Dan
Ich hatte ein ungutes Gefühl, und es wurde nicht besser, da sie sich die ganze Zeit nicht meldete. Sie hatte es mir versprochen. Doch sie tat es nicht. Ich fühlte mich innerlich leer, denn ich konnte nichts machen, und das Schlimmste war, ich wusste, es war irgendwas passiert. Mit jeder Sekunde, die ich hier untätig in der Wohnung saß, wurde ich unruhiger. Ich musste sie suchen gehen. Ich warf mir die Jacke über.
Kurz davor, mir den Schlüssel zu nehmen und zur Adresse der Einladung, welche ich in der Hand hielt, zu fahren, hörte ich ein Rascheln an der Tür. Mit einem großen Schritt zur Tür öffnete ich diese, und mein vermisster Engel stolperte über die Türschwelle. Bevor sie nach vorne kippen konnte, fing ich sie auf.
„Dan..."
Sie sackte in sich zusammen. Schnell trug ich sie ins Wohnzimmer, während ich die Tür durch Magie schließen ließ. Erst jetzt sah ich die blutverschmierten Arme und fragte mich, was passiert sei. Vor allem weil es ihr eigenes Blut zu sein schien, doch die Wunden waren nicht tief.
„Fuck..." sagte ich immer wieder, während ich sie auf die Couch legte. Sie war geistig abwesend, aber wach, ein Zustand zwischen Wachsein und Bewusstlosigkeit. Ich würde es jetzt einfach mal als eine Art Trance beschreiben. Ich wusste, es würde keinen Sinn machen, sie zu fragen, was passiert war, denn sie würde nicht antworten. Doch wie zum Teufel hatte sie es geschafft, bis hierher zu laufen in diesem Zustand, ohne bemerkt zu werden?
Ich konnte mir kaum vorstellen, dass sie auf keine Menschenseele getroffen war ... wobei, es war ja schon mitten in der Nacht.
Ein leises Stöhnen brachte mich aus meiner Gedankenwelt heraus und ließ mich wieder auf das Wichtige fokussieren; sie.
„Dan..." murmelte sie ganz leise, so leise, dass man es fast nicht verstand.
„Psst, schon gut, mein Engel. Ich kümmere mich um dich."
Ein fast unmerkliches Nicken von ihr, bevor sie endgültig ins Schwarze gezogen wurde. Ich war kein Heiler, doch die Wunden auf ihrem Arm waren nicht allzu tief, sodass es für mich nicht allzu schwer war, diese zu heilen. Doch leicht war es für mich auch nicht.
Ein kleiner Zauber, den sie mir beigebracht hatte, bevor sie sich der Magie abgewendet hatte. Sie hätte sich ohne Mühe selbst heilen können, wenn sie vor zwei Jahren nicht die Magie aufgegeben hätte ...
Ich holte einen Waschlappen und wusch ihr das Blut von der Haut. Was war nur passiert, und wer hatte es dir angetan, mein Engel? Was war auf dieser verdammten Feier passiert?! Ich wollte nicht bis morgen warten, ich konnte nicht. Ich würde die ganze Nacht nur wach liegen und mir das Schlimmste ausdenken, ein Szenario nach dem anderen.
Mit einer sanften Berührung an ihrer Schläfe, welche dadurch leicht aufhellte, tauchte ich in ihr Unterbewusstsein ein. Suchte nach der Erinnerung, die mir Antworten auf meine brennenden Fragen liefern sollten. Ich wusste, wie ich das machen musste, es war nicht das erste Mal, dass ich dies tat, doch es war das erste Mal ohne ihre Erlaubnis. Doch ich musste wissen, wer es war, um sie schützen zu können, um uns vor eventuellen weiteren Problemen zu warnen ... Wer sagte mir, dass es nicht nochmal passieren sollte?
Und da war es, was ich suchte. Es war immer wieder erfrischend und eigenartig, wie das Unterbewusstsein gestaltet war. Bei jedem Menschen war es anders, und das faszinierte mich. Wie ein Film vor meinem inneren Auge sah ich die Erinnerung an die Feier.Der Garten war überfüllt von Gästen, jede Menge Gelächter.
Die Gäste schienen sich zu amüsieren, Spaß zu haben.
Doch ich bemerkte, wie Victoria etwas abseits der Feier stand und sich mit einer jungen Frau unterhielt, etwas älter als sie selbst, aber nicht viel.
Minutenlang redeten sie, wobei Victorias Gesicht eine Mischung aus Anspannung und Höflichkeit zeigte.
Ihr Lächeln wirkte gezwungen, und ihre Augen suchten immer wieder den Boden oder wanderten nervös umher.
Plötzlich näherte sich eine etwas ältere Frau, ungefähr Mitte dreißig, mit einem warmen, fast übertrieben freundlichen Lächeln.
Es war ihre Tante Maria, die Person, die ihr auch die Einladung geschickt hatte. Victoria zwang sich zu einem Lächeln und erwiderte die herzliche Umarmung, die ihr aber sichtlich Unbehagen bereitete.
„Schön, dich wiederzusehen. Es ist eine Weile vergangen seit unserem letzten Aufeinandertreffen ..." begann Maria mit einer Stimme, die bemüht fröhlich klang.„Das stimmt wohl, etwas mehr als ein halbes Jahr ... seit Diana ..." antwortete Victoria, ihre Stimme brach leicht bei dem Namen ihrer Schwester.
„Erwähne nicht ihren Namen ... es schmerzt noch zu sehr." bat Maria, ihre Augen flackerten kurz vor Schmerz.„Ent ... Entschuldige ..." murmelte Victoria und senkte den Blick.
„Schon gut ..." erwiderte Maria mit einem gezwungenen Lächeln.
„Hast du überlegt, ob du zurückkommen willst zu uns?" fragte sie und wechselte schnell das Thema.
„Du weißt doch, dass ich streng genommen keinen Kontakt mehr haben sollte ..." sagte Victoria zögerlich.
„Du bist erwachsen, entscheide selbst," meinte Maria und legte eine Hand auf Victorias Arm, um ihre Worte zu unterstreichen.
„Ja schon, aber es wird ja einen Grund geben, warum Mama, also deine Schwester, das nicht möchte und selbst keinen Kontakt zu euch mehr hat." antwortete Victoria, ihr Blick blieb jetzt auf Marias Hand liegen.
„Weil meine Schwester nun mal etwas eigen ist, ihr eigenes Leben führen wollte, ohne uns," sagte Maria entschieden und ließ Victorias Arm los.
„Wie Diana ..." sagte Victoria leise, fast flüsternd.
„Wie war das?" fragte Maria nach, da sie es nicht verstanden hatte.
„Ach, nichts ..." murmelte Victoria, ihre Nervosität wurde deutlicher.
Maria schaute sie misstrauisch an, ihre Augen verengten sich leicht, sagte aber dazu nichts mehr.
„Zu deiner Frage ... Nein, eigentlich will ich nicht zurück ..." sagte Victoria schließlich und richtete sich etwas auf, um ihre Entschlossenheit zu zeigen.„Warum?" fragte Maria nach und lehnte sich zurück, ihre Augenbrauen leicht gehoben.
„Du weißt doch, dass ..."
Victoria überlegte kurz, ihre Hände spielten nervös mit einer Haarsträhne: „Diana war der einzige Grund für mich, zurück zu diesem Teil der Familie zu kommen. Außerdem ... diese ganze Magie ... es ist eine Belastung ..." erklärte sie und seufzte.
„Du weißt, dass es nur eine Belastung ist, weil du nicht gelernt hast, mit ihr umzugehen. Natürlich ist es nicht kontrollierbar, weil du nicht weißt, wie." sagte Maria, ihre Stimme war nun sanfter, fast mütterlich.
„Woher, ich habe dir das doch gar nicht gesagt." meinte Victoria verwundert und blickte ihre Tante fragend an, ihre Augen weiteten sich leicht.
„Ich hatte ein Auge auf dich, da deine Mutter offenbar nichts bemerkt hat. Aber im Ernst, ich kann dir helfen, es zu kontrollieren. Wenn du ein Teil dieser Familie bist, dann kann dir jeder hier helfen." sagte Maria mit einem aufmunternden Lächeln.
„Hm ... ich weiß nicht ..." murmelte Victoria und schaute zur Seite.
„Was hast du denn zu verlieren?" meinte Maria und legte ihren Kopf leicht schief.„Gar nichts ... Ich bin nur nicht sicher ..." antwortete Victoria.
„Ach, wen haben wir denn hier? Wenn das nicht Victoria ist, unser verlorenes Kind." ertönte auf einmal die Stimme eines Mannes, welcher gerade durch die Salon-Tür kam und sich neben seine Frau setzte. Seine Augen strahlten vor Freude und Hoffnung.
„Hallo Victor," begrüßte Victoria ihn mit einem schwachen Lächeln.
„Na, kommst du zurück?" fragte er mich mit einem breiten Grinsen, seine Augen voll von Erwartung.
„Ich überlege es mir." erwiderte Victoria, ihr Lächeln war jetzt etwas aufrichtiger.
Maria blickte zufrieden, und es schien, als nähme sie dies als ein Ja an.
„Wir würden uns freuen." fügte Victor hinzu.
Victoria nickte nur und wollte aufstehen.---
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Das Leben ist Magisch ~Entscheidung
Fantasy"Wenn nichts so ist, wie es scheint, beginnt man, den Glauben und das Vertrauen an alles und jeden zu verlieren..." Als Victoria eine rätselhafte Einladung von ihrer Familie erhält, zögert sie. Ein mulmiges Gefühl begleitet sie, doch sie beschließt...