen mich von ihm weg und aus dem Zimmer. Ich ließ es geschehen und sah zu Taro. Es war meine Schuld und wenn er jetzt starb, dann war es ganz allein meine Schuld. Es wäre nur meine und ich müsste damit leben, aber das wollte ich nicht. Ich könnte es wohl auch nicht, denn ich war nicht so stark wie ich gedacht hatte. Ich war stark gewesen, weil andere schwächer waren, nicht weil ich besonders stark gewesen wäre.


Stunden vergingen, ich durfte nicht zu ihm. Die Ärzte konnten es sich nicht erklären und wussten nicht wie es zu dem Herzstillstand gekommen war. Ich hielt das alles hier nicht mehr aus, dieses Gebäude, den Anblick von Taro, all diese Schuld. Verdammt ich hatte alles falsch gemacht was man nur falsch machen konnte. Ich sollte da liegen und nicht er. Ich würde so viel darum geben mit ihm tauschen zu können. Seinen Platz einzunehmen um ihm meinen zu geben, damit er leben konnte, damit er frei sein konnte.

Mark hatte mich irgendwann mal aufgegabelt und schleppte mich jetzt rum damit auf andere Gedanken kommen könnte, aber ich wollte nicht. Der Sturkopf hatte es sich aber scheinbar zur Aufgabe gemacht mich aufzuheitern und so vergingen ein paar Tage, ein paar furchtbar lange und ereignislose Tage.

Es fehlte ihm nichts, es gab keinen Grund warum er nicht aufwachte und trotzdem schlief er weiter. Ich war wieder in seinem Zimmer, ich wollte ihn sehen, auch wenn es mir in der Brust schmerzte ihn so zu sehen.

Es war meine Art einer Strafe, meine Hände hielten seine ruhig fest und ich sah auf den Boden vor mir. "Es tut mir so leid, ich kann verstehen wenn du mir wohl nie verzeihen wirst, aber bitte bitte wach auf. Du musste es nicht für mich, dass kann ich gar nicht von dir verlangen, aber bitte werd wach, für Maila, von mir aus auch für Mark. Wahrscheinlich magst du ihn viel mehr als mich, auch wenn er jetzt wieder arbeiten geht und du immer noch hier liegst. Werd bitte einfach wach, werd wach für dich. Ich bitte dich, bitte es tut mir weh dich so zu sehen. Weißt du ich habe es dir nie gesagt, aber ich glaube ich liebe dich und ich bereue es dir all das angetan zu haben. Es tut mir so leid auch wenn das nichts ändert. Es tut mir leid."

Meine Stimme verstummte und Tränen rannen über meine Wangen, ich sprach öfters mit ihm, ich wusste das er mich vermutlich nicht hören konnte, aber ich wollte es ihm sagen und lieber sagte ich es ihm jetzt als wenn ich nie die Chance dazu bekommen würde. Ich wollte es nicht risikieren, dass ich diese Chance verlor, dass ich ihn verlor.

Auch wenn ich ihn vermutlich schon lange verloren hatte, ich hatte ihn an dem Tag verloren an dem ich ihn aus unserem Territorium jagte. An dem ich ihm geschworen hatte ihn zu hassen und zu töten, wenn er mir nochmals unter die Augen treten würde. Er war für mich längst verloren und trotzdem hielt ich mich daran fest, denn wenn ich das jetzt gehen ließe wäre er weg und das für immer.

Manchmal weinte er wenn ich mit ihm sprach, niemand konnte mir das erklären. Niemand in diesem verdammten Irrenhaus. Aber ich konnte es ja auch nicht. Und so saß ich da und sah ihn an, hielt seine Hand und hoffte.

"Ich bitte dich." flüsterte ich leise und bildete mir wohl jetzt schon ein, dass er seine Hand in meiner schloss. Ich sah ihn an, er bewegte sich nicht, aber ich spürte wie seine zarten Finger meine Hand umschlossen und sich daran festhielten.

Mit Tränen in den Augen sah ich ihn an "Taro, wenn du mich hörst... mach bitte die Augen auf." es mehr ein Wimmern, das meine Lippen verließ. Aber ich sah wie seine Augen flackerten und ich erstarrte. "Taro." hauchte ich nur.

Gefährten Re-WriteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt