18. mágoa

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mágoa: ein herzerreißendes Gefühl, das langanhaltende Spuren hinterlässt, erkennbar in Gestik und Mimik

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Samstag, Mai

Die Angst flatterte in Sebastians Brustkorb wie ein gefangener Vogel in einem Käfig.

Weil er zwar seinen größten Dämon, das Gift, das Harper in seinen Verstand geträufelt hatte, überwunden hatte, doch weil es nun galt, Frieden mit einer Sache zu schließen - worin Sebastian erfahrungsgemäß eher schlecht war.

Er stand vor der Tür der Moriartys, hoffte, dass Jim seine Meinung nicht geändert hatte, und zwang sich dazu, anzuklopfen. Es war nicht so, dass er nicht mit Jim reden wollte; nein, er wollte ja, dass das zwischen ihnen noch eine Chance bekam, zu wachsen. Aber er wusste nicht, was er tun sollte, wenn Jim ihn nur sehen wollte, um ihm zu sagen, dass nie etwas aus ihnen werden würde. Sebastian redete sich ein, dass das nicht so schlimm wäre, weil er Jim sowieso noch nicht lang kannte und er vermutlich erst einmal Zeit für sich brauchte; aber die Wahrheit war, dass er sich selbst nicht glaubte. Weil das mit Jim anders war als alles, was ihn zuvor mit irgendjemandem verbunden hatte. Weil es kompliziert war, aber genau richtig, und weil Sebastian keine Zeit für sich wollte, sondern sie lieber mit Jim verbrachte, auch, wenn der seine Meinung oft änderte. Weil die Zeit, die sie miteinander verbracht hatten, etwas Besonderes gewesen war, ihm aber auch gezeigt hatte, dass er nicht immer auf sich allein gestellt sein wollte; und wenn er das richtig sah, so hatte auch Jim sich in seiner Präsenz gut gefühlt. Und wenn sie sich beide gut fühlten, dann sollte es doch eine Chance für sie geben. Wenn sie sich gegenseitig aufbauen und helfen konnten, dann hieß das doch, dass es bereits eine Basis für etwas Größeres gab. Nicht wahr?

Sebastian hoffte es. Denn er mochte Jim sehr.

Die Tür öffnete sich und Sebastian blickte von seinen Schuhen auf.

Eliza sah ihn überrascht an. „Sebastian", sagte sie und strich sich eine lose blonde Strähne aus dem Gesicht; sie wirkte erschöpft. „Du hast doch abgesagt. Und ich habe dir doch auch gesagt, dass ich heute einen freien Tag habe. Du musst nicht auf Andrew und Dorian aufpassen."

„Ich weiß. Entschuldigung, dass ich störe." Sebastian warf einen Blick in den Flur, woraufhin Eliza ein Stück beiseite trat und ihn hereinließ. Scheu lächelnd trat Sebastian ein und drehte sich dann wieder zu Eliza. „Ich, äh, muss nur kurz mit Jim sprechen."

Elizas Augenbrauen wanderten zu ihrem Haaransatz. „Oh, wirklich? Ich wusste nicht, dass ihr euch so gut versteht."

Beinahe wäre Sebastian in verlegenes Gelächter ausgebrochen. „Mh, ja, doch, wir kommen ganz gut miteinander aus. Ich gehe nur kurz-" Er deutete in Richtung Wohnzimmer und blickte Jims Mutter fragend an.

Diese musterte ihn kurz und lächelte dann. „Er ist in seinem Zimmer. Vielleicht kannst du ihn ja etwas aufheitern, er scheint seit gestern etwas bedrückt. Ich hoffe nur, er hat seine Tabletten genommen..." Den letzten Satz murmelte sie in sich hinein, sodass Sebastian ihn kaum verstand.

Sein Herz zog sich bei ihren Worten zusammen - er wollte nicht, dass Jim sich schlecht fühlte. Er hätte ihn nicht so mit seiner Euphorie überfallen sollen; er hätte sich denken können, dass das Jim in Panik versetzen würde. Ihm hätte das auch Angst gemacht.

Er zog sich die Schuhe aus und lief dann durch das Wohnzimmer, in dem ein einziges Chaos herrschte, zu den Treppen und hinauf. Eliza ließ er hinter sich, er bemerkte jedoch, wie sie ihm neugierig nachsah.

Im Flur der oberen Etage war es laut. Von rechts kam Kindergelächter und von links tönte eine Sebastian bekannte Melodie an sein Ohr.

Es war das Lied, von dem Andrew behauptet hatte, es würde Jim aufheitern. Ein klassisches Stück, das zum Tanzen einlud.

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