🍭 18 🍭

104 27 28
                                    


Herzlich Willkommen im achtzehnten Türchen!
Es sind nur noch wenige Tage bis Weihnachten!
Habt ihr inzwischen auch schon alle Geschenke fertig?

Heute erwartet euch wieder eine ganz besonders schöne Kurzgeschichte!
Geschrieben wurde sie von Amoryna025, die sich besonders viel Mühe gegeben hat!
Viel Spaß beim Lesen...

Die Magie des Festes der Liebe

"Pass auf und schau' jetzt ganz genau hin", flüsterte Maike Drew zu, ihr warmer Atem streifte und kitzelte sein von der Kälte taubes Ohr. "Das wird ein Anblick, den du nie wieder vergessen wirst", versprach sie kaum hörbar, und deutete mit einem strahlenden Lächeln auf den von noch dunklen Lichterketten gesäumten, wahrlich gigantischen Weihnachtsbaum in der Mitte des mäßig gefüllten Platzes, auf dem die beiden Freunde standen. Vor Aufregung und Freude sowie dem glitzern der Straßenlaternen ringsum funkelten ihre dunkel-saphirfarbenen Augen wie die Sterne am gleichfarbigen Nachthimmel über ihnen.
Drew konnte nicht verhindern, dass sie ihn mit ihrem Lächeln und dem puren, kindlichen Glücksgefühl, dass sie in solchen Situationen immer ausstrahlte, ansteckte. Wenn es für sie war, würde er mit aller Macht versuchen, ihre Freude zu teilen. Schließlich bedeutete ihr Heiligabend doch so viel. Auch wenn er selbst dieses Fest und alles, wofür es stand, aus tiefstem Herzen verabscheute, würde er ihr die Magie, an die sie an Weihnachten glaubte, niemals nehmen wollen. Denn um ihn zu verzaubern, genügte allein ihr Lächeln.

Eine eisige Windbrise, die ihm das eisgrüne Haare aus der Stirn strich, veranlasste ihn dazu, seinen schwarzen Mantel und den lilanen Schal enger um sich zu ziehen. Die Temperatur war längst unter null Grad gesunken und seit sie das Haus verlassen hatten, bildete ihr Atem weiße Wölkchen in der trockenen Luft. Überall ringsum lag weißer, pulvriger Schnee, in dem kleine Kinder am liebsten Schneeballschlachten veranstalteten, Schneemänner bauten und mit ihren winzigen Ärmchen und Beinchen Schneeengel malten. Er bedeckte die Dächer der winzigen Häuschen ringsum wie eine weiße Glasur und ließ sie aussehen wie aus Süßigkeiten gemacht. Es war wirklich wie in einem dieser wunderschönen, herzerwärmenden Weihnachtsmärchen, die Drew nicht kannte. Denn ihm hatte man nie beigebracht, im Zauber der Weihnachtszeit - der für ihn nicht existent war - die Gefühle zu spüren, die Maike darin wahrnahm und die der Grund für ihr Glück waren.

Die Berührung von Maikes Hand auf seiner Schulter riss ihn aus seinen Gedanken und veranlasste ihn dazu, sie anzusehen. Das seelige Lächeln, dass sie ihm schenkte, ließ sein Herz in seiner Brust flattern. "Es ist so weit", flüsterte sie mit Blick auf den Weihnachtsbaum. Wie als Antwort auf ihre Worte wurde vor ihnen ein kurzes, elektrisches Knistern laut, das die Entzündung der Lämpchen ankündigte, und einen Moment später erstrahlte der Christbaum in seiner ganzen Kraft und Wärme. Sein Licht reichte weit in die Nacht hinein, nahm ihr sämtliche Kälte und verbreitete auf seine ganz eigene Art die frohe Botschaft und die mit Glück nahezu überflutete Atmosphäre, die mit ihr einherging. Drew, dem all das sein gesamtes, bisheriges Leben verwehrt geblieben war, verschlug dieser Anblick schlichtweg den Atem. Das war ihm wohl auch deutlich am Gesicht abzulesen, denn das nun zärtliche Lächeln auf Maikes Lippen vertiefte sich noch, während sie ihn weiter ansah.

"Wirklich atemberaubend, richtig?", fragte sie und richtete den Blick wieder auf den mit Lichtkränzen übersäten Baum, während sich ringsum der Applaus der - wenn auch kleinen - Menge zu diesem Spektakel erhob. Wie zu erwarten kicherte Maike fröhlich und stieg fast augenblicklich in den Beifall mit ein, der sich immer mehr steigerte. Die gesamte Dorfbevölkerung bot dem Weihnachtsfest eine stehende Ovation.

Drew nutzte diesen Moment der Unaufmerksamkeit, um seinen Blick heimlich zu seiner besten Freundin hinübergleiten zu lassen. Sie beklatschte nach wie vor über das ganze Gesicht strahlend die Licht-Vorführung und sah so unendlich glücklich aus, wie man es selbst bei ihr selten mitbekam. Ihre dunkelblauen Augen glitzerten mehr denn je, ihre Wangen waren rosig von der Kälte und ihr fast schulterlanges, dunkelblond bis lichtbraunes Haar wirbelte im Winterwind wie in der Schwerelosigkeit um ihre flauschigen, rosanen Ohrenschützer und den Kragen ihres hellbraunen Mantels mit einem Stich ins Lachsfarbene herum. Allein, sie so zu sehen, ließ Drews Herz höher schlagen.
"Ja", stimmte er flüsternd zu, so leise, dass niemand außer ihm selbst es hören konnte, "Ein wahrlich atemberaubender und unvergesslicher Anblick." Nach einer Weile erstarb der Applaus und ließ den Platz in einer einheitlichen, behaglichen Stille zurück, in der man sich nochmal kurz die Zeit nahm, die glücklichen Sinneseindrücke des Weihnachtsfestes zu genießen. Nicht lange danach spürte Drew völlig unerwartet Maikes zierliche, behandschuhte Hand im seine unbedeckte gleiten. Ganz beiläufig, als wäre es keine große Sache.

Adventskalender 2019 ~ Sei dabei! Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt