Ich saß an einem Tisch in dem Café, etwas abseits von den anderen Gästen. Die Nervosität durchströmte meinen Körper, während ich ungeduldig auf die Person wartete, mit der ich mich vor langer Zeit zerstritten hatte. Das Summen der Gespräche und das Klappern von Geschirr erfüllten den Raum, doch ich war ganz in meinen eigenen Gedanken gefangen. Ich fragte mich, was ich eigentlich hier tat und warum ich mich überhaupt dazu entschieden hatte, diese Person zu treffen. Die Vergangenheit war von Schmerz und Wut geprägt gewesen, und dennoch spürte ich, dass die Situation ernst war. Doch ich konnte nicht einfach vergessen, was damals passiert war...Vor nicht allzu langer Zeit, vielleicht zwei oder drei Jahre, saßen wir zu dritt an einem Steinkreis. Wir lachten in dem einen Moment und eine Stunde später waren wir in einem Streit. Ich sehe die beiden Gesichter noch klar vor mir, hatte jedes Wort noch in meiner Erinnerung, als wäre es erst gestern gewesen. Die Erinnerung an den Streit mit meinen ehemaligen Freundinnen lastete schwer auf meinen Schultern. Es war eine Situation, die mich tief verletzt hatte und an der ich immer noch zu knabbern hatte. Wir waren einmal ein unschlagbares Trio gewesen – Vera, Ravenna und ich. Doch dann geschah etwas, das unsere Freundschaft auf eine harte Probe stellte. Es war ein harmloser Fehler, der passiert war, doch Vera beharrte darauf, dass ich die Schuld trug. Sie war davon überzeugt und Ravenna stimmte ihr zu, ohne wirklich die Fakten zu prüfen. Ich versuchte, meine Unschuld zu beteuern, doch meine Worte wurden von ihrer Starrköpfigkeit übertönt. Die Vorwürfe flogen hin und her, und mit jedem Moment, der verging, spürte ich, wie sich ein düsterer Schatten in mir ausbreitete. Die Worte meiner einstigen Freundinnen fügten mir tiefe Wunden zu, denn sie kannten mich eigentlich besser. Sie kannten meine Integrität und mein aufrechtes Wesen. Doch all das schien in diesem Moment vergessen zu sein.
In meiner Verzweiflung und all meinen verletzten Gefühlen verschwand ich plötzlich in einer schwarzen Rauchwolke. Es war, als ob meine Seele von dieser Dunkelheit umhüllt wurde und mich vor ihren Angriffen schützte. Ich zog mich zurück, um mich selbst zu bewahren. Denn es war nicht Veras Vorwurf, der mich verletzte, sondern es war Ravenna. Sie wusste von meinem Zustand damals, von dem, was ich durchmachen musste, und trotzdem schenkte sie lieber Vera Vertrauen als mir, ihrer zu dem Zeitpunkt längsten Freundin... Die Beziehung zu Vera und Ravenna brach auseinander und die Lücke, die entstand, fühlte sich unüberwindbar an. Vor allem dann, als auch die Schulzeit vorüber war und wir alle getrennte Wege gingen. Wir drei waren beste Freundinnen, die danach nie wieder ein Wort miteinander redeten...Ich merkte, dass ich in Gedanken vertieft war und zwang mich dazu, mich wieder auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Ich öffnete langsam meine Augen und blickte in Ravennas vertraute, strahlend blaue Augen. Sie war gerade zwei Tische von mir entfernt und kam nun zu mir. Ein merkwürdiges Gefühl durchströmte meinen Körper. Als sie weiter auf mich zukam, begrüßte sie mich mit einem sehr schüchternen und leisen
"Hey"
"Hey..." erwiderte ich und spürte, wie sich Nervosität in mir ausbreitete. Ravenna setzte sich vor mich und eine unangenehme Stille legte sich zwischen uns. Nach einer Weile brach sie schließlich das Schweigen.
"Wie geht es dir...?"
Ihre Worte waren sanft, aber ich konnte den Ernst in ihrer Stimme erkennen.
"Ganz gut, aber darum geht es dir nicht... also, was möchtest du?"
Meine Worte klangen etwas kühl, doch tief in mir hoffte ich, dass sie etwas Bedeutungsvolles zu sagen hatte.
"Hör zu, es tut mir leid, wie damals alles gelaufen ist... es war unschön, und ich hätte dir einfach zuhören sollen..." begann Ravenna zögerlich. Meine Aufmerksamkeit wurde geweckt und ich lauschte ihren Worten.
"Ich hätte nicht auf das hören dürfen, was andere gesagt haben, vor allem Vera... es war unfair von mir."
Ihre Stimme klang aufrichtig, und ich spürte, wie ein Fünkchen Hoffnung in mir aufkeimte.
"Es ist egal, das liegt in der Vergangenheit... also, was möchtest du mir wirklich sagen?"
Ich versuchte, meine eigene Verletzlichkeit zu verbergen, während ich auf ihre Antwort wartete.
"Also, es ist so... es hat tatsächlich etwas mit damals zu tun. Weißt du, als wir naiverweise dieses Ritual durchgeführt haben und verzweifelt versucht haben, es rückgängig zu machen...? Es ist etwas übrig geblieben... Wir haben es nicht geschafft, alles rückgängig zu machen..." erklärte Ravenna weiter. Mein Herz begann schneller zu schlagen. Eine Mischung aus Neugier und Vorsicht erfüllte mich. Wir haben etwas übersehen?!
"Lass mich raten, du brauchst meine Hilfe?" fragte ich mit einem Hauch von Ironie in meiner Stimme.
"Tatsächlich ja..."
Ihre Antwort war leise, fast schon zaghaft.
"Weißt du, wären wir damals nicht im Streit auseinandergegangen, wäre es vielleicht nicht so weit gekommen, und dieses Problem wäre nicht mehr existent. Aber was ist überhaupt das Problem?" fragte ich, während ich versuchte, meine eigenen Emotionen unter Kontrolle zu haben.
"Ich habe seitdem diese seltsamen Träume und regelmäßige Gedächtnislücken... und das genau seit dem Tag des Streits." gestand Ravenna mit einem Hauch von Verzweiflung in der Stimme. Ich spürte, wie mein Herz schwer wurde. Ich hatte keine Ahnung, dass unser Zerwürfnis solche Auswirkungen auf sie gehabt hatte.
"Warum sollte ich dir helfen? Warum fragst du nicht Vera? Sie war genauso daran beteiligt wie du und ich." fragte ich skeptisch.
"Weil sie im Ausland ist, und zwischen ihr und mir besteht keine Verbindung mehr." erklärte Ravenna leise. Ein Moment der Stille folgte, in dem ich über alles nachdachte.
Schließlich seufzte ich.
"Hm, okay. Ich kann versuchen, dir zu helfen, obwohl ich mich eigentlich von der Magie abgewandt habe..."
"Was?! Du?! Warum denn das? Du warst doch die Beste von uns?" reagierte Ravenna überrascht, während ich versuchte, meine inneren Dämonen zu verbergen.
"Nun ja, genau wegen dieses Streits ist viel passiert..." antwortete ich langsam.
"Als ihr gegangen seid, funktionierte meine Magie nicht mehr richtig. Ich konnte sie nicht mehr kontrollieren und naja, zu dem Zeitpunkt war meine Situation sowieso schon schwierig genug, wie du eventuell noch weißt."
Ravenna schwieg und schaute zu Boden. Ich konnte sehen, dass sie über meine Worte nachdachte und versuchte, eine passende Antwort zu finden.
"Ich werde sehen, was ich für dich tun kann... auch wenn ich denke, dass hier nur noch ein Zauber helfen kann, besonders wenn du seit dem Streit darunter leidest." wechselte ich das Thema, um die Vergangenheit nicht erneut aufzuwühlen.
"Also, du möchtest wieder magisch agieren?" fragte Ravenna nach und versuchte, einen Hauch von Hoffnung in ihrer Stimme zu vermitteln.
"Das habe ich nicht gesagt, aber vielleicht finde ich etwas Hilfreiches in meinen Büchern..." antwortete ich und stand langsam auf.
"Ich werde dir schreiben, sobald ich etwas herausgefunden habe."
Ich wollte gehen und begab mich Richtung Ausgang. Gerade hatte ich das Café verlassen, als ich Schritte hörte.
"Warte, Vici..."
Ich drehte mich um und blickte zu Ravenna.
"Es tut mir wirklich leid, wie es damals lief. Ich hätte es besser wissen müssen, ich hätte für dich da sein müssen, anstatt dich noch fertig zu machen. Ich bitte dich nicht um Verzeihung, sondern um eine Chance, es wiedergutzumachen."
Ravennas Entschuldigung hallte noch immer in meinen Ohren wider und ich spürte eine Mischung aus Überraschung und Verwirrung. Es war zwei Jahre her seit unserem schmerzhaften Streit, und ich hatte nicht erwartet, dass sie sich jemals bei mir entschuldigen würde.
Mein Herz schlug schneller, als ich versuchte, meine eigenen Emotionen zu sortieren. Einerseits war da die Wut und der Schmerz, den ich so lange in mir getragen hatte. Aber andererseits spürte ich auch eine kleine Flamme der Hoffnung. Ihre Augen spiegelten Ehrlichkeit und Reue wider. Es fiel mir schwer, etwas zu sagen, denn die Worte waren wie gefangen in meinem Hals.
"Danke... für deine Entschuldigung." brachte ich schließlich mühsam hervor. Meine Stimme klang leise und unsicher, und ich hasste es, dass sie meine Verletzlichkeit sehen konnte.
Ravenna nickte verständnisvoll.
"Es tut mir wirklich aufrichtig leid, Victoria. Ich hätte damals anders handeln sollen, ich hätte dir zuhören sollen... es war mein Fehler, dir nicht zu glauben."
Sie stand einfach nur da... man merkte, dass es sie selbst verletzt, wenn sie an die alten Zeiten denkt und an das, was sie falsch gemacht hat. Man merkt ihr an, dass sie es wirklich ernst meinte.
Ein Teil von mir wollte ihr deshalb glauben und ihre Entschuldigung annehmen, aber da war auch der Schutzmechanismus, der mich daran hinderte, mich so einfach wieder zu öffnen. Die Erinnerung an den schmerzhaften Verrat und die Einsamkeit nach unserem Streit drängten sich wieder in mein Bewusstsein. Auch die Tränen, die sie nun verlor, konnten daran leider nichts ändern, dafür war leider zu viel passiert gewesen.
"Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll." gestand ich schließlich ehrlich.
"Es ist so viel passiert, und ich habe so lange daran festgehalten... Es ist schwer, einfach zu verzeihen und alles hinter uns zu lassen."
"Deswegen will ich gar nicht, dass du mir verzeihst, sondern die Chance, um es wiedergutzumachen." sagte sie sanft und mit Tränen in den Augen.
Ich nickte nur, wusste nicht, wie ich darauf richtig reagieren sollte. Ich wollte mich nur noch zurückziehen.
"Ich melde mich bei dir, versprochen."
Damit ließ ich sie stehen und ging. Ihre Worte hallten in meinem Kopf und ließen mich nicht los.
Wichtig war es jetzt erstmal, ihr zu helfen, alles Weitere sieht man dann...
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Das Leben ist Magisch ~Entscheidung
Fantasy"Wenn nichts so ist, wie es scheint, beginnt man, den Glauben und das Vertrauen an alles und jeden zu verlieren..." Als Victoria eine rätselhafte Einladung von ihrer Familie erhält, zögert sie. Ein mulmiges Gefühl begleitet sie, doch sie beschließt...