- FIVE -

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15 Uhr
Ferox Hauptquartier

Nur ein paar Sekunden später werde ich von einem Netz aufgefangen und sofort erinnere ich mich an damals, wie ich hier manchmal noch ein paar Minuten lag, um den Himmel zu beobachten.

„Hi, ich bin Four", sagt ein Braunhaariger, der das Netz nach unten zieht.
Ich krabble schnell aus dem Netz und lächle ihn an. „Four ist ein ziemlich cooler Name."

Er nickt nur.
Vielleicht ist er es eher gewöhnt zu hören, ob 1-3 schon belegt war, hehe.

„Wie heißt du? Du kannst deinen Namen nur einmal ändern, also überleg ihn dir gut", erklärt er.

„Mein Name ist Kyla", erwidere ich ohne nachzudenken.

Ich mustere ihn kurz. Four ist ebenfalls muskulös, seine Haut strahlt zusammen mit den braunen Augen und Haaren Wärme aus.

„Ah Kyla.. du musst die..." Noch bevor Four weiter reden kann, unterbreche ich ihn. Kann ich einfach mal als ich angesehen werden?
„Lass es einfach", entgegne ich ihm kalt.

Four nickt wissend.
„Erste Springerin Kyla! Willkommen bei den Ferox!", gibt er zurück und ich stelle mich an den Rand. Es dauert wirklich ewig, bis endlich Farah herunter kommt, gefolgt von Uriah.

„Hey, dass ist übrigens Cole", stellt mir Farah einen hübschen Kerl vor. „Hi Cole, freut mich dich kennenzulernen", sage ich lächelnd, wobei ich Farah diesen Blick zuwerfe, den Freundinnen sich immer geben, wenn man etwas Romantisches vermutet.

Cole ist ein ehemaliger Candor, während Farah eine Lügnerin durch und durch ist. Ich frage mich, wie schnell sie ihn kennengelernt hat und wie viel sie bereits über sich gelogen hat.

Farah schüttelt nur schnell den Kopf und schaut weg, vielleicht ist sie doch etwas rot geworden. Uriah, Farah Cole und ich beobachten alle folgenden Initianden, wie sie ins Netz fielen und unterhalten uns etwas.

Lästerschwestern. Allesamt. Na super.

„Initianden! Willkommen im Hauptquartier der Ferox. Wie ich sehe sind es dieses Jahr nicht so viele Fraktionswechsler.", erklärt Eric und überblickt dabei die Gruppe

„Ihr trainiert dieses Jahr also gemeinsam, die gebürtigen Ferox mit den Wechslern", fährt Four fort.
„Ihr werdet von mir und Eric trainiert.
Dabei durchlauft ihr zwei Phasen.
In Phase 1 bringen wir euch an eure körperliche Belastbarkeitsgrenze und ihr erlernt den Umgang mit Waffen. In Phase 2 bringen wir euch an eure mentale Belastbarkeitsgrenze. Die erste Phase dauert 4 Wochen, die zweite 2 Wochen."

„Nach jeder Phase verlassen uns die schlechtesten Initianden.
Das ganze geschieht durch eine Rangliste. Ihr werdet alle untereinander bewertet", fährt Eric fort.
„Was heißt verlassen?", hakt ein Junge nach.
So viele Bedeutungen hat Verlassen nicht.

„Zurück zu eurer Familie könnt ihr nicht, also werdet ihr Fraktionslos", beantwortet Eric ohne jegliche Emotion.

Mir läuft es kalt den Rücken runter als ich das Wort höre, was ich auch mal Familie nannte.
Ich spürte wie sich Wut in mir aufquellt.

„Die Wechsler werden erst einmal einen Rundgang absolvieren, Eric würdest du bitte?", sagt Four, wobei er beim letzten Teil etwas leiser wurde und zu Eric gewandt spricht.
Dieser verdreht die Augen und murrte leise.

„Da hat wohl jemand Bock", stelle ich fest und werde sofort von allen angestarrt. Ups, war wohl lauter als gedacht.

„Hast du ein Problem, Initiandin?", sagt Eric ernst und kommt auf mich zu.

„Sicher nicht, ich muss aber auch keine Initianden umher führen", erwidere ich mit einem sarkastischen Grinsen.

„Niemand hat dich aufgefordert zu reden", mahnt er und seine Augen verengen sich.

„Aber gerade eben hast du mich ja etwas gefragt, wäre es dann nicht unhöflich, nicht zu antworten?", antworte ich ihm ruhig.

„Verdammt nochmal, sieh dich vor! Du kannst mir direkt die Woche früh helfen den Trainingsraum vorzubereiten, Initiandin! Ich wecke dich eine halbe Stunde eher!"

Ehe ich was erwidern konnte, tritt mir Farah gegen das Bein, als Signal aufzuhören.
Ich verziehe das Gesicht und stoße ein Seufzen hervor. „Natürlich, Sir, wie Sie wünschen", betone ich sarkastisch mit einem Lächeln.

Eric erwidert nix darauf und dreht sich um.

„Los gehts, Initianden!", befehlt er und verschwindet mit den Haufen in einem Gang.

Da habe ich mir ja schnell Freunde gemacht.

„Man Kyla, du hast jetzt schon den Wunsch zu sterben?", kichert Uriah.

„Ich kann ja nichts dafür, wenn er sich direkt so angegriffen fühlt", sage ich schulterzuckend.

Danach machten wir uns mit Four auf dem Weg zu unserem Schlafsaal.
Wir liefen durch altbekannte Gänge, die allesamt von Beton durchzogen waren.
An der Decke waren große Lüftungsschächte verlegt und es war angenehm kühl. Oft genug ist es Sommer zwar angenehm, im Winter jedoch wie in der Antarktis.

Ich fühle mich fast schon wieder heimlich.

Noch bevor Four seinen Satz beenden konnte, stürmte Farah und ich schon den Metalltreppen hinunter und ergatterten uns eine Bucht mit zwei Doppelstockbetten. Der ganze Raum ist in Buchten eingeteilt, die durch Halbwände begrenzt sind. In jeder Bucht sind 4 Betten.

„Ja, genau. Sucht euch ein Bett", ergänzt Four nachträglich, während der Rest Initanden an ihm vorbei zischt.
Cole und Uriah gesellen sich zu uns. „Na Ladys, dürfen wir mit einziehen", witzelt Uriah und lehnt sich an eines der Betten an. Seine Augenbrauen wippen aufgeregt auf und ab.

„Nur wenn du nie wieder versuchst zu flirten", erwidere ich und ließ mich auf das untere Bett fallen. Irgendwie fühlte ich mich unten sicherer, als oben ständig herunter kraxeln zu müssen.

„Ich hab doch gar nicht geflirtet", bestreitet Uriah. Ich verdrehe die Augen und gehe nicht weiter drauf ein, sondern richte mein Bett her. In einem Beutel befindet sich neue Kleidung, die ich für das Training benutzen werde.

Cole und Uriah erzählen derweil intensiv über die Tattoos, die Uriah hatte.
Als sie sich dann noch teilweise ausziehen, um den anderen das Tattoo am Rücken zu zeigen, ähneln sie Affen, die sich nach Läusen untersuchen.

„18 Uhr gibt es Abendessen. Seid pünktlich, sonst gibt es Strafarbeit!", erwähnt Four noch, bevor er geht.
„So wie Kyla, die bereits welche hat", witzelt Uriah und bekommt das Grinsen nicht mehr weg.

„Pass auf, sonst schlage ich dir dein Grinsen noch aus dem Gesicht", knurre ich augenverdrehend, aber grinse anschließend.

„Oh shit Leute! Habt ihr gesehen wo wir duschen müssen!", quietscht Farah, die vor unserer Bucht auftaucht. Ehrlich gesagt hab ich es gar nicht bemerkt, dass sie bereits weg ist.

Das Bad ist nicht unbedingt einladend, aber bei den Fraktionslosen war es noch schlimmer. Man muss sich halt die bestens Zeiten aussuchen, um weder gesehen zu werden und um annähernd warmes Wasser zu erwischen.

„Ach kommt Leute, lasst uns was essen. Ich weiß nicht wie es euch geht, aber ich bin am verhungern", fordere ich den Haufen auf, der im Waschraum herum steht.

„Oh ja auf jeden Fall!"

Wicked GameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt