-6. KAPITEL -

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Ich reiße meine Augen auf, setze mich auf und schaue mich panisch um. Als ich merke, dass ich in meinem Bett liege lasse ich mich zurück ins Bett plumpsen. Seufzend denke ich an den See und das Mädchen zurück. Ihre Schreie hallen noch in meinen Ohren nach und hüllen mich in eine Gänsehaut ein. Nach einer Weile beschließe ich mich aus dem Bett zu quälen. Ich fühle mich jedoch zu kraftlos, als hätte ich in der Nacht keine Sekunde geschlafen! Trotz allem schwinge ich mich aus dem Bett, um mich, nachdem ich mich im Bad fertig gemacht habe, wieder im Bett vorzufinden. Mit meinem Handy in der Hand, vertieft in der Social Media Welt, mache ich mich in meinem Bett gemütlich. Als irgendwann mein Magen zu knurren beginnt ist es an der Zeit die fiktive Welt hinter mich zu lassen. Ich erwische mich dabei, wie ich während des Frühstücks aller paar Minuten auf das Telefon schaue. Irgendwann nervt mich das selbst so sehr, dass ich das Ding ausschalte. Es ist an der Zeit, dass ich aus meiner Traumwelt und der Welt, in man sich und Anderen etwas vormacht, aufwache. Ich will mein Leben wieder in den Griff kriegen. Ich bin ein totaler Schwächling geworden, total introvertiert und nah am Wasser gebaut.

Um Kraft für den Tag zu schöpfen beschließe ich spontan Joggen zu gehen. Zwar war ich noch nie der sportliche Typ geschweige denn konnte mich für irgendwelche Sportarten begeistern. Doch irgendwie verspüre ich in diesem Moment die Lust rauszugehen und mich auszupowern. Ich ziehe mir meine Jogginghosen und mein Oversize Pulli an, setze meine Kopfhörer auf und renne einfach darauf los. Meine Beine bewegen sich im Takt der Musik,nur auf mich fokussiert laufe ich, ohne einmal auf meine Umgebung zu achten, als würde ich um mein Leben rennen. Als ich am Ufer eines Sees zum Stehen komme bin ich total aus der Puste. Langsam wundert es mich nicht, dass ich natürlich an dem See gelandet bin, an dem die ganze Traum-Geschichte begonnen hatte. Seufzend setze ich mich auf eine Bank, um zu verschnaufen. Ich lasse den Anblick auf mich wirken: Die Sonne, die vorhin noch schien, versteckt sich jetzt hinter den Wolken, sodass sie die Umgebung in ein trübes Grau taucht. Auch die Berge, die sich im Hintergrund auftürmen, verschwinden allmählich in der Wolkendecke. Mein Blick bleibt an der Oberfläche des klaren Wassers hängen und ich versinke in Gedanken, während ich vor mich hin starre. Als sich kleine kreisförmige Wellen bilden, schrecke ich auf. In meinem Kopf läuft der Traum wie ein Film ab. Plötzlich habe ich das dringende Bedürfnis loszulaufen. Ohne mich noch einmal umzudrehen renne ich los und bleibe erst schnaufend vor meiner Haustür stehen. Als ich die Haustür aufstoße schaue ich in die Gesichter meiner Mom und meiner Freunde. "Wo warst du denn so lange?", fragt meine Mom während sie mir um den Hals fällt. "Ich war joggen", nuschle ich ihr irritiert in ihr Haar, "Was ist denn passiert?" Kenai ist es, der zuerst das Wort ergreift: "Du warst ewig verschwunden, dein Telefon ist ausgeschalten und liegt hier auf der Kommode. Als wir dich nicht erreicht haben und auch hier nicht angetroffen hatten, riefen wir deine Mom an." Ich löse mich aus der Umarmung. "Leute, kein Grund zur Aufregung. Ich bin hier und ich lebe noch. Ich hatte nur keine Lust mehr darauf die ganze Zeit am Handy zu hängen. Ich habe gerade nicht die Muße für so ein Aufriss", theatralisch lasse ich mich auf das Sofa fallen. Ich möchte mich gerade so gar um die Probleme Anderer kümmern. Ich habe gar nicht mehr die Kraft, um irgendwas zu tun. "Ich gehe duschen", sage ich in der Hoffnung, dass sich dieses Treffen endlich auflöst. Koda scheint den Wink zu verstehen, denn er verabschiedet sich und zieht seinen Bruder aus dem Haus. Meine Mom steht immer noch reglos im Wohnzimmer und schaut mich an. "Mom, alles ist gut.", sage ich, um sie aus ihrer Starre zu befreien. "Ja" ist das Einzige, was sie über die Lippen bekommt. Sie setzt sich neben mich auf das Sofa, immer noch vor sich hin starrend mit einer Hand auf meinem Oberschenkel. Ich umarme sie kurz und gehe dann nach oben.

Frisch geduscht fühle ich mich gleich viel besser. Trotzdem ist mein Kopf immer noch schwer und meine Gedanken verwirrend. Die ganze Geschichte wird gerade einfach zu viel für mich. Um ein wenig Ordnung in dieses geistige Wirrwarr zu bringen setze ich mich an meinen Schreibtisch und versuche alles von Beginn an aufzuschreiben. Die Wörter fließen aus meinem Kopf durch meine Hände auf das Papier ohne dass ich groß darüber nachdenken muss. nach kurzer Zeit habe ich drei volle Seiten zusammengeschrieben. Um einige Gedanken erleichtert suche ich ein passendes Versteck für das neu gewonnene Tagebuch. Letztendlich findet es klischeemäßig zwischen meiner Matratze und dem Lattenrost Platz. Inzwischen ist es schon ziemlich spät geworden, sodass ich mich vor den Fernseher setze und in die irrealen Welt vertiefe. Erst als ich meine Augen kaum noch offen halten kann, beschließe ich mich schlafen zu legen und hoffe inständig nicht zu träumen.

Zwischen den WeltenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt